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Weg da, das ist mein Handtuch

Weg da, das ist mein Handtuch

Titel: Weg da, das ist mein Handtuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Spörrle
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Samstag
    PETE
    Es war dumm. Idiotisch. Unverzeihlich.
    Wieso hatte er unbedingt duschen wollen?
    Und wenn es schon sein musste: Warum hatte er die Badezimmertür geschlossen?
    Nun stand er da. Nackt. Den Hohlgriff in der Hand. Die andere Hälfte der Klinke lag nebenan im Hotelzimmer. Und so sehr Pete an dieser Tür rüttelte: Sie bewegte sich nicht.
    Wie gesagt: Das war mindestens dumm. Auf Island machte Vulkan Katla Anstalten auszubrechen, und darauf wartete Pete, seit er seine revolutionäre Theorie der kreuzweisen Vorbeben entwickelt hatt e – zuerst im Waschkeller des Instituts, dann im Vulkansimulator in Kalifornien. Seither litt Pete unter Ohrensausen und einem kleinen Knalltrauma. Aber seine Theorie würde ihn zur weltweiten Vulkankoryphäe Numero Uno machen.
    Nur der Praxisbeweis fehlte noch. Sein Flug hier von der Insel mit Umsteigen in Frankfurt und Oslo ging in zwei Stunden.
    Pete öffnete das Fenster. Vier Stockwerke unter ihm lag der Pool. Obwohl es früh am Morgen war, hüpften im Wasser ein paar Leute in Badezeug wie aufgezogen auf der Stelle. Aus den Lautsprechern dröhnte es: »Hey, das geht ab. Wir feiern die ganze Nacht, die ganze Nacht. Hey, das geht ab. Wir feiern die ganze Nacht!«
    Pete blieb keine Wahl.
    »Help«, rief er. »Help! Help! Help me!«
    Pete hatte eine ungeübte Stimme; der Forschung wegen beschränkte er seine Auftritte im Hörsaal auf ein Minimum. Auch privat gab es nie Anlass zum Schreien, er war Single.
    Das rächte sich nun. Keiner hob den Kopf, so sehr er auch rief.
    OLIVER
    Dr . Obernhöffler war stärker als er. Er drückte ihn gegen den Schreibtisch, packte ihn mit einer Hand an der Kehle. Und schrie, es sei nichts Persönliches, aber er müsse Oliver nun leider in Stücke hacken, um den viel zu niedrigen Fleischanteil des neu entwickelten Welpenfutters zu erhöhen. »Aufwachen«, schrie Obernhöffler mit Schaum vor dem Mund. »Aufwachen Oliver! Steh sofort auf! Wir sind viel zu spät! Wegen dir!«
    Sein grausamer Chef sprach mit der Stimme von Anna, seiner Frau. Es WAR Anna. »Du hast den Wecker zu spät gestellt«, rief sie. »Oliver, was ist denn los mit dir? Wie sollen wir das noch schaffen?«
    Oliver taumelte aus dem Bett wie ein angeschossenes Nilpferd.
    Es folgte der ganz normale Wahnsinn: Die Kinder wecken. Die Kinder anziehen, Waschen fiel aus, weil sie so schlechte Laune hatten, dass sie kein bisschen mitmachten. Frühstück fiel aus. Den Müll mit runternehmen fiel erst recht aus; der Taxifahrer klingelte schon zum zweiten Mal. Auf halbem Weg zum Flughafen fiel Anna dann ein, wo die Tickets waren: In ihrer braunen Handtasch e – leider hielt sie die schwarze auf dem Schoß. Auch der Fahrer machte kein bisschen mit: Er weigerte sich, schneller als erlaubt oder auch nur über eine einzige rote Ampel zu fahren. »Was habe ich davon, Familien geben sowieso nie Trinkgeld«, brummte er. Er hatte sich nicht getäuscht.
    Beim Einchecken verschlechterte sich Annas ohnehin angespannte Laune rapide, als Oliver ihr euphorisch den Grund für das Übergepäck gestand.
    »Die Boulekugeln!« Sie sah ihn an, als habe er heimlich die Mülltonne eingepackt.
    Oliver hatte gehofft, sie würde ihm um den Hals fallen. Immerhin hatten sie die Boulekugeln in allen Urlauben vor der Geburt der Kinder dabeigehabt. In lauschigen Hotels, in die ihre vierjährigen Zwillinge jetzt eingefallen wären wie die Hunnen. Weshalb sie seit vier Jahren im Urlaub lieber daheimblieben. Bis heute.
    Die Schwiegereltern warteten nicht wie verabredet vor der Sicherheitskontrolle. Und übers Handy waren sie nicht zu erreichen. Sie waren aber auch nicht einfach daheimgeblieben, wie Oliver schon insgeheim hoffte. Nein, sie saßen am Gate und sahen ihnen mit ostentativem Kopfschütteln entgegen.
    »Über eine Stunde sitzen wir schon hier!« Die Schwiegermutter sprach mit ihnen, als habe sie Schwachsinnige vor sich. »Hättet ihr nicht ein einziges Mal früher losfahren können? Und warum habt ihr nicht wenigstens Bescheid gesagt, dass ihr so spät kommt?«
    »Ihr wolltet doch vor der Sicherheitskontrolle warten«, sagte Anna.
    »Ach Kind«, die Schwiegermutter machte eine wegwerfende Handbewegung. »Da ist es doch viel zu ungemütlich. Nirgendwo was zum Kaffeetrinken!«
    »Und warum habt ihr euer Handy nicht an?«
    »Handy?«, fragte der Schwiegervater gedehnt. »Das haben wir zu Hause gelassen. Das Ladegerät war zu schwer.«
    »Zu schwer?«, echote Oliver.
    »Ja, Oliver«, sagte die Schwiegermutter spitz.

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