Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen
verschwunden. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu hoffen, daß ich es nicht brauchen würde. Ich vermutete, daß Rowd sich hier zu schaffen gemacht hatte, und fragte mich, ob das wohl sein letzter Handlangerdienst gewesen war. Jonqui brachte Wasser und eine kalte Mahlzeit und entschuldigte sich dann. Burrich und ich wuschen uns in derselben Schüssel, und mit etwas Hilfe brachte ich es fertig, in saubere, wenn auch nicht Mistress Hurtigs Ansprüchen an ein Festgewand entsprechende Kleidung zu schlüpfen. Burrich biß in einen Apfel. Bei dem bloßen Gedanken an Essen drehte sich mir der Magen um, aber ich trank das frische Brunnenwasser, das mit auf dem Tablett stand. Das Schlucken erforderte eine bewußte Anstrengung, und ich fühlte das Wasser fremd in meinem Magen herumschwappen, aber ich hoffte, es war gut für mich.
Und ich fühlte die Sekunden verstreichen und fragte mich, für welche Zeit Galen seinen Schlag plante.
Die Tür glitt zur Seite. Ich blickte auf in der Erwartung, Jonqui käme wieder, doch es war August, der auf einer Woge der Geringschätzung ins Zimmer trat. Er hielt sich nicht mit einer Begrüßung auf, sondern kam sofort zur Sache, um sich möglichst schnell seines Auftrags zu entledigen und von unserer Gegenwart befreit zu sein. »Ich komme nicht aus freien Stücken hierher. Ich komme im Auftrag des Königs-zur-Rechten, Prinz Veritas, um euch seine Botschaft zu übermitteln. Dies sind seine Worte. Er ist zutiefst betroffen über ...«
»Du hast zu ihm ›gedacht‹? Heute? Ging es ihm gut?«
August war entrüstet über meine Frage. »Selbstverständlich geht es ihm nicht gut. Er ist zutiefst betroffen über Rurisks Tod und deinen Verrat. Er fordert dich auf, Kraft von denen um dich herum zu beziehen, die dir wohlgesonnen sind, denn du wirst sie brauchen, um ihm gegenüberzutreten.«
»Ist das alles?«
»Von Prinz Veritas, ja. Prinz Edel wünscht dich zu sehen, sofort, denn in wenigen Stunden beginnt die Hochzeitszeremonie, und dann muß er fertig angekleidet sein. Dein feiges Gift, unzweifelhaft für Edel bestimmt, hat Sevrens und Rowd getötet, so daß unser Prinz sich mit einem unerfahrenen Leibdiener behelfen muß. Das Ankleiden wird mehr Zeit in Anspruch nehmen, laß ihn also nicht warten. Er ist im Dampfbad, um sich zu erholen. Dort magst du ihn aufsuchen.«
»Wie furchtbar für ihn. Ein unerfahrener Leibdiener«, bemerkte Burrich ätzend.
August blähte sich auf wie eine Kröte. »Wie kannst du darüber spotten. Hast du nicht Cob durch diesen Schurken verloren? Wie bringst du es nur über dich, ihm zu helfen?«
»Würde deine Unwissenheit dich nicht schützen, August, könnte ich mich versucht fühlen, dir den Schleier von den Augen zu reißen.« Burrich stand auf. Er sah gefährlich aus.
»Auch du wirst dich verantworten müssen«, warnte August, indem er zurückwich. »Ich soll dir sagen, Burrich, Kronprinz Veritas wüßte Bescheid darüber, wie du versucht hast, dem Bastard zur Flucht zu verhelfen, und ihm dienst, als wäre er dein König und nicht Veritas. Man wird dich richten.«
»Hat Prinz Veritas das gesagt?« erkundigte sich Burrich neugierig.
»Allerdings. Er sagte, einst warst du seines Bruders Chivalric bester Gefolgsmann gewesen, doch augenscheinlich hättest du vergessen, wie man jenen dient, die dem König aufrichtig ergeben sind. Besinne dich darauf, fordert er dich auf, und versichere dich seines großen Zorns, falls du nicht zurückkehrst, um vor ihn hinzutreten und den Lohn zu empfangen, den deine Taten rechtfertigen.«
»Ich besinne mich sehr genau. Ich werde Fitz zu Edel bringen.«
»Auf der Stelle?«
»Sobald er gegessen hat.«
August bedachte ihn mit einem finsteren Blick und ging. Eine Schiebetür aus dünnen Holzlatten und Seide kann man nicht wirkungsvoll zuschlagen, aber er tat sein Bestes.
»Aber ich kann nichts essen, Burrich«, protestierte ich.
»Das weiß ich. Doch wir brauchen etwas Zeit. Ich habe auf Veritas' Wortwahl geachtet, und seine Botschaft scheint mir einen Doppelsinn zu enthalten, der August verborgen geblieben ist. Hast du nichts bemerkt?«
Ich nickte betrübt. »Ich habe verstanden, was er uns mitteilen wollte. Doch es übersteigt meine Fähigkeiten.«
»Bist du sicher? Veritas denkt nicht so, und er kennt sich aus in diesen Dingen. Und du hast mir gesagt, deshalb hätte Cob versucht, mich zu ermorden, weil man den Verdacht hegte, du würdest von mir Kraft beziehen. Daraus folgt, daß auch Galen überzeugt ist, du
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