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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bocksburg zurückkehren. Was nun werden sollte, wußte ich nicht. Ich hatte die Scherben meines bisherigen Lebens vom Tisch gefegt, jetzt war Platz, um zu sichten, was mir geblieben war, und einen neuen Weg zu planen. Allmählich kam mir zu Bewußtsein, daß ich keine Zweifel hatte. Bedauern kämpfte mit Erleichterung, aber ich hatte keine Zweifel. Irgendwie erschien es mir sehr viel erträglicher, in eine Zukunft zu gehen, in der niemand wußte, wer ich gewesen war. Eine Zukunft, die keinem fremden Willen Untertan war. Auch nicht dem meines Königs.
    Es war vollbracht. Ich legte mich hin, und zum erstenmal seit Wochen fühlte ich mich vollkommen entspannt. Lebt wohl, dachte ich müde. Ich hätte gerne allen Lebwohl gesagt, hätte gerne ein letztes Mal vor meinem König gestanden und gesehen, wie er mir zunickte: Du hast richtig gehandelt. Vielleicht hätte ich ihm erklären können, was mich bewog, nicht zurückzukehren. Es sollte nicht sein. Zu Ende dieser Teil meines Lebens, unwiderruflich zu Ende. »Es tut mir leid, mein König«, flüsterte ich und starrte in die tanzenden Flammen des Kaminfeuers, bis der Schlaf mich übermannte.

KAPITEL 1
SYLTPORT
     
    König-zur-Rechten oder Königin zu sein, bedeutet, fest auf dem Zaun zwischen Verantwortung und Autorität zu sitzen. Es heißt, die Position wurde geschaffen, um das Streben eines Thronerben nach Macht zu befriedigen und ihn gleichzeitig in deren Ausübung zu schulen. Der älteste Sproß der königlichen Familie wird an seinem sechzehnten Geburtstag in diesen Rang erhoben. Von dem Tag an trägt der König oder die Königin-zur-Rechten in vollem Maße mit an der Verantwortung für die Sechs Provinzen. Im allgemeinen übernimmt er oder sie solche Pflichten, die dem jeweiligen Monarchen am mißliebigsten sind, weshalb dieser Aufgabenbereich naturgemäß erheblichen Veränderungen unterworfen ist.
    Unter König Listenreich wurde Prinz Chivalric König-zur-Rechten. Sein Vater übertrug ihm alles, was mit den Grenzen und der Außenpolitik zu tun hatte. Militär und Diplomatie, die Unbequemlichkeiten langer Reisen und die erbärmlichen Bedingungen auf Kriegszügen. Als Chivalric abdankte und Prinz Veritas an seine Stelle trat, erbte er die ganze Last der Bedrohung durch die Schiffe der Outislander und den daraus entstandenen Unfrieden zwischen den Inland- und Küstenprovinzen. Seine Aufgabe wurde nicht dadurch erleichtert, daß Entscheidungen, die er traf, jederzeit von König Listenreich widerrufen werden konnten. Oft sah er sich gezwungen, eine Situation zu meistern, die er nicht geschaffen hatte, zu ihrer Bewältigung gerüstet mit nicht von ihm gewählten Mitteln.
    Möglicherweise noch prekärer war die Stellung der Königin-zur-Rechten Kettricken, als Tochter des Königs aus dem Bergreich eine Fremde am Hof der Sechs Provinzen. In friedlichen Zeiten hätte man sie vielleicht mit weniger Vorbehalt aufgenommen, doch in Bocksburg herrschte die gleiche angespannte, düstere Stimmung wie im übrigen Reich. Die Roten Schiffe der Outislander suchten unsere Küsten heim wie seit Generationen nicht mehr und zerstörten mehr, als sie raubten. Der erste Winter von Kettrickens Herrschaft als Königin-zur-Rechten brachte auch den ersten winterlichen Raubzug, den wir je erlebt hatten. Die unablässige Bedrohung durch die Überfälle von See her und der Gedanke an die durch nichts zu lindernden Qualen der Entfremdeten in unserer Mitte unterhöhlten das Fundament der Sechs Provinzen. Das Vertrauen in die Monarchie erreichte einen nie dagewesenen Tiefstand, und Kettricken war eines wenig geachteten Königs-zur-Rechten fremdländische Gemahlin.
    Ein Interessenkonflikt spaltete den Hof. Die Inlandprovinzen weigerten sich, mit ihren Steuern den Schutz einer Küste zu finanzieren, an der sie keinen Anteil hatten. Die Küstenprovinzen schrien nach Kriegsschiffen und Soldaten und einer wirksamen Strategie gegen die Korsaren, die unweigerlich dort zuschlugen, wo wir am wenigsten damit rechneten. Der durch seine Mutter den Inlandprovinzen verbundene Prinz Edel bemühte sich, durch Katzbuckelei und Zuwendungen in diese Richtung Einfluß zu gewinnen. König-zur-Rechten Veritas, überzeugt, daß seine Gabe nicht länger ausreichte, die Korsaren in Schach zu halten, widmete alle Kraft dem Bau einer Flotte und hatte wenig Zeit für seine junge Königin. Über allem hockte wie eine große Spinne König Listenreich, bestrebt, die Macht zwischen sich und seinen Söhnen zu verteilen, alles im

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