Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
den Menschen im Tal zu helfen, ihr Überleben zu sichern.
Doch jegliche Hoffnung darauf wäre zunichtegemacht, falls der Junge bei einem Angriff auf die Menschen in der Declan-Schlucht getötet würde. Er hatte keine Möglichkeit, die Arbeiter auf anderem Wege rechtzeitig vor der Gefahr zu warnen. Er musste es selbst tun.
Und seine Chancen standen nicht gut, falls er denn überhaupt welche hatte. Das musste er einräumen. Vielleicht war es schon zu spät.
Allerdings durfte er sich gar keine Chancen mehr ausrechnen, wenn er davon hätte ausgehen wollen, dass die Trolle den Pass bereits hinter sich gelassen hatten.
Doch diesen Gedankengang konnte er sich nicht erlauben, deshalb ließ er es bleiben.
Stattdessen nahm er alle Kraft und eiserne Entschlossenheit zusammen und beschleunigte seine Schritte noch.
Panterra Qu schlief eingerollt in seine Decke und von beunruhigenden Träumen geplagt, die seine Nachtruhe wegfraßen wie Termiten Holz. Alle seine Gedanken drehten sich um Prue, die allein unter Trollen aushalten musste, hilflos und verängstigt, vergeblich bemüht, im Angesicht einer Katastrophe die Ruhe zu bewahren. Sie war Gefangene, dann auf der Flucht, dann wieder Gefangene und so weiter und so fort. All ihre Mühen galten jedes Mal demselben Zweck: Es waren verzweifelte, hoffnungslose Versuche, ihre Freiheit wiederzuerlangen, weil sie wusste, dass niemand kommen würde, um sie zu retten. Er versuchte ihr zu sagen, dass sie sich irrte, dass Sider Ament auf dem Weg war und dass er selbst kommen würde, falls jener scheiterte. Er gestikulierte wild und hektisch herum, um auf sich aufmerksam zu machen, aber sie sah ihn nicht. Überallhin zuckten ihre Blicke, nur nicht zu ihm; sie war sich seiner Gegenwart einfach nicht bewusst. Das Bedürfnis, ihr zu sagen, dass sie nicht allein, vergessen und verlassen war, trieb ihn fast in den Wahnsinn. Aber er konnte ihrem Gesicht ansehen, dass sie langsam und stetig von Furcht und Verzweiflung überwältigt wurde.
Dann begann sie vor seinen Augen zu verblassen. Es fühlte sich an, als stünde sie direkt neben ihm, während es passierte. Er wollte schreien, um sie zu warnen, oder sie fortreißen und in Sicherheit bringen, aber er konnte sich weder bewegen noch sprechen.
Plötzlich konnte er nicht einmal mehr atmen.
Er erwachte ruckartig und wusste sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. Sein Verstand war schlagartig hellwach und seine Träume in Sekundenbruchteilen verbannt. Er stand auf, starrte in die alles umhüllende Dunkelheit und lauschte. Nichts. Er senkte den Blick. In der Nähe schliefen Andelin und Russa. Parke und Teehr hatten weiter oben am Pass Wachdienst, in der Nähe der Stelle, wo sich der Pass zu den zerklüfteten Hängen der äußeren Welt öffnete. Die anderen schliefen auf der Talseite der Verteidigungsbarrikaden, an denen sie alle fast die ganze Woche gearbeitet hatten. Einige Sterne funkelten am Himmel über ihm, und im Osten sah er bereits einen schwachen, silbernen Lichtschimmer. Der Morgen brach an.
Alles schien in Ordnung zu sein.
Trotzdem fühlte sich etwas vollkommen falsch an.
Er ging zum gegenüberliegenden Ende des Passes und sprach mit Parke und Teehr. Sie hatten keine ungewöhnlichen Vorkommnisse zu melden. Die Welt hinter dem Pass war dunkel und still.
Er schüttelte verwirrt den Kopf und ging bis zum Beginn der Passenge zurück, dorthin, wo Andelin und Russa immer noch schliefen. Aus einem Impuls heraus bückte er sich kurz und nahm seine Pfeile und seinen Bogen vom Boden auf. Dann ging er weiter zu den Verteidigungsbarrikaden. Leitern lehnten am Fels und an den Holzwänden, wo der Pass in seine Richtung hin abfiel und dann wieder eben auslief. Dort schliefen die anderen Männer. Man hatte diesen Standort gewählt, weil er den Verteidigern im Angriffsfall einen Vorteil verschaffte. Er platzierte sie über die Angreifer, die sich ihnen über unebenes Gelände nähern mussten. Und der Großteil der Schanzarbeiten war bereits geleistet. Gegen Ende des folgenden Tages sollte der Wall fertig sein und würde dann mit einer Gruppe von Fährtenlesern und Freiwilligen bemannt. Trow Ravenlock hatte schon festgelegt, wen er in der Einheit Dienst tun lassen wollte. Er hatte bei der Auswahl sein Bestes gegeben, aber die Männer von Glensk Wood waren nur höchst unzureichend als Soldaten und Kämpfer ausgebildet.
Panterra schlang sich den Köcher mit den Pfeilen und den Bogen über die Schulter und bestieg eine der Leitern, die bis an den
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