Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
Luft. Panterra bemühte sich, es ihm leichter zu machen, ihn aufrecht zu halten und irgendwie die Wirkung des Giftes zu verlangsamen. Aber es gab keine Rettung, das sah er.
»Nimm… den Stab«, keuchte der andere. Dann glitt sein Blick in die Leere. »Wenn du Aislinne… triffst… sag ihr…«
Die letzten Worte blieben ihm in der Kehle stecken, als sein Körper von Krämpfen geschüttelt wurde. Dann brach sein Blick.
Panterra hielt den Toten und ließ seinen Tränen freien Lauf. Er konnte sich einfach nicht beherrschen.
»Sider, nein«, flüsterte er.
Er sagte es flehentlich wie ein Gebet. Mehr brachte er nicht zustande. Dann legte er den toten Mann sanft auf den Boden nieder, löste behutsam die Finger, die immer noch sein Handgelenk umklammerten und schloss die Augen des Grauen, die ihn wieder anzuschauen schienen.
»Geh in Frieden, Sider Ament«, flüsterte er.
Tieftraurig und völlig erschöpft schloss er nun selbst die Augen. Da hörte er den Toten eine Antwort flüstern.
Nimm den Stab.
Die Worte verhallten leise in der Stille, die folgte.
Nimm den Stab.
Der Knabe steht regungslos da, als ein plötzlicher Windstoß die Überreste des schurkischen Elfen zu verwehen beginnt. Sein Mentor ist auf die Knie gesunken und umklammert krampfhaft den Stab, um sich aufrecht zu halten. Alles wirkt wie eingefroren… die Zeit, der Ort, was geschah, sogar der Junge selbst.
Aber als der alte Mann vornübersinkt, befreit sich der Jüngling von den unsichtbaren Ketten und läuft zu ihm. Die Welt dreht sich weiter. Die Zeit ist ein unerbittlicher, alles zermalmender Felsbrocken, der auf sie beide zugerollt kommt. Er erreicht den alten Mann und richtet ihn auf, hält ihn in seinen starken Armen. Der alte Mann ist so leicht, er wiegt fast nichts. Wie er sich gegen den anderen Stabträger, der doch so stark schien, behaupten konnte, ist dem Jüngling ein Rätsel.
Der Alte atmet schnell und flach. Der Junge mustert kurz den kraftlosen Körper seines Mentors. Er kann keine größeren äußeren Wunden feststellen. Welche Verletzungen auch immer der alte Mann erlitten hat… sie müssen alle tief in seinem Inneren begraben sein.
Sein Mentor blickt zu ihm hoch und nickt. »Es gibt nichts zu sehen, Junge. Nur einen sterbenden alten Mann.«
Der Jüngling schüttelt abwehrend den Kopf. »Nein. Wir können etwas tun. Ich kann einen Heiler finden und dich zu ihm bringen. Ich kann sofort aufbrechen.«
Aber der alte Mann hält ihn mit seinen verschrumpelten Händen fest. »Bis du zurückkommst, bin ich tot. Du musst dich jetzt um etwas Wichtigeres kümmern, als vergeblich zu versuchen, mein Leben zu retten. Der Stab. Er gehört jetzt dir. Wenn ich gestorben bin, nimm ihn.«
Der Junge schüttelt den Kopf. »Ich glaube, ich bin noch nicht so weit.«
»Niemand ist jemals so weit, diese Macht zu beanspruchen. Niemand ist jemals darauf vorbereitet, sie zu beherrschen. Und doch wirst du es tun… so wie ich es getan habe. Du wirst dein Bestes geben. Beschütze die Talbewohner, die Überlebenden der Großen Kriege. Behüte sie bis zu ihrer Befreiung, oder gib den Stab an deinen Nachfolger weiter. Eine große Verantwortung ist dir zugefallen. Du bist der letzte Träger. Dafür musst du mir danken. Es tut mir nur leid, dass es so geschehen muss.«
Der Jüngling denkt darüber nach und schaut dann dem alten Mann wieder in die Augen. »Ich habe den Stab noch nie benutzt. Ich habe keine Ahnung, was dazu nötig ist. Was ist, wenn mir die Magie nicht gehorcht?«
Sein Mentor lächelt. »Dasselbe habe ich mich auch einmal gefragt. Was soll ich tun, wenn mir die Magie nicht gehorcht? Was soll werden, wenn ich nicht stark und geschickt genug bin? Aber die Magie wird da sein, wenn du sie rufst. Du brauchst nur an sie zu denken. Ob du jedoch mit dieser Magie etwas bewirkst, steht auf einem anderen Blatt. Das bemisst sich an der Stärke deines Herzens.«
Der Jüngling fühlt sich elend. Sein Mentor soll wieder gesund werden und ihn lehren, was er noch lernen muss. Er wünschte, der böse Elf wäre nie aufgetaucht. Er wünschte, alles wäre so wie zuvor.
»Nimm den Stab«, wiederholt der alte Mann.
Einen Augenblick später ist er tot.
Lange starrt der Jüngling ihn an, wartet, dass er sich wieder rührt, auch wenn er weiß, dass es nicht geschehen wird. Seine Verwirrung vernebelt sein Denken. Er wird zu den Elfen reisen und ihnen erklären müssen, was geschehen ist. Sie haben schon ihren König verloren. Und jetzt auch noch ihren
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