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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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gefüttert war, dazu Ketten-Beinschoner mit bronzenen Kniekappen. Vor allem aber wurde Rek von dem Schwert angezogen, das in einen Block aus massivem Kristall eingeschlossen war. Die Klinge war golden und über sechzig Zentimeter lang, der Griff zweihändig, der Handschutz ein Paar ausgebreiteter Schwingen.
    »Das ist die Rüstung von Egel, dem ersten Bronzegrafen«, erklärte Serbitar.
    »Wieso liegt sie noch immer hier?«
    »Niemand konnte die Tür öffnen«, antwortete der Albino.
    »Sie war doch nicht verschlossen.«
    »Nicht für dich.«
    »Was soll das heißen?«
    »Die Bedeutung ist klar: Du und kein anderer solltest die Tür öffnen.«
    »Das kann ich nicht glauben.«
    »Soll ich dir das Schwert holen?« fragte Serbitar.
    »Wenn du möchtest.«
    Serbitar ging zu dem kristallenen Würfel, zog sein eigenes Schwert und schlug damit gegen den Block. Nichts geschah. Seine Klinge prallte ab, ohne eine Spur auf dem Kristall zu hinterlassen.
    »Versuch du«, sagte Serbitar.
    »Leihst du mir dein Schwert?«
    »Nimm es einfach am Griff.«
    Rek trat vor und senkte seine Hand auf den Kristall, in der Erwartung, das kühle Glas zu berühren, doch nichts geschah. Seine Hand sank in den Würfel; seine Finger schlössen sich um den Griff. Mühelos zog er die Klinge heraus.
    »Ist das ein Trick?« fragte er.
    »Wahrscheinlich. Aber nicht meiner. Sieh!« Der Albino legte seine Hände auf den jetzt leeren Kristall und zog sich hinauf. »Jetzt schieb deine Hände unter mir durch«, bat er.
    Rek gehorchte - für ihn existierte der Kristall nicht.
    »Was bedeutet das?«
    »Ich weiß es nicht, mein Freund. Ehrlich nicht.«
    »Woher wußtest du dann, daß es hier war?«
    »Das ist noch schwieriger zu erklären. Erinnerst du dich an den Tag in dem Wäldchen, als ihr mich nicht wecken konntet?«
    »Ja.«
    »Nun, ich bin weit über den Planeten gereist und sogar darüber hinaus, aber auf meinen Reisen habe ich die Ströme der Zeit überschritten und Delnoch besucht. Es war Nacht, und ich sah mich, wie ich dich durch die Halle und hinab in diesen Raum führte. Ich sah, wie du das Schwert nahmst, und ich hörte dich dieselbe Frage stellen, die du mir gerade gestellt hast. Und dann hörte ich meine Antwort.«
    »In diesem Moment schwebst du also über uns und hörst uns zu?«
    »Ja.«
    »Ich weiß genug, um dir zu glauben. Aber beantworte mir eine Frage. Dann weiß ich vielleicht, wieso du jetzt mit mir hier bist. Woher wußte der erste Serbitar, daß die Rüstung in dieser Kammer ist?«
    »Das kann ich dir natürlich nicht erklären, Rek. Es ist, als ob man in einen Spiegel sieht, in dem man einen Spiegel sieht - und immer so weiter. Aber ich habe bei meinen Studien herausgefunden, daß es oft mehr in diesem Leben gibt, als wir wissen.«
    »Und das heißt?«
    »Es gibt die Macht der QUELLE.«
    »Ich bin nicht in der Stimmung für Religion.«
    »Dann laß uns statt dessen sagen, daß vor all diesen Jahrhunderten Egel in die Zukunft blickte und diese Invasion gesehen hat. Deshalb ließ er seine Rüstung hier, bewacht von einer Magie, die nur du - als der Graf -durchbrechen konntest.« »Beobachtet dein Geist uns immer noch?«
    »Ja.«
    »Weiß er von Virae?«
    »Ja.«
    »Dann wußtest du, daß sie sterben würde?«
    »Ja.«
    »Warum hast du es mir nicht gesagt?«
    »Es wäre eine Vergeudung von Freude gewesen.«
    »Was soll das bedeuten?« fragte Rek. Zorn erwachte in ihm und überdeckte seinen Kummer.
    »Es bedeutet, daß ich dich vielleicht gewarnt hätte, wenn du ein Bauer wärst, der ein langes Leben zu erwarten hat. Aber das bist du nicht; du kämpfst gegen eine wilde Horde, und dein Leben ist jeden Tag in Gefahr, so, wie Viraes Leben es war. Hätte ich dir gesagt, daß sie sterben muß, hätte es dich der Freude beraubt, die du noch hattest.«
    »Ich hätte sie retten können.«
    »Nein, das hättest du nicht.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Warum sollte ich lügen? Warum sollte ich ihren Tod wünschen?«
    Rek antwortete nicht. Das Wort >Tod< drang in sein Herz und zermalmte seine Seele. Wieder stiegen Tränen in ihm auf, und er hielt sie zurück, indem er sich auf die Rüstung konzentrierte. »Ich werde sie morgen tragen«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich werde sie tragen und sterben.«
    »Vielleicht«, antwortete der Albino.

 
     
26.
    Der Morgen war klar, die Luft frisch und süß, als sich die zweitausend Drenaikrieger auf den Angriff auf Kania vorbereiteten. Unten ging der Nadir-Schamane durch die Reihen der

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