Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Unendlichkeit gegraben hatten; die Felsränder erhoben sich weit hinauf und erinnerten den Alb an einen abgerundeten Kanal.
Mehr als zweihundert Schritte waren es nicht mehr. Er hatte gehofft, dass ihm Saphôra, Deinôa und Ôdaras unterwegs entgegenkamen, doch den Gefallen taten sie ihm nicht. Sollte es dort wirklich Gänge geben, bete ich zu Samusin, dass sie nicht zu weit vordrangen. Der Benàmoi wartet.
Phasâlor musste sich mit kleinen Schritten über den vereisten Boden vorantasten. Diese Strecke des Weges hatte sie beim Aufstieg bereits stark behindert.
Plötzlich blieb er stehen.
Wozu brauche ich einen Schild? In dieser Rinne geht es auch ohne. Er machte einen großen, kraftvollen Ausfallschritt und hielt das Gleichgewicht; die Sohlen glitten vielversprechend, ohne zu haken oder hängen zu bleiben über das glasige Oberfläche.
Seine Reise nahm Geschwindigkeit auf. Immer schneller rauschte er hinab, steuerte mit dem Speer sowie ausgleichenden Bewegungen und verhinderte, dass er sich um die Achse drehte oder in den Biegungen gegen die scharfkantigen Felswände prallte.
Trotz des Fahrtwindes vernahm er das Grollen, das ihm durch den Hohlweg entgegenrollte. Aufgrund der Windungen sah er nicht, worauf er sich zubewegte, doch als der Boden unter ihm erbebte, ahnte er, dass es nichts Kleines sein würde.
Phasâlor versuchte nicht einmal, die Reise zu verlangsamen, sondern nahm den Speer wie zu einem Reiterangriff, um den Gegner abzuwehren.
Als er um die nächste Kurve schoss, erblickte der Alb ein gelbgeschupptes Wesen, das die Merkmale von Wurm und Drache aufs Wunderlichste in sich vereinte. Die kurzen Vorderläufe schienen eher zum Graben zu taugen als zum Laufen. Er sah es nicht in ganzer Länge, aber schätzte den Umfang auf zwölf Schritt, an dem es unmöglich ein Vorbeikommen gab.
Was ist das für ein Scheusal? Ein Bergwurm?
Brüllend riss es sein kurzes, zahnbewehrtes Maul auf, eine lange schwarzblaue Zunge kam zum Vorschein.
Phasâlor verfluchte die Elben. Sie werden ihn garantiert geweckt und auf unsere Fährte gehetzt haben.
Da entsann er sich des Lochs im Boden: Es gab keinen Eingang zu den Unterirdischen! Das Loch führte gewiss in die Behausung dieses Scheusals.
Stinkender Atem brandete heiß gegen den Albveteranen, und die Schnauze öffnete sich weiter.
Das hast du dir so gedacht, nicht wahr? Dass ich dir in den Schlund gleite. Blitzschnell entschied sich Phasâlor gegen einen Angriff und für eine List.
Kurz vor dem Zusammentreffen mit dem Monstrum senkte er den Speer und rammte ihn ins Eis. An dem langen Schaft katapultierte er sich in die Höhe, dicht an den zuschnappenden Kiefern vorbei, zog im Flug die Schwerter – und landete auf dem wurmähnlichen Wesen.
Er rammte die geschliffenen Spitzen durch die gelben Schuppen, die erstaunlich leicht zu durchstoßen waren, und senkte die Klingen bis zum Heft unmittelbar hinter dem Kopf in den muskulösen Leib
Das Scheusal brüllte kläglich und zuckte heftig, nach einem langen Schnaufen lag es still.
Phasâlor lachte auf. Das war leicht. Jetzt musste er herausfinden, wie es um seine drei Freunde stand. Er zog die beiden Waffen mit einem Ruck aus dem Körper.
Kochend heißes Blut sprühte in Fontänen aus den Stichen und traf den Alb mit voller Wucht.
Nein, ihr Götter! Phasâlor war geblendet. Die Flüssigkeit verbrannte seine Haut, die Lippen, die Hände und spülte ihn von den Beinen.
Schreiend lag er auf dem Rücken der toten Bestie und wollte sich das verheerende Blut aus dem Antlitz wischen, aber das Fleisch an Fingern und im Gesicht löste sich durch die Wirkung von den Knochen. Er verlor vor Schmerzen die Besinnung und rutschte seitlich hinab.
Der Alb lag eingeklemmt zwischen den warmen Schuppen des Wurms und der Felswand.
Das Blut sprudelte auf ihn herab und setzte das Vernichtungswerk an Phasâlor fort, der aus seiner Ohnmacht nicht mehr erwachte.
Anthôras stürmte voran, schwang die Klingen und attackierte die Elben, die mit ihren schneebedeckten Mänteln und Rüstungen wie Eissoldaten scheinbar überall aus den Verwehungen herausstiegen.
Keiner von euch wird diesen Splitter der Unendlichkeit überstehen! Das Herz raste in seiner Brust, während er wirbelte, hackte und um sich drosch.
Der Schwindel kehrte bereits nach dem vierten Schlag zurück. Anthôras keuchte und sog den Atem wie ein Ertrinkender ein, seinen Attacken fehlte jegliche Eleganz. Er arbeitete sich mit stetig kleiner werdendem Gesichtsfeld durch die
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