Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
Vom Netzwerk:
ist ein
     sehr teures Medikament, jedes Gramm ist Gold wert. Und du bist nicht meine einzige Patientin, daher muß ich alles genau berechnen.
     Eine Spritze hast du doch sicher?«
    Katja saß auf ihrem zerwühlten, ungemachten Bett und hob bereits die mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllteSpritze, um eine passende Stelle auf der zerstochenen Haut ihres Arms zu finden, da hielt Regina sie fest:
    »Warte, willst du dir den Arm vorher nicht wenigstens mit Spiritus einreiben? Hast du welchen da?«
    »Ja, natürlich. Ich hole ihn.«
    Katja legte die Spritze vorsichtig beiseite, lief in die Küche, ergriff die große Flasche mit reinem medizinischem Spiritus
     und nahm aus dem Arzneischränkchen, das neben dem Kühlschrank hing, etwas Watte.
    »Ich bin fertig«, sagte sie und setzte sich wieder aufs Bett.
    Regina stand über sie gebeugt und sah schweigend zu, wie die feine Nadel in die mit Spiritus eingeriebene, durch und durch
     zerstochene Haut eindrang, wie die bläuliche Vene sich mit der Flüssigkeit aus der Spritze füllte und anschwoll.
    Danach ging alles so schnell, daß Katja nichts mehr begriff oder spürte. In ihren Ohren begann es zu rauschen, ein Rauschen,
     das rasch stärker und schließlich so laut wurde, als explodiere in ihrem Kopf ein Düsenflugzeug. Vor ihren Augen drehte sich
     alles und sauste in rasendem Tempo vorbei: Reginas Gesicht ganz nah über ihr, dann das ruhige, lebendige Gesicht von Mitja,
     dann die Gesichter anderer Leute, fremder oder entfernt bekannter. Nach und nach verschwamm alles zu einer dichten, undurchdringlichen
     Finsternis.
    Regina zog behutsam Katjas Augenlid hoch und hüllte dann den reglosen Körper sorgfältig in eine Decke, schüttete reichlich
     Spiritus über das flauschige Synthetikgewebe, ging in die Küche, nahm eine Zigarette aus der fast leeren Packung »Kent«, kehrte
     ins Wohnzimmer zurück, steckte die Zigarette an, nahm ein paar Züge und warf die brennende Zigarette auf die mit Spiritus
     getränkte Decke. Sie überlegte kurz, nahm das Feuerzeug, knipste es an und hielt es an eine Ecke des geblümten Bettbezugs.
    Dann ging sie leise aus der Wohnung und schloß die Tür fest hinter sich. Sie hatte alles erledigt, ohne die Wildlederhandschuhe
     auch nur einen Moment auszuziehen.
    Die Scherereien mit diesen ganzen Zeugen, die plötzlich wie Pilze aus dem Boden schossen, und das nach so vielen Jahren, hingen
     Regina gründlich zum Hals heraus. Sie hatte auch viel zu wenig Zeit und Kraft für Wenja, und dabei ging es ihm so schlecht
     wie noch nie. Er konnte jeden Augenblick abstürzen … Es war schon paradox: Bei ihren Beziehungen und dem Geld, das Wolkow
     und ihr zur Verfügung stand, hätte sie den allerbesten Killer engagieren können. Aber ein guter Killer ist klug und äußerst
     vorsichtig. Er ist durchaus imstande, die Person erst mal unter die Lupe zu nehmen, die dem millionenschweren, einflußreichen
     Konzern »Wenjamin« im Wege steht. Man kennt solche Fälle, wo der intelligente Killer sein Opfer angerufen und ihm ohne Umschweife
     einen Handel vorgeschlagen hat: Ich bin dafür bezahlt worden, dich umzulegen. Wenn du mir mehr zahlst, lasse ich dich am Leben.
    Es gab auch andere Fälle. Wenn der Killer herausfand, daß weder persönliche Rache noch Schulden noch die Aufteilung von Einflußsphären
     der Grund für den Auftragsmord war, sondern eine für den Auftraggeber gefährliche Information, dann versuchte er, bevor er
     den Auftrag ausführte, mit allen Mitteln diese Information in Erfahrung zu bringen. Eine Information, für die ein Mord in
     Auftrag gegeben wird, kann sehr nützlich sein. Wenn man sie vorsichtig und mit Verstand gebraucht, kann man damit Summen verdienen,
     gegen die das Honorar eines Killers ein Pappenstiel ist.
    Regina mußte alles einkalkulieren und durfte nichts außer acht lassen, so unwahrscheinlich es auch sein mochte. Eben darum
     konnte sie nicht den üblichen Weg gehen und einen guten Gehilfen für die Lösung ihrer zahlreichen Probleme engagieren. Sie
     mußte alles selbst tun.

Kapitel 14
    Einsatzleiter Michail Sitschkin betrachtete nachdenklich die beiden vor ihm liegenden Fotografien. Auf der einen sah man eine
     ungewöhnlich schöne Frau von etwa vierzig Jahren mit klassischen Gesichtszügen und goldblonden Haaren. Auf der anderen war
     ein Mädchen mit einem so hoffnungslos häßlichen Gesicht, daß sich einem unwillkürlich ein mitleidiger Seufzer entrang. Bei
     genauerem Hinsehen allerdings

Weitere Kostenlose Bücher