Die letzte Generation
Streich“, sagte George vorwurfsvoll. Er griff nach den Getränken, die er eben noch erreichen konnte. Seine Hand ging natürlich gerade durch sie hindurch. „Ich hoffe, du hast etwas Kompakteres, wenn wir ins Haus kommen!“
„Mach dir keine Sorge“, sagte Rupert lachend. „Bestell jetzt gleich, was du haben willst, dann wird es bereit sein, wenn du hereinkommst.“
„Zwei große Bier, in flüssiger Luft gekühlt“, sagte George auf der Stelle. „Wir kommen sofort.“
Rupert nickte, stellte eines seiner Gläser auf einen unsichtbaren Tisch, bewegte einen ebenfalls unsichtbaren Hebel und entschwand sogleich ihren Blicken.
„Oh!“ sagte Jean, „das ist das erstemal, daß ich einen dieser Apparate in Tätigkeit gesehen habe. Wie ist Rupert dazu gekommen? Ich dachte, nur die Overlords hätten sie.“
„Hast du je erlebt, daß Rupert nicht alles bekommen hat, was er haben wollte?“ erwiderte George. „Das ist genau das richtige Spielzeug für ihn. Er kann bequem in seinem Arbeitszimmer sitzen und durch halb Afrika wandern. Keine Hitze, keine Käfer, keine Anstrengung, und der Kühlschrank immer in Reichweite. Ich frage mich, was wohl Stanley und Livingstone gedacht hätten!“
Die Sonne machte, bis sie das Haus erreicht hatten, jeder weiteren Unterhaltung ein Ende. Als sie sich der Haustür näherten, die von der übrigen Glaswand vor ihnen nicht leicht zu unterscheiden war, öffnete sie sich selbsttätig mit einer Trompetenfanfare. Jean ahnte mit Recht, daß sie diese Fanfare, ehe der Tag überstanden war, noch herzlich satt bekommen würde.
Die jetzige Frau Boyce begrüßte sie in der köstlichen Kühle der Halle. Sie war in Wirklichkeit der Hauptanziehungspunkt für viele Gäste. Etwa die Hälfte wäre auf jeden Fall gekommen, um Ruperts neues Haus zu sehen; die Zögernden hatten sich auf Grund der Berichte über Ruperts neue Frau dazu entschlossen.
Es gab nur ein Adjektiv, das sie angemessen kennzeichnete: Sie war atemberaubend. Selbst in einer Welt, wo Schönheit fast alltäglich war, pflegten die Männer die Köpfe zu recken, wenn sie den Raum betrat. Sie war nach Georges Schätzung etwa zu einem Viertel Negerin. Ihre Gesichtszüge waren griechisch, und ihr Haar lang und glänzend. Nur die dunkle Färbung ihrer Haut – das abgenutzte Wort „Schokolade“ war das einzige, das sie richtig bezeichnete – verriet ihr Mischblut.
„Sie sind Jean und George, nicht wahr?“ sagte sie und streckte ihre Hand aus. „Ich freue mich so, Sie kennenzulernen. Rupert macht irgend etwas Schwieriges mit den Getränken. Kommen Sie mit, ich möchte Sie allen vorstellen.“
Ihre Stimme war ein vollklingender, tiefer Alt, der George leise Schauer über den Rücken jagte, so als spiele jemand auf seinem Rückgrat Flöte. Er sah nervös zu Jean hin, die es fertiggebracht hatte, sich zu einem etwas künstlichen Lächeln zu zwingen, und fand endlich seine Stimme wieder.
„Es – es ist sehr schön, Sie kennenzulernen“, sagte er unbeholfen. „Wir haben uns auf diese Gesellschaft gefreut.“
„Rupert gibt immer so hübsche Gesellschaften“, warf Jean ein.
An der Art, wie sie das „Immer“ betonte, merkte man ganz genau, was sie dachte: immer, wenn er sich verheiratete. George errötete leicht und warf Jean einen vorwurfsvollen Blick zu, aber ihre Gastgeberin verriet durch kein Zeichen, ob sie die Anspielung bemerkte. Sie war die Freundlichkeit selbst, als sie die beiden in den Hauptraum führte, der mit einer glanzvollen Versammlung von Ruperts zahlreichen Freunden schon halb gefüllt war. Rupert selbst saß an einem Fernsehapparat, der, wie George annahm, zu ihrer Begrüßung sein Bild nach draußen projiziert hatte. Er führte eifrig vor, wie er nun zwei weitere Ankömmlinge überraschte, als sie den Parkplatz betraten, hielt aber kurz inne, um Jean und George zu begrüßen und sich zu entschuldigen, weil er ihre Getränke irgend jemandem gegeben habe.
„Ihr findet dort drüben massenhaft andere“, sagte er, während er eine Hand unbestimmt nach hinten ausstreckte und mit der andern an den Schaltern drehte. „Tut, als wenn ihr zu Hause seid! Ihr kennt die meisten Leute hier – Maja wird euch den übrigen vorstellen. Nett, daß ihr gekommen seid.“
„Nett von dir, uns einzuladen“, sagte Jean ohne große Überzeugung. George hatte sich schon zur Bar auf den Weg gemacht, und sie folgte ihm, wobei sie ab und zu jemanden begrüßte, den sie kannte. Etwa drei Viertel der Anwesenden waren völlig
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