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Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Generation: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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nachdachten, was selten geschah, erkannten sie, dass die schweigenden Schiffe zum ersten Mal in der Geschichte der ganzen Welt Frieden gebracht hatten, und dafür waren sie dankbar.
    Aber es waren unauffällige Wohltaten, die hingenommen und bald vergessen wurden. Die Overlords blieben unnahbar und verbargen ihre Gesichter vor der Menschheit. Karellen konnte Achtung und Bewunderung befehlen, doch er konnte nichts Tieferes bewirken, solange er seine gegenwärtige Politik verfolgte. Es war schwer, keinen Groll gegen diese Olympier zu empfinden, die nur über die Fernschreiber im Hauptquartier der Vereinten Nationen zu den Menschen sprachen. Was zwischen Karellen und Stormgren vorging, wurde nie öffentlich bekannt gegeben, und bisweilen fragte sich Stormgren, warum der Verwalter überhaupt Wert auf diese Unterhaltungen legte. Vielleicht wollte er wenigstens zu einem menschlichen Wesen einen direkte Kontakt haben. Oder er hatte erkannte, dass Stormgren diese Form der persönlichen Unterstützung brauchte. Wenn das die Erklärung war, hatte der Generalsekretär Verständnis dafür. Es war ihm einerlei, ob die Freiheitsliga ihn verächtlich als »Karellens Laufjungen« bezeichnete.
    Die Overlords hatten nie mit einzelnen Staaten und Regierungen verhandelt. Sie hatten die Organisation der Vereinten Nationen so genommen, wie sie sie vorgefunden hatten. Sie hatten Anweisungen gegeben, die nötige Funkausrüstung zu beschaffen, und hatten den Generalsekretär als Sprachrohr für ihre Befehle benutzt. Der sowjetische Delegierte hatte bei unzähligen Gelegenheiten ausführlich und berechtigt darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen nicht in Übereinstimmung mit der Charta stand. Karellen schien es nicht zu kümmern.
    Es war erstaunlich, wie viel Ungerechtigkeit, Torheit und Übel durch diese Botschaften vom Himmel beseitigt werden konnten. Als die Overlords gekommen waren, wussten die Nationen, dass sie sich gegenseitig nicht mehr zu fürchten hatten, und sie ahnten, noch ehe der Versuch unternommen wurde, dass die vorhandenen Waffen nutzlos sein würden gegen eine Zivilisation, die Brücken zwischen den Sternen bauen konnte. So war mit einem Schlag das größte Hindernis für das Glück der Menschheit beseitigt worden.
    Die Overlords schienen den verschiedenen Regierungsformen gleichgültig gegenüberzustehen, es sei denn, sie übten Zwang aus oder waren korrupt. Auf der Erde gab es noch immer Demokratien, Monarchien, wohlwollende Diktaturen, Kommunismus und Kapitalismus. Das war eine Quelle großer Überraschung für viele einfache Gemüter, die überzeugt waren, dass ihre Lebensform die einzig mögliche sei. Andere glaubten, dass Karellen nur darauf warte, ein System einzuführen, das alle vorhandenen Gesellschaftsformen hinwegfegen würde. Deshalb hatte er sich nicht mit kleineren politischen Reformen abgegeben. Aber auch dies waren, genauso wie alle anderen Theorien über die Overlords, bloße Vermutungen. Niemand kannte ihre Motive, und niemand wusste, welche Zukunft sie für die Menschheit vorgesehen hatten.

3
    S tormgren schlief meistens schlecht, was sonderbar war, da er die Bürde des Amtes bald für immer ablegen würde. Er hatte der Menschheit vierzig Jahre und den Overlords fünf Jahre lang gedient, und wenige Menschen konnten auf ein Leben zurückblicken, das ihnen die Erfüllung so vieler Wünsche beschert hatte. Vielleicht erfüllte es ihn mit Besorgnis, dass er in den Jahren des Ruhestands, die vor ihm lagen, keine Ziele mehr haben würde, die seinem Leben einen Reiz gaben. Nachdem seine Frau gestorben war und die Kinder eigene Familien gegründet hatten, schienen sich seine Bindungen an die Welt gelockert zu haben. Es mochte auch sein, dass er sich allmählich mit den Overlords identifizierte und sich von der Menschheit zu lösen begann.
    Es war wieder eine jener ruhelosen Nächte, in denen seine Gedanken wie eine Maschine kreisten, deren Regler versagt hatten. Statt sich weiter um Schlaf zu bemühen, erhob er sich widerstrebend vom Bett. Er zog seinen Morgenmantel an und begab sich auf den Dachgarten seiner bescheidenen Wohnung. Seine unmittelbaren Untergebenen lebten in deutlich luxuriöseren Apartments, aber diese Unterkunft war für Stormgrens Bedürfnisse geräumig genug. In seiner Stellung konnten weder persönliche Besitztümer noch amtliche Zeremonien seinem Ansehen irgendetwas hinzufügen.
    Die Nacht war warm, fast drückend, aber der Himmel war klar, und ein heller Mond hing tief im Südwesten. Zehn

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