Die letzte Generation: Roman (German Edition)
zu leicht nahm. »Ich meine es ernst!«, sagte er vorwurfsvoll.
»Mein lieber Rikki«, gab Karellen zurück, »nur weil ich die Menschheit nicht ernst nehme, habe ich mir einige Bruchstücke meiner einstmals beträchtlichen geistigen Gaben bewahren können!«
Wider Willen musste Stormgren lächeln. »Das dürfte mir nicht viel nützen. Ich muss hinunter zu meinen Mitmenschen und sie davon überzeugen, dass Sie nichts zu verbergen haben, obwohl Sie sich nicht zeigen wollen. Das ist keine leichte Aufgabe. Neugier ist eine der vorherrschenden menschlichen Eigenschaften. Sie können sie nicht auf ewig missachten.«
»Von allen Problemen, denen wir uns gegenübersahen, als wir zur Erde kamen, war dieses das Schwierigste«, gab Karellen zu. »Sie haben in anderen Angelegenheiten unserer Weisheit vertraut – sicherlich können Sie uns auch in dieser trauen.«
»Ich vertraue Ihnen«, sagte Stormgren, »aber Wainwright nicht und ebenso wenig seine Anhänger. Können Sie diesen Menschen wirklich einen Vorwurf machen, wenn sie Ihre Weigerung, sich zu zeigen, negativ auslegen?«
Für einen Moment herrschte Schweigen. Dann hörte Stormgren ein bekanntes leises Geräusch – war es ein Knistern? – , das möglicherweise dadurch hervorgerufen wurde, dass der Verwalter seinen Körper ein wenig bewegte.
»Sie wissen, warum Wainwright und seinesgleichen mich fürchten, nicht wahr?«, fragte Karellen. Seine Stimme war jetzt dunkel wie eine große Orgel, die ihre Töne durch ein hohes Kirchenschiff rollen ließ. »Sie werden Menschen wie ihn in allen Religionen der Welt finden. Sie wissen, dass wir Vernunft und Wissenschaft repräsentieren, und so zuversichtlich sie in ihrem Glauben sein mögen, fürchten sie doch, dass wir ihre Götter stürzen werden. Nicht unbedingt durch eine absichtliche Handlung, sondern auf unterschwellige Art. Wissenschaft kann Religion zerstören, indem sie sie unbeachtet lässt, aber auch, indem sie ihre Lehren widerlegt. Niemand hat, soweit mir bekannt ist, jemals die Nichtexistenz von Zeus oder Thor bewiesen, doch beide haben heute nur noch wenige Anhänger. Die Wainwrights fürchten außerdem, dass wir die Wahrheit über den Ursprung ihres Glaubens kennen. Sie fragen sich, wie lange wir schon die Menschheit beobachten. Haben wir gesehen, wie Mohammed seine Flucht antrat oder wie Moses den Juden ihre Gesetze gab? Wissen wir, was in den Geschichten, an die sie glauben, falsch ist?«
»Und? Wissen Sie es?«, flüsterte Stormgren halb zu sich selbst.
»Das, Rikki, ist die Furcht, die sie zerfleischt, obwohl sie es öffentlich niemals zugeben würden. Glauben Sie mir, es bereitet uns kein Vergnügen, den Glauben der Menschen zu zerstören, aber es können nicht alle Religionen der Welt richtig sein, und das wissen sie. Früher oder später müssen die Menschen die Wahrheit erfahren, aber diese Zeit ist noch nicht gekommen. Was unsere Heimlichtuerei betrifft, die, wie Sie ganz richtig sagen, unsere Probleme erschwert, muss ich sagen, dass sich dieser Punkt meiner Kontrolle entzieht. Ich bedaure ebenso sehr wie Sie, dass diese Geheimhaltung nötig ist, aber die Gründe dafür sind ausreichend. Ich will jedoch versuchen, von meinen ... Vorgesetzten ... eine Erklärung zu erhalten, die Ihnen genügt und vielleicht die Freiheitsliga besänftigen wird. Können wir jetzt zur Tagesordnung zurückkehren und noch einmal von vorn mit der Aufzeichnung beginnen?«
»Nun?«, fragte van Ryberg besorgt. »Haben Sie Glück gehabt?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Stormgren müde, während er die Akten auf seinen Schreibtisch warf und auf dem Stuhl zusammenbrach. »Karellen berät sich jetzt mit seinen Vorgesetzten, wer oder was auch immer das sein mag. Er wollte mir nichts versprechen.«
»Hören Sie«, sagte Pieter unvermittelt, »mir ist ein Gedanke gekommen. Welchen Grund haben wir für unsere Annahme, dass irgendjemand hinter Karellen steht? Was ist wenn alle Overlords, wie wir sie getauft haben, mit ihren Schiffen zur Erde gekommen sind? Sie können vielleicht sonst nirgends hin und verbergen uns diese Tatsache vor uns.«
»Es ist eine geniale Theorie«, sagte Stormgren lächelnd, »aber sie steht im Widerspruch zu dem wenigen, was ich über Karellens Hintergründe weiß – oder zu wissen meine.«
»Und wie viel ist das?«
»Nun, er bezeichnet seine Stellung oft als etwas Zeitweiliges, das ihn daran hindert, seine wirkliche Arbeit fortzusetzen, die, wie ich vermute, mit irgendeiner Form von
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