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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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gelogen haben könnte.» Der
Polizeipräsident schüttelte den Kopf. «Nein, Flyte
war nicht der Täter, sondern das Opfer.»
    Tron sah Spaur
fassungslos an. «Das Opfer?»
    Spaur setzte die Miene
eines Zauberers auf, der im Begriff ist, ein Kaninchen aus dem Hut
zu ziehen. Dann sagte er: «Der Mann, der Marchmain
getötet hat, wollte Flyte töten. Gehen Sie Schritt
für Schritt vor, Commissario. Sind wir uns darüber einig,
dass der Täter sein Opfer mit einem Billett, das angeblich von
Ihnen stammte, in die cantina gelockt hat?»
    Tron nickte.
«Daran besteht kein Zweifel.»
    «Der Täter
schickt also kurz nach dem Ende der Pause einen Dienstmann zur
Loge, um dort das Billett zu übergeben. Er bezeichnet die
Loge, und er bezeichnet die Person, deren Maskierung er beschreibt.
Korrekt?»
    «Korrekt.»
    «Unser
Dienstmann», fuhr Spaur fort, «gibt also das Billett ab
und sieht vielleicht noch, wie sich der Empfänger in Richtung
Foyer entfernt. Und dann passiert etwas Albernes - anders kann man
es nicht sagen. Etwas, womit der Täter nicht gerechnet hat und
worauf Sie und Bossi auch nicht gekommen sind.» Spaur sah
Tron lächelnd an. «Erinnern Sie sich daran, wo Marchmain
gesessen hat?»
    «Im zweiten
Rang. In der dritten Loge
rechts.»    
    «Wie war er
gekleidet?»
    «Maske und
Schwanenhelm.»
    «Was als
Beschreibung», sagte Spaur, «nicht besonders geeignet
war, weil an diesem Abend ziemlich viele Leute eine Maske und einen
Schwanenhelm trugen. Und wie war Flyte maskiert?»
    «Auch mit Maske
und Schwanenhelm.»
    «So ist es. Und
jetzt zeige ich Ihnen, was an diesem Abend
passiert ist», sagte Spaur.
«Kranzier?»
    Tron hörte
hastige Schritten im Nebenzimmer. Dann erschien Sergente Kranzier
an der Tür. «Herr Baron?»
    «Sie können
ihn jetzt holen», sagte Spaur.
    *
    Der Mann, der das
Büro Spaurs betrat, war unrasiert und sah verwahrlost aus. Er
trug einen zerschlissenen Mantel, schmutzige Stiefel, auf dem Kopf
eine Mütze aus verwaschener Wolle. Tron war sich sicher, dass
er ihn irgendwo schon gesehen hatte, konnte ihn aber nicht
einordnen.
    «Ich glaube, Sie
sind Signor Maffei bereits begegnet», sagte Spaur.
    Jetzt, da der Name
gefallen war, erkannte Tron den Mann. Im Fenice hatte er polierte
Schuhe, weiße Handschuhe und eine gestreifte Uniform
getragen. Es war der Diener, der Marchmain das Billett
überbracht hatte. Offenbar machte ihm die Angelegenheit Angst.
Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn, als er sich
Spaurs Schreibtisch
näherte.      
    «Ich weiß,
dass Sie bereits alles zu Protokoll gegeben haben, Signor
Maffei», sagte Spaur in freundlichem Ton. «Aber ich
möchte trotzdem, dass Sie Ihre Aussage noch einmal
wiederholen.»
    Signor Maffei schien
sich ein wenig zu entspannen. Er nickte. «Ja,
Signore.»
    «Es hat Sie also
ungefähr zehn Minuten nach dem Ende der zweiten Pause ein
Cavaliere angesprochen und Sie gebeten, jemandem ein Billett zu
überbringen. Richtig?»
    «Das ist
richtig.»
    «Der Cavaliere
trug einen Frack, dazu eine Halbmaske, und Sie hatten den Eindruck,
dass es sich um einen Ausländer gehandelt haben
könnte.»
    Signor Maffei
nickte.
    «Und wem sollten
Sie das Billett geben?»
    «Einem Signore
mit einem Schwanenhelm in einer Loge im zweiten
Rang.»
    «Was Sie dann
getan haben und anschließend zurück ins Foyer gegangen
sind.»
    Signor Maffei
beschränkte sich wieder darauf, stumm seinen Kopf zu
senken.
    «Wunderbar», sagte
Spaur strahlend. «Das wäre schon alles, Signor Maffei.
Bis auf eine Kleinigkeit.»
    «Ja?»
    «Würden Sie
mir bitte die oberste Zeitung vom Regal holen, Signor Maffei? Dort
drüben auf dem Regal sind zwei Stapel. Direkt unter dem Bild
des Kaisers. Die Zeitung vom rechten Stapel. Legen Sie sie bitte
auf meinen Schreibtisch.»
    Maffei ging zu dem
Regal, nahm die oberste Zeitung von dem Stapel, den Spaur
bezeichnet hatte, und legte sie auf den Schreibtisch.
    «Hervorragend,
Signor Maffei», sagte Spaur in einem Ton, als hätte ihm
Signor Maffei gerade das schönste Geschenk seines Lebens
gemacht. «Sie haben das getan, was ich erwartet hatte. Das
wäre dann alles. Sie können gehen.» Spaur erhob
sich, und einen Moment lang dachte Tron, er wolle Signor Maffei zur Tür
begleiten. Doch dann beschränkte sich Spaur darauf, Signor
Maffei die Hand zu schütteln.
    Als sich die Tür
hinter ihm geschlossen hatte, sah Spaur Tron gespannt an.
«Haben Sie gesehen, was er getan hat?»
    Tron überlegte
kurz, ob Spaurs Frage einen doppelten Boden haben

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