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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Stunde später die Fortsetzung des
Tagebuchs.»
    «Falls alles
gutgeht», wiederholte Bossi.
    «Es war Ihre
Idee, Bossi.»

47
    Die dicke Eisschicht
auf dem schmalen Rio an der Rückseite des Seminario
erleichterte den Einbruch beträchtlich, denn sie mussten, um
zu der kleinen Pforte zu gelangen, weder über eine schmale
Planke balancieren noch über Boote klettern. Es schneite
nicht, aber der Himmel war bedeckt, sternenlos und völlig
schwarz. Tron schätzte, dass der Schein ihrer Blendlaternen
höchstens drei Schritte weit in die Dunkelheit reichte, was
ihn und Bossi praktisch unsichtbar machte. Als er die Fassade
musterte, sah er, dass keines der Fenster erleuchtet war. Nur aus
den Küchenfenstern im Erdgeschoss war ein schwacher
Lichtschein zu erkennen. Aber es war nicht erforderlich, die
Küche zu durchqueren, um in den ersten Stock des Seminario zu
gelangen.
    Bossi brauchte knappe
zwei Minuten, um das Schloss der Pforte zu öffnen. Dann
stieß er die Tür auf, und sie standen in einem
niedrigen, fensterlosen Raum. Holzscheite stapelten sich an den
Wänden, und der Geruch von Harz lag in der Luft. Ein kleines
Treppenhaus führte nach oben, auf der linken Seite war ein
Gang, der vor der Küche des Seminario endete.
    «Wir müssen
hoch», sagte Tron. «Die Wohnung Contarinis liegt im
ersten Stock.»
    Die ganze Operation,
fand er, lief bis jetzt verdächtig problemlos ab, und
problemlose Operationen gab es nicht. Dass er recht gehabt hatte,
zeigte sich ein paar Minuten später, als es Bossi nicht
gelang, die Tür zum ersten Stock zu öffnen. Zwar hatte
der Ispettore auch diesmal nur ein paar Minuten gebraucht, um den
passenden Dietrich zu finden, aber die Tür ging nur wenige
Millimeter auf, sie stieß an ein unsichtbares
Hindernis.
    «Da ist ein
Vorhängeschloss auf der anderen Seite der Tür»,
sagte Bossi resigniert. «Was machen wir
jetzt?»
    «Wir müssen
durch die Küche», sagte Tron. «Hinter der
Küche liegt der Flur des Erdgeschosses. Von dort aus
führt eine Treppe nach oben.»
    «In der
Küche brannte Licht», gab Bossi zu bedenken.
    Tron zuckte die
Achseln. «Wahrscheinlich hat jemand eine Petroleumlampe
stehengelassen.»
    Also stiegen sie die
Treppe wieder hinab und betraten den Gang, der zur Küche
führte, diesmal sorgfältig darauf bedacht, kein
Geräusch zu verursachen. Ihre Vorsicht war angebracht, denn
bereits nach ein paar Schritten waren Stimmen zu hören. Kein
Zweifel - in der Küche hielt sich jemand auf. Als Tron und
Bossi sich der Küchentür näherten, hörten sie
ein helles Klingen, so als würden Gläser
Zusammenstößen. Eine männliche Stimme sagte etwas,
und unmittelbar danach drang das Gelächter von mehreren
Personen durch die Tür. Dann gab es ein Geräusch, als
würde ein Stuhl über den Fußboden scharren, und
wieder Gelächter.
    Tron ging in die Knie,
setzte seinen Kneifer ab und guckte vorsichtig durch das
Schlüsselloch. Da war die Küche, wie er sie in Erinnerung
hatte: ein riesiger Raum mit hohen Gewölbedecken, einem halben
Dutzend eiserner Herdstellen, darüber, an den Wänden
aufgehängt, eine Sammlung von Schöpfkellen und Pfannen,
alles war gigantisch und wie für die Verköstigung von
Ogern gedacht. In der Mitte der Küche stand ein großer
Refektoriumstisch, dahinter war die halb angelehnte Tür zur
Speisekammer erkennbar. Es hatte sich nichts verändert, alles
war so wie früher. Jedenfalls bis auf die Ölfunzel auf
dem Tisch, die durch eine moderne Petroleumlampe ersetzt worden
war. Sie beleuchtete die Gesichter von vier Personen, die sich
offenbar glänzend amüsierten.
    «Was ist los,
Commissario? Was sehen Sie?»
    «Einen dicken
und einen dünnen Priester, die am Tisch sitzen und Wein
trinken», sagte Tron. Er sprach mit leiser Stimme und ohne
das Auge vom Schlüsselloch zu nehmen. «Auf dem Tisch
steht eine große fiasca. Dann sehe ich noch zwei Frauen,
die auch am Küchentisch sitzen und trinken.»
    «Zwei Frauen?. Im Seminariol»
    Tron nickte.
«Zwei junge Frauen. Die beide ziemlich kräftig
geschminkt sind. Eine sitzt auf dem Stuhl und die andere sitzt auf
dem dicken Priester.»
    «Sind die aus
Venedig? Kennen wir eine der Frauen? Oder einen der
Priester?»
    «Ich weiß
nicht, wen Sie kennen, Bossi. Ich kenne keine der
anwesenden Personen. Über die beiden Priester kann ich nur
Vermutungen anstellen. Vielleicht gehören sie zu der kleinen
Delegation aus Augsburg unter der Leitung des dortigen
Bischofs.»
    «Augsburg?»
    «Eine Stadt in
Deutschland. Südlich

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