Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
Geheimdienst aufgefallen. Sie wirkten absolut durchschnittlich. So durchschnittlich, dass es schon beängstigend war. So wie irgendjemand, der in der U-Bahn neben einem saß, der an der Supermarktkasse hinter einem stand. Sie kamen aus allen Teilen der Welt und glichen doch ganz normalen Vorortbewohnern. Eine perfekte Tarnung, das musste der Beobachter zugeben. Schließlich waren sie nahe dran gewesen, die Vereinigten Staaten in ihren Grundfesten zu erschüttern und Chaos hervorzurufen. Ein Chaos, in dem sich unglaubliche Gewinne machen ließen.
Wir sind weit gekommen seit den Anfängen, dachte der Beobachter. Auch aus dem Scheitern konnte man viel lernen. Sie waren genauso stark und entschlossen wie vorher. » Außerdem haben wir unseren wichtigsten Kontaktmann in der CIA verloren. Es war Capra, der ihn getötet hat. Seither haben wir noch zwei weitere Kontaktpersonen eingebüßt, die ich… in der CIA angeheuert hatte. Sie wurden festgenommen. Zum Glück hatten wir nicht persönlich mit ihnen zu tun, sie können uns also nicht verraten.«
» Dann haben wir zurzeit keine Augen in der CIA ?«, fragte die Bankerin.
» Wir haben ein, zwei Augen, die immer noch offen sind«, antwortete er lächelnd. Er würde keine Namen nennen. Es genügte, wenn sie wussten, dass er weiterhin über Informationsquellen in der Agency verfügte. » Es wird sich zeigen, wie viel sie sehen.« Der Beobachter räusperte sich. Er hätte seinen Partnern eine dicke Akte über Sam Capras Leben vorlegen können, doch er wollte die Bedeutung des Mannes nicht noch mehr betonen. » Auf alle Fälle haben wir Sam Capra in der Hand. Wir haben sein Kind.«
» Kinder«, sagte die Bankerin naserümpfend. Sie war eine zierliche Chinesin mit einem hübschen Gesicht, mit dem man massenhaft Kosmetika hätte verkaufen können.
» Ein gutes Kontrollmittel«, bemerkte der General.
» Ja, wir haben die Kontrolle. Aber über eine Marionette ohne Strippen, an denen wir ziehen könnten. Denn solange wir das Kind haben, wird ihm die CIA sicher keinen Zugang zu irgendwelchen für uns wichtigen Informationen gewähren«, warf der Diplomat ein. Er sprach mit einer vollen Baritonstimme und südafrikanischem Akzent. » Ich sage: weg mit ihm. Zeigen wir, dass wir uns das nicht gefallen lassen.«
» Sam Capra«, betonte der Beobachter, » weiß nicht, dass unsere Gruppe sein Leben schon seit sechs Jahren lenkt. Wir haben ihn zu dem gemacht, was er heute ist, nicht die CIA . Der Rückschlag mit seiner Frau war… bedauerlich. Doch er kennt uns nur als einen Namen ohne Bedeutung, als eine vage Bedrohung. Er weiß nicht, wer wir sind.«
» Noch keiner hat uns so großen Schaden zugefügt wie er«, erwiderte der General. » Ich wäre auch dafür, ihn auszuschalten.«
» Wir sollten CIA -Agenten nur töten, wenn es unbedingt notwendig ist«, meldete sich der Historiker zu Wort. Er war ein massiger Russe mit kahlem Kopf und prallen Muskeln unter dem maßgeschneiderten schwarzen Anzug. » Das erregt Aufmerksamkeit und schadet dem Geschäft. Er ist nicht mehr bei der CIA und damit wertlos für uns, aber er kann uns auch nichts tun. Er würde uns nie finden. Wenn wir ihn töten, wird die CIA der Sache nachgehen.«
» Das stimmt«, murmelten einige der Anwesenden. Der Beobachter blickte von einem Gesicht zum anderen, um ihre Reaktionen einzuschätzen. Die Bankerin sah ihn an, und er nickte ihr auffordernd zu. » Möchtest du uns etwas mitteilen?«
» Ja. Du wolltest von uns die Mittel, um ausgewählte Personen auszuspionieren. Ich möchte wissen, inwieweit du nach diesem Rückschlag noch dazu fähig bist.«
» Ich habe es erst ermöglicht, dass wir ein so ehrgeiziges Projekt in Angriff nehmen konnten. Dass wir jetzt an kompromittierende Informationen über einige der wichtigsten Persönlichkeiten der Welt herankommen und sie zwingen können, für uns zu arbeiten. Ja, wir haben einen Rückschlag erlitten. Aber das ändert nichts daran, dass ich– dass wir – jetzt einige Leute in höchsten Ämtern in Politik und Wirtschaft kontrollieren.«
» Dann willst du jetzt wohl mit deinen tollen Ressourcen ein neues Projekt starten«, erwiderte die Bankerin spöttisch. In einer anderen Zeit hätte er sie geohrfeigt, ihr den seidenen Anzug vom Leib gerissen und ihr gezeigt, wer der Herr ist. Seine Gesichtsmuskeln zitterten. Diese Zeiten waren vorbei. Er zügelte seinen Zorn und nickte ernst. » Ja. Aber zuerst werde ich wiedergutmachen, was Sam Capra angerichtet hat. Ich möchte
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