Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
der auf den Namen Anna Tremaine lautet. Ich hab mich ein bisschen umgehört und erfahren, dass Sie mit Anna Tremaine zusammenarbeiten.«
Er nickte kurz. In seiner Angst schielte er immer wieder zu den toten Schlägern hinüber.
» Wo ist mein Sohn?«, fragte ich sehr leise.
» Damit hatte ich nichts zu tun. Anna weiß es bestimmt. Oh Gott, bitte tun Sie mir nichts.«
» Lügen Sie uns nicht an.« Mila hob den blutigen Stahldraht.
» Nein, ich lüge nicht!«
Ich ging neben ihm in die Hocke und drückte den noch warmen Schalldämpfer gegen seine modisch unrasierte Wange. » Weiß Anna, dass Sie Bedenken wegen mir hatten?«
» Äh, nein. Wir machen das am Anfang bei allen so. Wir sagen, sie wären nicht geeignet oder irgendwie verdächtig. Unsere Kunden sind meistens so verzweifelt, dass sie alles tun, um ein Kind zu bekommen. Normalerweise bringen wir sie dazu, uns wertvolle Details zu verraten, Insiderinformationen über eine Firma, oder sie leisten uns nützliche Dienste.«
Also auch noch Erpressung. Als ob illegale Adoption nicht schon genug wäre. Wirklich sympathische Leute.
» Okay, Sie treffen sich mit uns, und wir bestehen den Check. Was dann?«
» Ich rufe Anna an. Wir vereinbaren ein Treffen. Sie zahlen den Restbetrag, dann macht Anna einen Anruf, und Sie bekommen das Kind.«
» Wurde mein Sohn bereits verkauft?«
» Ich sag Ihnen doch, ich weiß es nicht. Bitte. Bitte!«
» Pass auf ihn auf«, sagte ich zu Mila. Ich öffnete den Laptop. Der Bildschirm zeigte einen Katalog im PDF -Format. Bilder von Babys. Ursprungsland, Beschreibung der Eltern, falls bekannt– aber keine Namen. Der Frühlingskatalog umfasste mehr als zwei Dutzend Kinder. Hübsche Kinder, zum Verkauf angeboten. Ich ging die Datei rasch durch. Es waren keine Kinder dabei, die in Frankreich zur Welt gekommen waren, und ich nahm nicht an, dass sie in diesem Katalog falsche Daten eingetragen hatten.
» Sie rufen jetzt Anna Tremaine an und vereinbaren ein Treffen.«
Mr. Bells Lippe zitterte.
» Wo ist sie jetzt?«
» Ihre Telefonnummer hat die Vorwahl von Las Vegas. Aber sie trifft sich oft woanders mit den Leuten.«
»Las Vegas ist okay.« Ich beschloss, Anna Tremaine entgegenzukommen. » Sagen Sie ihr, Mr. und Mrs. Derwatt haben den Check bestanden und reisen morgen Abend nach Vegas, um das Kind abzuholen und den Rest zu bezahlen.«
» Dann müssen Sie eins aussuchen.«
» Was?«
» Ein Kind. Sie müssen ein Kind aussuchen.«
» Dieses.« Ich zeigte auf das Foto des Babys, das gerade auf dem Bildschirm zu sehen war.
» Okay.« Seine Atmung beruhigte sich. » Ich tu’s, aber bitte bringen Sie mich nicht um.«
» Ruf sie an. Jetzt gleich. Und wenn du ein Wort sagst, das mir nicht gefällt, bist du tot.« Ich legte ihm Milas Draht um den Hals und zog die Schlinge fest genug zu, dass er sie durch das Hemd am Hals spürte. Ich nannte ihm eine Adresse in Las Vegas als Vorschlag für das Treffen. Er nickte.
Er wählte die Nummer und wartete. Ich beugte mich zu ihm, um mithören zu können.
» Ja?«
» Anna. Bell hier. Das Ehepaar heute, die Derwatts, sie sind okay. Sie haben sich ein Kind ausgesucht.«
» Welches?«
» Nummer vierzehn.«
Ich hörte das leise Kratzen eines Kugelschreibers. » In Ordnung.«
» Sie wollen sich aber nicht in New York treffen. Ich glaube, sie wären bereit, nach Las Vegas zu kommen.«
Eine kurze Pause. » In Ordnung.«
» Kennen Sie die Canyon Bar, nicht weit vom Strip?«
» Na wunderbar«, sagte sie. » Die Eltern sind wohl Hipster.«
» Die beiden haben das Lokal für das Treffen vorgeschlagen. Morgen Abend um neun.«
Ich rechnete damit, dass sie vielleicht einen eigenen Vorschlag machen würde. Andererseits konnte jeder öffentliche Ort überwacht werden. Unser Lokal war also so gut wie jeder andere mögliche Treffpunkt. » Das ist okay«, sagte sie schließlich.
» Gut, dann sag ich ihnen das.«
» Danke.«
» Gern geschehen.« Das Gespräch klang angespannt, doch er hatte nichts gesagt, das ich für ein verstecktes Signal hielt.
» Ihrer Frau und den Jungs geht’s gut?«
» Ja, Anna, danke.« Er schluckte unter dem Draht. » Brent fängt dieses Wochenende mit Flag Football an. Jared ist in der Schwimmmannschaft.«
» Schön. Also, dann treff ich mich morgen mit den Derwatts. Wie erkenn ich sie?«
» Sie ist eher zierlich, dunkelhaarig. Er ist knapp über eins achtzig, schlank, dunkelblondes Haar, grüne Augen. Sehen nett aus.«
» Sagen Sie ihnen, sie sollen sich an einen
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