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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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seinen verbeulten Pickup in Richtung Stadt lenkte. Die leise aus dem AM-Radio kommende Musik war voller Störgeräusche, die im Rhythmus des quietschenden Armaturenbretts knisterten. Ein wie eine Pinie geformter, papierener Lufterfrischer baumelte hinter dem Rückspiegel an seinem Faden; die in dieser Gebirgshöhe brennende Sonne hatte den künstlichen Piniengeruch schon vor Jahren herausgebrannt. Der Motor ächzte, als Travis herunterschaltete und mit genau der doppelten Geschwindigkeit in die Kurve einbog, die auf dem Schild am Straßenrand empfohlen wurde; wie ein gelber Diamant geformt war es mit Schrotschußlöchern durchsiebt und sah aus wie ein Schweizer Käse.
    »Travis, du bist spät dran«, sagte er zu sich selbst.
    Er hatte den größten Teil des Nachmittags auf dem Dach der baufälligen Jagdhütte verbracht, die er sein Zuhause nannte, und Teerpappe festgenagelt und Dachschindeln ersetzt, die der in der letzten Nacht wehende Sturm heruntergerissen hatte. Der Zeitpunkt, alles für den Schnee bereitzumachen, den die fetten, mit einem roten Fell versehenen Murmeltiere bereits ankündigten, war schon lange verstrichen. Als er endlich daran dachte, aufzusehen, sank die Sonne bereits der Bergkette entgegen, die das Tal einschloß. Travis hatte noch nie ein Gespür für die Zeit gehabt. Aber das galt auch für die vielen anderen Dinge, in denen er ebenfalls nicht gut gewesen war. Das war schließlich der Grund, warum er nach Castle City gekommen war.
    Die Stammkunden würden sich kurz nach Sonnenuntergang im Mine Shaft Saloon einfinden, dann kamen für gewöhnlich noch ein paar glücklose Touristen, die auf dem Highway die falsche Ausfahrt genommen hatten und durch Zufall in Castle City gelandet waren. Zu dieser Jahreszeit kreuzten ganze Legionen von ihnen über die gewundenen zweispurigen Straßen, um aus dem beheizten Komfort ihrer Mietwagen die goldene Pracht des Gebirgsherbstes zu bestaunen. Um alles noch schlimmer zu machen, war heute der Abend, an dem sich Moira Larsons Buchklub in einem Hinterzimmer des Saloons traf. Das Thema: Eheliche Untreue in den französischen Romanen des neunzehnten Jahrhunderts. Travis erschauderte bei dem Gedanken, einem Dutzend Büchernarren gegenübertreten zu müssen, die man in ihrem fanatischen Verlangen gehindert hatte, über die Implikationen der Klassengesellschaft in Flauberts Madame Bovary zu diskutieren.
    Ein nervöses Pfeifen entrang sich seinen Lippen. »Du bist wirklich sehr spät dran.«
    Natürlich würde Max im Saloon sein.
    Max Byfield war Travis' einziger Angestellter. Max war heute mit der Tagschicht dran gewesen, obwohl er wahrscheinlich noch über den Büchern des Saloons brütete, in dem Versuch, zwischen den Zeilen Geld aufzuspüren. Das hatte Travis vermutlich nun davon, einen Buchhalter aus New York einzustellen – einen Großstadtflüchtigen –, aber wenigstens war jemand da, der einen bestellten Drink einschenken konnte. Andererseits war es nicht unbedingt eine gute Idee, Max während der Hauptgeschäftszeit allein hinter der Bar kämpfen zu lassen. Travis konnte nur hoffen, daß Max nicht wieder bei der Jukebox herumlungerte und den Gästen erzählte, daß der Genuß klassischer Musik den Intelligenzquotienten zeitweise erhöhte, während Country-and-Western-Songs mit ihrer simplen Melodiestruktur und den sich ständig wiederholenden Rhythmen das genaue Gegenteil bewirkten.
    Travis verspürte plötzlich den doppelten Drang, sich zu beeilen, er trat das Gaspedal durch, und der Wagen schoß aus der Kurve wie ein Stein aus einer Schleuder.
    Als er noch etwa eine Meile von der Stadt entfernt war, raste ein grotesk verformter Schatten an der mit einem Sprung versehenen Windschutzscheibe vorbei. Neben der Straße duckten sich die Überreste eines Hauses. Travis war schon zahllose Male daran vorbeigefahren, aber wie immer wurde sein Blick davon angezogen. Das alte Haus war vor Jahren abgebrannt, lange bevor er nach Castle City gekommen war, doch irgendwie wußte er, daß es auch vor dem Feuer ein häßliches Gebäude gewesen war. Es kauerte regelrecht dort, mit Reihen winziger Fenster, die wie haßerfüllte Augen die Schönheit der Berge anstarrten. Es stellte nicht mehr als eine leere Hülle dar, der Rückenpanzer eines riesigen Käfers, der am Straßenrand verendet war.
    Den Geschichten zufolge, die Travis gehört hatte, war in dem Gebäude ein Waisenhaus untergebracht gewesen. In den Tagen der Großen Depression gebaut, war das Beckett-Strange-Heim

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