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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Wolken aufgerissen, und das Land erstrahlte im Licht des zunehmenden Mondes. Sie sah nach unten, und da bemerkte sie sie: eine Reihe kleiner Abdrücke in der frischen Schneedecke. Fußspuren.
    Sie führten zum Rand des Hügels, auf dem sich das Schloß erhob, und verschwanden dann in der Tiefe. Grace starrte angestrengt in die Richtung, in die die Fußspuren führten. Ihr Blick glitt über weiße, leuchtende Felder bis zu einer schwarzen Silhouette am Horizont. Die Wipfel des Dämmerwaldes.
    Grace vermochte nicht zu sagen, wie lange sie aus dem Fenster geschaut hatte. Ein Frösteln brachte sie zurück in die Gegenwart. Wer oder was auch immer aus dem Fenster gesprungen war, war schon längst weg. Sie schloß das Fenster, dann machte sie sich auf den Weg zurück zu ihrem Gemach.
    Auf halber Strecke bog sie um eine Ecke und keuchte erschrocken auf. Keine zwölf Schritte von ihr entfernt stand ein Mann vor einer Tür. Grace nahm zumindest an, daß es sich um einen Mann handelte, denn sie konnte sein Gesicht nicht sehen, da er von Kopf bis Fuß in eine pechschwarze Kutte gehüllt war. Er hielt ein Messer in der Hand und schnitzte damit etwas in die Tür.
    Grace wußte nicht genau, wie sie sich verhalten sollte. Dann sagte sie: »Hallo.«
    Die vermummte Gestalt erstarrte. Dann flog der von der Kapuze verhüllte Kopf in Graces Richtung, aber sie konnte noch immer kein Gesicht erkennen. Sie trat einen Schritt näher heran. Die Gestalt drehte sich um und rannte davon, wobei die Kutte wie schwarze Flügel hinter ihr her flatterten. Etwas fiel scheppernd zu Boden.
    Grace hob eine Hand. »Wartet!«
    Es war zu spät. Der Fremde bog um eine Ecke und war verschwunden.
    Grace schüttelte den Kopf. Warum sollte irgend jemand Angst vor ihr haben? Sie ging zu der Tür, vor der der Fremde gestanden hatte. Da. Es war so klein, daß es ihr bestimmt nie aufgefallen wäre, wenn sie nicht gesehen hätte, wie er es getan hatte. In die obere linke Ecke der Tür war ein Symbol geschnitzt worden. Es bestand aus zwei gebogenen Linien:

    Egal, wie lange sie es auch betrachtete, sie wurde aus dem Symbol nicht schlau. Sie seufzte. Sie war zum Denken viel zu müde. Morgen konnte sie Aryn oder Durge herführen. Vielleicht wußte einer von den beiden, was das Symbol bedeutete. Vielleicht hatte es etwas mit einem der Mysterienkulte zu tun. Grace wandte sich von der Tür ab, und ein silbernes Glitzern fiel ihr ins Auge. Sie hob den Gegenstand auf. Es war ein kleiner Dolch mit schwarzem Knauf. Der Fremde mußte ihn bei seiner Flucht verloren haben. Sie steckte ihn hinter ihren Gürtel und setzte sich wieder in Bewegung. Sie konnte nicht sagen, warum das so war, aber aus irgendeinem Grund schien der Dolch wichtig zu sein.
    Sie erreichte ihr Gemach, ohne einer weiteren Seele zu begegnen, und schlüpfte hinein. Sie streifte sich hastig – es war kalt in ihrem Gemach – das Gewand herunter und fand im Mondlicht den Weg zu ihrem Bett. Als sie die Decke zurückzog, erstarrte sie. Mit zitternder Hand hob sie etwas von ihrem Kopfkissen auf.
    Es war ein Zweig Immergrün. Sie erinnerte sich an hellbraune Augen, die sie angestarrt hatten, und sie mußte an die kleinen Fußspuren im Schnee denken. Dann gingen ihr die Worte der Magd Adira durch den Kopf. Das Kleine Volk muß sich daran zu schaffen gemacht haben … Grace hielt den Zweig fester. Sie wußte zwar nicht, was er bedeutete, aber eines war klar.
    Etwas Unheimliches trieb sich in den Gängen Calaveres herum.
     
     

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