Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Schöpfung

Die letzte Schöpfung

Titel: Die letzte Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
Vom Netzwerk:
fast acht Zentimetern Länge. Sein älterer Bruder Doug hatte es ihm zum sechzehnten Geburtstag geschenkt. Die Waffe eines Feiglings, hätte ihr Vater dazu gesagt. Aber er wusste nicht, was es bedeutete, sich in einer bigotten Kleinstadt des Südens verteidigen zu müssen, wenn man das Kind eines Armeeangehörigen war. An solchen Orten trugen die Jungs schärfere Waffen als Messer mit sich und gingen auf jeden los, der sich nicht verbissen wehrte.
    »Zeig bloß keinem, dass du so ein Teil hast«, hatte Doug Ethan gewarnt. »Und benutz es nur, wenn alles andere versagt.«
    Ein paar Jahre später war Doug im Irak von einer tödlichen Kugel getroffen worden. Seitdem bedeutete Ethan das Messer mehr als eine Waffe. Es war das Vermächtnis seines Bruders, und er trug es immer bei sich, während der Jahre in der Armee ebenso wie als Offizier der Firma. Mehr als einmal hatte es ihm das Leben gerettet, denn in Situationen wie diesen war eine Pistole viel zu laut und umständlich.
    Ethan ließ das Messer aufschnappen, hielt die Klinge nach unten gerichtet. Vorsichtig kroch er vorwärts, mied die sumpfigen Stellen und hielt sich hinter dichtem Gestrüpp verborgen.
    Zuerst hörte er die Kinder: ein erschrockener Aufschrei, gedämpft, aber deutlich zu vernehmen. Dann sah er sie am Rande eines schnell fließenden Baches. Danny war ausgerutscht, und Callie half ihm wieder auf die Beine. Beide merkten nichts von dem Mann, der ihnen folgte.
    Ethan nahm die Klinge zwischen Daumen und Zeigefinger, dann schleuderte er das Messer auf den Unbekannten. Es bohrte sich unterhalb der rechten Schulter in seinen Rücken. Der Mann stöhnte, kippte vornüber, taumelte. Dennoch gelang es ihm, stehen zu bleiben. Er wollte sich umdrehen, war aber zu langsam. Ethan war schon bei ihm, packte seinen rechten Arm und zwang den Mann, die Pistole fallen zu lassen. Gleichzeitig verpasste er ihm mit dem Ellbogen einen Kinnhaken. Der Mann kippte nach hinten und schrie vor Schmerz, als er zu Boden fiel und das Messer sich tiefer in seine Schulter bohrte. Er rollte sich auf den Bauch.
    Ethan packte ihn am Kragen, hob den halb Bewusstlosen hoch und sah ihm ins Gesicht. Ein dünner Blutfaden rann aus dem Mund des Mannes. »Du bist bloß noch am Leben, du Scheißkerl, weil ich etwas von dir wissen will.« Er schüttelte den Mann. Der stöhnte laut. »Für wen arbeitest du? Und warum verfolgst du diese Kinder?«
    »Leck mich.«
    Ethan packte den Messergriff, und der Mann kippte zur Seite. »Was war das?«, sagte Ethan und schaute zum Bach hinüber, auf der Suche nach Danny und Callie.
    Sie waren verschwunden. »Was…« Er hatte erwartet, dass sie stehen blieben, sobald sie ihn sahen. Nur hatte er vergessen, dass sie vor ihm auf der Flucht waren. »Verdammt!«
    Er zog sein Messer aus dem Rücken des Mannes, wischte das Blut ab, und steckte es in die Tasche. Dann zog er die Glock und richtete sie auf den am Boden Liegenden. »Bleib schön liegen, wir sind noch nicht fertig miteinander.«
    Ethan ließ den Bewusstlosen liegen, eilte über den glitschigen, laubbedeckten Waldboden und überquerte den Bach mit den moosbewachsenen Steinen. Am anderen Ufer schritt er schneller aus, brach durch die letzten Bäume und erreichte den Highway in dem Augenblick, als eine grüne Rostlaube losfuhr. Danny und Callie saßen vorn neben dem Fahrer.
    Danny schaute durch das Rückfenster und sah Ethan, als sie vorbeifuhren. Mit angstvollem Blick starrte der Junge auf die Straße. Ethan fuhr herum und sah einen aufgemotzten schwarzen Ford Pick-up, der die Verfolgung aufnahm. Im nächsten Augenblick hatte er begriffen: Das war ein Spießgeselle von dem Mann im Wald.
    Ethan sprang auf die Straße, die Waffe im Anschlag, und stellte sich dem Ford entgegen. Er zielte auf den Kopf des Fahrers, auf den dunklen Fleck hinter der Windschutzscheibe, und zählte: fünf, vier, drei…
    Mit kreischenden Reifen kam der Truck zum Stehen. In gleichmäßigen Abständen grollte der Motor auf. Der Fahrer überlegte anscheinend, ob er den Angriff wagen sollte…
    »Nun komm schon, du Mistkerl!«, fluchte Ethan. »Lass uns Fangen spielen.«
    Wieder heulte der Motor auf. Ethans Finger zuckte in Richtung Abzug.
    Plötzlich ertönte eine Sirene hinter Ethan, näherte sich mit rasender Geschwindigkeit auf der schmalen Landstraße. Der Fahrer des Tracks rammte den Rückwärtsgang ein, drehte schlingernd auf dem Seitenstreifen und raste in der entgegengesetzten Richtung davon. Ethan sprang gerade noch rechtzeitig

Weitere Kostenlose Bücher