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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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fast in Höhe der Wolken.
    Die Gerüchte liefen um, verbreiteten sich in Windeseile, wurden ausgeschmückt und maßlos übertrieben. Das einzig Sichere war, dass für sie die Arbeit mehr und der Maisbrei weniger geworden war, und wenn sie nicht Äpfel ernteten, die nach Daligar geschickt wurden, mussten sie im schlammigen Boden Schützengräben ausheben. Am Schlafsaal war eine richtige Tür mit Riegel angebracht worden. Seitdem die arme Iomir von dem Ungeheuer geraubt worden war, mussten sie stets in Zweiergruppen arbeiten, wobei jeder für den anderen verantwortlich war und vor Tracarna und Stramazzo Rechenschaft abzulegen hatte. Zum Glück war Robi mit Cala zusammen. Von allen scheußlichen Arbeiten, die Robi schon hatte tun müssen, waren Schützengräben das Schlimmste. Das Erdreich war weich und glitschig und rutschte wieder und wieder weg. Darin gab es Würmer und eine Art von behaarten Raupen, die scheinbar schliefen, einem aber, wenn sie aufwachten, scheußliche Bisse zufügten, die noch stundenlang wehtaten.
    Die Idee zu den Schützengräben stammte von Stramazzo, der von militärischer Strategie genauso viel verstand wie von Astronomie, das heißt null Komma null nichts, da es ja nur einem Schwachsinnigen mit jahrzehntelanger Gewöhnung ans Nichtdenken in den Sinn kommen konnte, sich zum Schutz gegen ein geflügeltes Wesen in den Schlamm einzubuddeln.
    Als der Drache zum zweiten Mal erschien, wurde die Siegesgewissheit von blankem und totalem Entsetzen abgelöst. Stramazzo, der schon mit dem Drachen gekämpft und ihn durch den Angriff mit einer Kiepe in die Flucht geschlagen hatte, der also Erfahrung hatte, war zum Oberkommandierenden der Abwehr in den »peripheren Gebieten« ernannt worden, das heißt all jenen Gebieten, die außerhalb der Stadtmauern von Daligar lagen. Das hatte eine Serie von hysterischen Zuckungen zur Folge gehabt, dazwischen zum hundertsten Mal die Erzählung von der Vertreibung des Drachen. Zuerst hatten sie rings um die Sümpfe Schützengräben ausgehoben, dann hatten sie die liegen lassen, um unterhalb der Weinberge welche zu bauen, dann hatten sie angefangen, einen Erdwall aufzuwerfen, der nie fertiggestellt, sondern gleich nach Beginn aufgegeben wurde, um zur ursprünglichen Idee zurückzukehren: Schützengräben um die Sümpfe.
    Robi machte einen Augenblick Pause. Sie konnte nicht mehr. Die Arme taten ihr weh und sie hatte Blasen an den Händen. Außerdem hatte sie Hunger. Wenn Gräben ausgehoben wurden, konnte man nichts stehlen. Sie war müde, sie konnte wirklich nicht mehr.
    Es hieß, der Drache sei verwundet. Vielleicht war er tot. Vielleicht würde er nie mehr wiederkehren. Vielleicht war alles aus und verloren. Vielleicht war der Drache, den sie wieder und wieder gesehen hatte, nur ein sinnloser Traum. Vielleicht war da niemand, der kommen würde, um sie zu retten, weder sie noch irgendwen von den anderen. Alles würde bleiben wie immer.
    Plötzlich, da: ein paradiesischer Anblick. Etwas huschte durch den Schlamm. Die Hoffnung kehrte wieder, der Geist lebte auf. Die größte Maus, die Robi je gesehen hatte, war vorübergelaufen. Nicht nur sie, auch Cala hatte sie gesehen. Die beiden Mädchen wechselten einen Blick: Fleisch. Und zwar viel. Eine ganze Maus, eine von diesen großen, eine Ratte, eine echte, fette Ratte.
    Als sie ins Waisenhaus gekommen war, hatte man ihr Kleider, Schuhe und auch den dicken Schal aus grober Wolle, die Mama gesponnen hatte, abgenommen, aber ihre Schleuder hatte Robi retten können. Die hatte Papa ihr gemacht. Es war ein Lederriemen, der in der Mitte breiter wurde, um einen Stein einzulegen. Die hatte Robi über alle Durchsuchungen hinweg gerettet, mit Strohfäden ins Innere ihrer schmuddeligen Jacke genäht.
    Tracarna und Stramazzo waren am anderen Ende des sehr langen Grabens, und vor allem hatten Robi und Cala noch nicht um die Erlaubnis zum »Austreten« gebeten, auf die jeder »Kinderarbeiter« einmal am Tag Anspruch hatte. Die beiden Mädchen stürzten sich in die Jagd auf die Ratte, die zum Glück hinter ein Gebüsch aus Weißdorn und Brombeeren floh, das am Waldrand die Lichtung säumte. Dort war es Robi möglich, ihre Schleuder hervorzuholen, einen Stein zu nehmen und zu zielen, ohne dass jemand etwas sah. Pam . Ein schneller, präziser Schuss. Das Tier fiel um. Die beiden Mädchen stürzten wieder zurück an ihre Plätze im Graben. Langsam und erbarmungslos schleppte der Tag sich dahin bis Mittag, da musste sich dann jeder Junge und

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