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Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Titel: Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed Stuhler
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zu gestalten, dass es ein Übergang wurde.
      Es hat mich eben doch traurig gemacht, dass das eigentlich nie so richtig anerkannt worden ist und dass man es kaum gewürdigt hat. Vor allen Dingen in den ersten Jahren, die sehr schwierig waren! Und dass es eben auch heute noch in der Zeitung heißt, Dr. Keller, der letzte Kulturminister der DDR 38 . Das habe ich unlängst gelesen. Und wenn man jetzt anfängt, die Sache aufzuarbeiten, dann halte ich das schon für eine sehr gute und richtige Sache. Und wenn man ein bisschen die Arbeit der Leute von damals, und das sind nicht nur die Minister, sondern auch die Staatssekretäre und wer sonst alles mitgemacht hat, würdigt, dann wäre das für alle sicher eine wirkliche Anerkennung.«
      »Wenn man jetzt nachträglich die Reden hört«, äußert sich Markus Meckel enttäuscht, »die an die Vereinigung, an diese ganze Umbruchszeit erinnern, dann ist die Rede von der friedlichen Revolution, von den Hunderttausenden auf den Straßen, vom Fall der Mauer und von den Großen der Politik: Gorbatschow, Bush und Kohl. Manchmal wird noch Hans-Dietrich Genscher erwähnt – und dann war es das. Die frei gewählte, demokratische DDR-Regierung und das Parlament kommen gar nicht mehr vor.«
      Peter-Michael Diestel: »Ich weiß nicht, wie wir es geschafft haben, aber es ist alles geschafft worden. Und, ganz nebenbei, das sage ich mit sehr, sehr viel Stolz, es ist auch friedlich gemacht worden. Das vergessen heute viele. In diesem in den letzten Jahrzehnten nach

    Dietmar Keller war bis 18.März 1990 Kulturminister im Kabinett Modrow.

    2.10.1990, Strausberg bei Berlin, Letzter Hoheitlicher Akt der DDR: Einholen der Flagge im Ministerium für Abrüstung und Verteidigung bei Abspielen der DDR-Nationalhymne

    dem 2. Weltkrieg doch bedeutendsten politischen Ereignis in Mitteleuropa ist nicht ein einziger Schuss gefallen! Es hat keine militanten Demonstrationen gegeben. Es hat Demonstrationen gegeben, aber keine militanten. Es war alles friedlich. Das heißt, die Sicherheitskräfte haben sich an die neuen Gepflogenheiten gehalten. Die Unzufriedenen haben den friedlichen Prozess der Demokratie akzeptiert. Das war ein gigantisches, für mich als Christen einmaliges Erlebnis.
      Der 3. Oktober war ja für uns, die De-Maizière-Regierung, für alle, die in der Volkskammer waren und diesen Prozess bewusst gestaltet haben, ein politisches Ziel. Als Generalsekretär der DSU war ich der Erste, der das in die Programmatik der DSU mit aufgenommen hat. Die deutsche Einheit war unser Ziel. Dafür sind wir in die Politik gegangen, dafür haben wir unsere Berufe aufgegeben, dafür haben wir ein halbes Jahr kaum geschlafen, haben ein wahnsinnig großes Abenteuer aufgenommen. Das war der Höhepunkt aller Bemühungen, aller Bestrebungen.
      Ich habe in dem Tag der deutschen Einheit kein Ende von etwas gesehen, sondern ich habe den Anfang gesehen. Also ich war sehr optimistisch und habe sehr große Hoffnungen mit diesem Tag verbunden.«
      Rainer Eppelmann sieht es etwas anders: »Emotional ist für mich der 3. Oktober nicht das Highlight meines Lebens gewesen, muss ich ganz ehrlich sagen. Das ist sehr viel mehr der 9. November ein Jahr vorher gewesen. Der 3. Oktober 1990, für mich war das, das hört sich vielleicht verrückt an, wenn ich das so sage, Abschied nehmen. Mir war klar, sehr bewusst klar, die DDR hört jetzt auf zu existieren. Die DDR war ja nicht bloß Staatssicherheit oder Indoktrination. Da habe ich ja eine Fülle von guten Erfahrungen gemacht. Dafür sind Walter Ulbricht und Erich Honecker nicht verantwortlich zu machen, aber ich habe ja auch gelebt in diesem Land, und zwar gut 40 Jahre, und da gab es eine Fülle von richtig guten menschlichen Erfahrungen!«
      »Richard Schröder gab mir ein kleines Geschenk«, erzählt der letzte Ministerpräsident. »Es war eine kleine Metallplakette, wie sie Junge Pioniere bekamen, mit einem schwarz-rot-goldenen Bändchen dran, und es stand darauf: ›Für hervorragende Dienste an der Deutschen Demokratischen Republik‹. Und das hängt noch heute an einem Nagel über meinem Bett.
      Am 4. Oktober abends bin ich krank geworden. Mein Freund Harald Mau, der von der Charité kam, sagte: ›Eigentlich ist es gar nichts. Dein Körper verlangt einfach nach einer Woche Schlaf und wehrt sich gegen die Übernächtigung.‹ Als die Politik begann im Herbst 1989, als ich quasi CDU-Vorsitzender wurde und als die ganze Geschichte losging, wog ich 65

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