Die letzten Tage der Solaren Welten
Entscheidungen stehe.
Wenn es darum geht, sich über die Richtung klar zu werden, in die man gehen muss und dabei weiß, dass man diese Richtung für lange Zeit nicht mehr ändern kann.
Marina III erschien mir wie das Paradies. Ich kann mich an kaum einen Augenblick erinnern, in dem der Himmel nicht strahlend blau war. Später erfuhr ich, dass dies damit zu tun hatte, dass wir mit unserem Algensammler dem schlechten Wetter auswichen. Vor allem den schier unglaublich heftigen tropischen Gewittern am Ende des Tages.
Der Begriff »Tag« hatte auf diesem Planeten ohnehin eine etwas andere Bedeutung.
Die 52 Lichtjahre entfernte Sonne Marina ist ein brauner Zwerg, das bedeutet, seine Lebenszone liegt so nahe am Zentralgestirn, dass die betreffenden Planeten irgendwann ihre Rotation verlangsamen und mit der Sonnenrotation synchronisieren.
Der Tag auf Marina III dauerte drei Standardjahre und war damit etwa doppelt so lange wie das astronomische Jahr des Planeten. Zu Beginn des Raumzeitalters hatte man geglaubt, dass Leben auf solchen Welten unmöglich sei, selbst wenn sie über günstige Temperatur- und Schwerkraftwerte sowie über flüssiges Wasser und genug Sauerstoff verfügten. Aber das war ein Irrtum gewesen. Die planetaren Klimaausgleichssysteme waren viel leistungsfähiger, als man es ihnen lange Zeit zugetraut hätte.
Das Leben passte sich auch an den langsameren Rhythmus des Lichtes an. Während die dem Zentralgestirn abgewandte Seite arktische Verhältnisse zeigte, herrschte auf der sonnenzugewandten Seite tropische Hitze.
Marina III war die Heimat besonders eiweißreicher Riesenalgen und genauso begehrtem Riesentang. Die Meerespflanzen begannen während des monatelangen Morgengrauens geradezu explosionsartig zu wachsen. Sie wurden auf mehr als einem Dutzend den Solaren Welten angeschlossenen Welten zu hochwertigen Syntho-Steaks und ein paar anderen für die moderne Küche und die Medizin unverzichtbaren Produkten verarbeitet.
Ich sehe mich noch am Bug des großen Algensammlers stehen, in den meine Eltern ihre gesamten Ersparnisse gesteckt hatten und der sie zwar nicht reich machen sollte, ihnen aber immerhin ihr Auskommen sicherte.
Wir fuhren vor allem in der Zone des nahen Abends. Manche der Siedler nannten dieses Gebiet auch das Meer der Dämmerung. Ein poetischer Name, der nicht ansatzweise den Zauber dieses Gebietes wiederzugeben vermag. Fast der gesamte Horizont war von der untergehenden rotbraunen Sonne Marina bedeckt, deren Licht sich in der Atmosphäre auf eine seltsame Weise brach. Manche sagten, dass dies mit gewissen Spurengasen zusammenhing, die in den höheren Luftschichten von Marina III in einem Maß zu finden waren, wie es ansonsten auf keiner anderen von Menschen besiedelten Welt der Fall war. Andere machten die Ausdünstungen des Planeten umspannenden Ozeans dafür verantwortlich. Marina III ist fast zur Gänze mit Wasser bedeckt. Es gibt nur einige wenige und recht kleine Landmassen, von denen die größte die Ausmaße von Australien besitzt.
Alle anderen Landmassen sind kaum mehr als Inseln. Die meisten davon stellen nur winzige Punkte im Ozean dar, die aus dem Orbit gar nicht erkennbar sind und die die grün-blaue Fläche des Ozeans überhaupt nicht zu unterbrechen scheinen – es sei denn, man schaltet die optische Ortung auf den größtmöglichen Zoomfaktor.
Drei Monde umlaufen Marina in ziemlich exzentrischen Bahnen, was auf irgendeine kosmische Katastrophe in grauer Vorzeit hindeutet. Das wiederum bedeutet, dass die unterschiedlichsten Gezeitenkräfte an der Wassermasse von Marina III ziehen und dafür sorgen, dass viele der Inseln durch gewaltige Wellen in regelmäßigen Abständen überflutet werden. Die damit zusammenhängende gute Durchmischung der Wassermassen hat auch ein paar äußerst positive Nebenwirkungen. Erstens dürfte sie ein wichtiger Faktor des planetaren Klimaausgleichs sein, der verhindert, dass die Sonnen abgewandte Seite in der zweijährigen Nacht völlig vereist, und zweitens war so der Sauerstoffgehalt im Wasser extrem hoch. Alles gute Wachstumsvoraussetzungen für das, was wir ernten wollten.
Ich sehe den spitzen Bug des Algensammlers durch die aufgewühlte, grünblaue See pflügen. Das Wasser schäumt. Manchmal entstehen meterhohe Schaumberge, die man natürlich zu umfahren versuchen muss. Das Zeug setzt sich sonst in alles hinein und der hohe ph-Wert ist nicht gut für die Ernte.
Der Erntevorgang geht voll automatisch. Alles was Mom und Dad zu machen
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