Das Bronze-Bataillon
Kapitel 1
»Seine Königliche Hoheit, Prinz Roger Ramius Sergei Alexander Chiang MacClintock!«
Prinz Roger lächelte sein gewohntes, leicht gelangweiltes Lächeln, als er durch die Tür trat. Dann blieb er stehen und blickte sich im Raum um, während er an den Armelaufschlägen seines Hemdes zupfte und sein Halstuch zurechtzog. Beides bestand aus Diablo-Spinnenseide, dem geschmeidigsten und zartesten Tuch der Galaxis.
Da diese Seide von riesigen, Säure speienden Spinnen bewacht wurde, war es zugleich auch das teuerste Tuch.
Was Arnos Stephens betraf, so schenkte er diesem jungen Geck, dessen Eintreten er selbst gerade eben so pompös angekündigt hatte, so wenig Beachtung wie nur möglich. Dieses Kind brachte Schande über den ehrbaren Namen der Familie seiner Mutter. Das Halstuch allein sah ja schon verboten aus, doch das bunt gemusterte Brokat-Jackett, gewiss das angemessene Kleidungsstück für einen Bordellbesuch, aber nicht für ein Zusammentreffen mit der Kaiserin des Kaiserreiches der Menschheit, war die Krönung. Nein, die Krönung war die Frisur! Stephens hatte zwanzig Jahre in der Navy Ihrer Majestät gedient, ehe er ein weiteres Rädchen im Getriebe des palasteigenen Service Corps geworden war. Der einzige Unterschied zwischen seinen Jahren bei der Navy und seinen Jahren im Palast war, dass seine kurzgeschnittenen Locken, einst pechschwarz, inzwischen silbergrau geworden waren. Der bloße Anblick der bis zum Hintern reichenden goldblonden Haare dieses possenhaften Stutzers, zu dem sich der jüngere Sohn Kaiserin Alexandras entwickelt hatte, reichte aus, um in dem alten Butler Zorn aufwallen zu lassen.
Das Büro der Kaiserin war bemerkenswert klein und schlicht; ihr breiter Schreibtisch war nicht größer als der eines Managers der mittleren Führungsebene in einer beliebigen interstellaren Firma auf der Erde. Die Einrichtung war schlicht, aber elegant; die Stühle waren zweckmäßig, aber kunstvoll von Hand gearbeitet, die Polster mit feinsten Stickereien verziert. Bei den meisten der Bilder an den Wänden handelte es sich um Originale alter Meister. Die einzige Ausnahme stellte zugleich auch das berühmteste Werk das. ›Die zukünftige Kaiserin‹ war ein nach dem Leben gemaltes Portrait von Miranda MacClintock während der ›Dolch-Jahre‹, und Trachsler, der Meister, hatte sein Motiv perfekt getroffen. Ihre großen, den Betrachter anblickenden Augen lächelten und vermittelten das Bild einer klugen Bürgerin Terras, einer loyalen Anhängerin der DolchLords. Mit anderen Worten: einer gemeinen Kollaborateurin. Doch wenn man das Gemälde lang genug betrachtete, dann wurde man von einem kalten Schauer erfasst: Die Augen der Frau veränderten sich, sie wurden zu den Augen eines Raubtiers.
Roger streifte das Gemälde nur mit einem flüchtigen Blick, ließ seine Augen weiter schweifen. Alle MacClintocks lebten unter dem Schatten dieses alten Mütterchens, obwohl Miranda MacClintock schon lange tot war. Und als der unbedeutendste – und in den Augen aller anderen am wenigsten geratene – Spross dieses Geschlechts fielen auf ihn, Prinz Roger, schon mehr als genug Schatten.
Alexandra VII., die Kaiserin der Menschheit, betrachtete mit halb geschlossenen Augen ihr jüngstes Kind. Die vorsichtigst bemessene Schärfe in Stephens ironischer Ankündigung schien dem Prinzen vollständig entgangen zu sein. Auf jeden Fall schien die deutliche spürbare Abneigung des alten Raumfahrers den jungen Mann vor ihr nicht im Geringsten zu stören.
Im Gegensatz zu ihrem auffallend gekleideten Sohn trug Kaiserin Alexandra ein blaues Kostüm derart zurückhaltender Eleganz, dass es etwa so viel gekostet haben musste wie ein kleineres Raumschiff.
Nun lehnte sie sich in ihrem Schwebesessel zurück, das Kinn in die Hand gestützt; und zum hundertsten Mal fragte sie sich, ob die Entscheidung, die sie getroffen hatte, wirklich die richtige war. Doch noch tausend weitere Entscheidungen warteten auf sie, alle davon lebenswichtig, und sie hatte auf diese eine Frage hier bereits sämtliche Zeit aufgewendet, die sie aufzuwenden beabsichtigte.
»Mutter«, begann Roger leichthin, deutete eine minimale Verbeugung an und blickte dann zu seinem Bruder hinüber, der in dem daneben schwebenden Sessel saß. »Was verschafft mir die Ehre, vor zwei derart erlauchte Persönlichkeiten gerufen zu werden?«, fuhr er dann mit einem leichten, wissenden Lächeln fort.
John MacClintock schenkte seinem jüngeren Bruder ein dünnes Lächeln und
Weitere Kostenlose Bücher