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Die letzten Tage

Die letzten Tage

Titel: Die letzten Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DANA KILBORNE
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in mein Apartment ein und …“ Hilflos zuckte sie mit den Achseln. „Ich würde einfach gern erfahren, warum ich von so großem Interesse für euch bin, wenn ich hier schon mein Leben aufs Spiel setzen soll.“
    Für einen Moment herrschte Schweigen, so intensiv, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte Zack dann, und es klang so ehrlich, dass Grazia keine Sekunde an seinen Worten zweifelte. „Seit ein paar Wochen habe ich immer wieder diesen Traum … Armageddon … Ein Sturm aus Feuer und Schwefel fegt über die Welt hinweg, die Erde tut sich auf und speit Kreaturen der Hölle aus, die so grauenvoll sind, dass allein ihr widerwärtiger Anblick einem den Verstand rauben kann. Engel fallen brennend vom Himmel, ihre Flügel schwarz und verkohlt. Und die Seelen der guten und gerechten Menschen stürzen vom immerwährenden Glück des Elysiums – dem paradiesischen Ort, an dem auch die Angeli leben – in die schwärzesten Tiefen der ewigen Verdammnis, wo sie …“ Er geriet ins Stocken. Zum ersten Mal glaubte Grazia in seinen Augen so etwas wie Schmerz zu sehen – doch der Moment war vorüber, ehe sie sich dessen sicher sein konnte. „Ich habe dich dort gesehen, inmitten des Chaos. Ich kann dir nicht sagen, welche Rolle dir in dieser letzten Schlacht zugedacht worden ist, aber eines weiß ich genau: Nur du kannst mir dabei helfen, den Untergang der Welt zu verhindern …“
    Grazia hielt den Atem an, ihr schwirrte der Kopf. Das war alles einfach zu viel für sie. Innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden wurde ihr gesamtes Weltbild komplett auf den Kopf gestellt. Und ausgerechnet von ihr erwartete Zack Hilfe? Sie war ja nicht einmal in der Lage, sich selbst zu helfen!
    Allerdings war ihr auch klar, dass die andere Seite – wie Zack sie nannte – sie vermutlich nicht erst freundlich bitten würde. Ein eisiger Schauer rieselte ihren Rücken hinab, als sie sich vorstellte, einem Wesen wie dem, das Zack in ihrer Wohnung getötet hatte, in die Hände zu fallen – oder Schlimmerem! Sie brauchte ja nur an die drei fratelli zu denken, um sich ausmalen zu können, was ihr in diesem Fall blühte.
    „Was kann ich tun?“, fragte sie heiser.
    „Hilf mir, die Bruderschaft der letzten Tage ausfindig zu machen. Ich bin fast sicher, dass die Mächte der Finsternis hinter der Reliquie her sind, die diese Leute bewachen. Es muss sich um ein sehr mächtiges Artefakt handeln, das in den falschen Händen …“
    Er brauchte nicht weiter zu sprechen, ihre Vorstellungskraft erledigte den Rest. Fröstelnd schlang sie die Arme um ihren Körper.
    Zack nahm die Wolldecke von der Couch und breitete sie über ihr aus. „Du solltest besser versuchen, ein wenig zu schlafen.“
    Grazia wusste, dass er recht hatte. Inzwischen war sie so müde und erschöpft, dass sie kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte. Trotzdem war an Schlaf nicht zu denken. Sie hatte nie zu den Menschen gehört, die sich vor der Dunkelheit fürchteten, doch die jüngsten Ereignisse ließen uralte Ängste in ihr aufsteigen. Wenn es Engel und Dämonen wirklich gab, dann existierten möglicherweise auch all die Schrecken aus ihrer Kindheit. Das Monster unter dem Bett, böse Geister und schreckliche Dinge mit Tentakeln, die nach ihr griffen, sobald sie eingeschlafen war.
    Zack schien zu spüren, was in ihr vorging, denn er nahm ihre Hand und drückte sie sanft. Sofort fühlte sie sich besser. Es war, als hätte er mit seiner Berührung etwas von seiner inneren Ruhe an sie weitergegeben. Und wie immer er das auch angestellt haben mochte, sie war ihm dankbar dafür.
    „Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte er. „Ich werde über dich wachen, während du schläfst. Niemand wird dir auch nur ein Haar krümmen.“
    Er meinte es ehrlich – sie spürte es. Aber konnte sie ihm wirklich vertrauen?
    Er ist ein Engel, schon vergessen? Wenn du ihm nicht vertrauen kannst, wem dann?
    Das Letzte, was sie sah, ehe sie die Augen schloss, war sein Lächeln. Kurz fragte sie sich, ob er wieder einmal ihre Gedanken gelesen hatte.
    Dann glitt sie hinüber in einen leichten, unruhigen Schlummer.
    Regungslos saß Zack auf der Couch und betrachtete Grazia nachdenklich, während sie schlief. Nur das schwache Licht des Mondes erhellte den ansonsten dunklen Raum. Sein silbriger Schein ließ ihr Gesicht so friedlich und sanft erscheinen wie das eines Engels.
    Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als ihm dessen bittere Ironie

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