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Die Libelle

Die Libelle

Titel: Die Libelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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»Ja?«
    »›Hör zu Michel…das ist zwar sehr nett von dir…und ich fühle mich auch geehrt. Aber tut mir leid - es ist einfach zuviel.‹ «
    Er war enttäuscht. »Aber Charlie, das musst du schon besser machen«, hielt er ihr streng vor. »Er ist Araber- auch, wenn du das bis jetzt noch nicht weißt, du ahnst es doch -, und du weist sein Geschenk zurück. Da musst du dich schon ein bisschen mehr anstrengen.«
    »›Es wäre dir gegenüber nicht fair, Michel. Es kommt öfter vor, dass Menschen sich wegen Schauspielerinnen - oder Schauspielern - in was hineinsteigern. So was kommt alle Tage vor. Aber das ist doch noch kein Grund, sich zu ruinieren…nur für eine…Illusion‹ «
    »Gut. Weiter!«
    Es ging ihr jetzt leichter von den Lippen. Sie hasste, dass er sie einschüchterte und tyrannisierte, so wie sie das bei jedem Regisseur hasste; allerdings, die Wirkung war nicht zu leugnen. »›Bei der Schauspielerei geht es doch um nichts anderes, Michel. Illusionen. Die Zuschauer sitzen unten und möchten sich verzaubern lassen. Und wir Schauspieler stehen oben und möchten euch verzaubern. Diesmal ist es gelungen. Aber deshalb kann ich dies noch lange nicht annehmen. Es ist wunderschön.‹ « Sie meinte das Armband. »›Viel zu schön. Ich kann überhaupt nichts annehmen. Wir haben euch genarrt. Weiter ist doch nichts geschehen. Theater ist ein großer Schwindel, Michel. Verstehst du, was das bedeutet? Schwindel? Es wird dir was vorgemacht.‹ «
    »Ich sage immer noch nichts.«
    »Dann bring ihn eben dazu.«
    »Warum? Geht dir jetzt schon die Überzeugungskraft aus? Fühlst du dich denn nicht für mich verantwortlich? Ein junger Mann - ein so hübscher Kerl -, der Geld für Orchideen und teuren Schmuck rauswirft?«
    »Selbstverständlich tu’ ich das. Das habe ich dir doch schon gesagt.«
    »Dann bewahre mich davor.« Er war ungeduldig, ließ sich nicht davon abbringen. »Rette mich vor meiner Verblendung.«
    »Das versuche ich ja!«
    »Dieses Armband hat mich viele hundert Pfund gekostet -sogar du kannst dir das denken. Vielleicht sogar Tausende. Vielleicht habe ich es auch für dich gestohlen. Jemand dafür umgebracht. Mein Erbe verpfändet. Alles für dich. Ich bin wie berauscht, Charlie! Erbarm dich! Üb deine Macht aus.«
    Im Geiste hatte Charlie sich auf den Platz neben Michel gesetzt. Die Hände im Schoß gefaltet, lehnte sie sich vor, um ihm ernst ins Gewissen zu reden. Sie war wie eine Krankenschwester zu ihm, wie eine Mutter. Eine Freundin.
    »Ich erkläre ihm, dass er enttäuscht wäre, wenn er mich in Wirklichkeit kennen würde.«
    »Die genauen Worte, bitte.«
    Sie holte tief Atem und wagte den Sprung: »›Schau, Michel, ich bin ein ganz gewöhnliches Mädchen. Ich hab’ zerrissene Schlüpfer an, und mein Bankkonto ist überzogen, vor allem aber bin ich keine Jeanne d’Arc, glaub mir. Ich bin weder Jungfrau noch Soldat, und der liebe Gott und ich haben kein Wort mehr miteinander gewechselt, seit sie mich aus der Schule geworfen haben, weil‹ - das werde ich jetzt nicht sagen - ›ich Charlie bin, ein nichtswürdiges kleines europäisches Luder.‹ «
    »Ausgezeichnet. Weiter!«
    »›Michel, du musst dir das aus dem Kopf schlagen. Ich meine, ich tu’, was ich kann, um dir dabei zu helfen, einverstanden? Also, nimm dies hier zurück, behalt dein Geld und deine Illusionen - und vielen Dank. Ehrlich, vielen, vielen Dank. Aus und Abgang.‹ «
    »Aber du willst doch gar nicht, dass er seine Illusionen behält«, wandte Joseph trocken ein. »Oder doch?« »Schön, soll er seine Scheiß-Illusionen aufgeben!«
    »Und wie geht es nun zu Ende?«
    »So wie eben. Ich hab’ das Armband auf den Sitz neben ihm gelegt und bin raus. Vielen Dank, Welt, und Wiedersehn! Wenn ich mich beeile, erwische ich vielleicht noch den Bus und komme gerade noch rechtzeitig zum Gummi-Huhn im Astral .«
    Joseph war erschrocken. Sein Gesichtsausdruck verriet das, und seine Linke ließ in einer unbezahlbaren, wenn auch knappen, flehentlichen Geste das Lenkrad los.
    »Aber Charlie, wie kannst du nur? Bist du dir denn nicht darüber im klaren, dass du mich vielleicht dazu bringst, Selbstmord zu begehen? Oder die ganze Nacht durch die verregneten Nottinghamer Straßen zu irren? Allein? Während du neben meinen Orchideen und meinem Briefchen in der Wärme deines eleganten Hotels liegst?«
    »Elegant! Himmel, selbst die Scheiß-Flöhe sind klamm.«
    »Hast du denn überhaupt kein Verantwortungsbewusstsein? Ausgerechnet du, die du

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