Oversexed & underfucked: Notgeil auf Mallorca
Palma de Mallorca,
Flughafen, 23 Mio. Passiere im letzten Jahr, Waaahnsinn
„Wo müssen wir jetzt hin?“, frage ich Stephano, der fröhlich neben mir hergeht.
„Da vorne ist der Ausgang“, sagt mein Freund lapidar und ich beginne zu ahnen, dass irgendetwas faul ist.
Trotzdem laufe ich einfach weiter, der schwere Koffer zieht an meinem Arm. Vor dem Gebäude parkt eine riesige Herde von Taxen. Stephano packt meine Hand und zieht mich zu einem der weißen Wagen, schubst mich auf die Rückbank, während der Chauffeur unser Gepäck im Kofferraum verstaut.
„Wohin?“, fragt der vierschrötige Kerl in schönstem Deutsch, nachdem er wieder hinters Lenkrad gekrabbelt ist.
„Vamos a la playa Ballermann“, antwortet Stephano breit grinsend.
Er trägt ein Hawaiihemd, weiße Shorts, Flipflops, dazu eine Sonnenbrille und einen Strohhut. Stephano meint, damit würde er unter den Touristen nicht auffallen. Dass er wie ein verkleideter Kanarienvogel daherkommt scheint ihn nicht zu stören, und die Blicke auch nicht, die er mit seinem Outfit auf sich zieht.
Ich bin normal in Jeans und T-Shirt unterwegs. Einziges Zugeständnis: keine Socken. Alle anderen Touris in unserem Alter laufen umher wie ich, doch Stephano beharrt auf seiner These. Mein Liebster kann so starrköpfig sein. Ich finde das niedlich, doch manchmal …
„Ballermann“, sagt der Fahrer schon nach zwanzig Minuten.
„Grazias“, parliert mein Freund und zahlt, während ich die Meute buntgekleideter Menschen betrachte, die den Strand bevölkern.
Überall sitzen, stehen, liegen Urlauber, zumeist mit Bäuchen ausgestattet, in die locker ein Fußball passen würde. Daher also der Name ‚Ballermann‘. Schönheit scheint hier ein so seltenes Gut zu sein, wie Reichtum in den Slums. Ich kann jedenfalls nirgends etwas entdecken, das auch nur annähernd Laufstegqualitäten vorweist. Dennoch, Stephanos Outfit ist weiterhin rekordverdächtig auf der Skala der Geschmacklosigkeit.
„Ray, Darling, träum nicht“, säuselt Stephano und öffnet mir die Tür.
Mein Liebster ist wie ausgewechselt, zuvorkommend und so gut gelaunt, dass ich sehr auf der Hut sein muss. Irgendwas stimmt hier nicht.
„Wo ist unser Hotel?“, frage ich argwöhnisch, als wir am Bordstein stehen, neben uns unsere Koffer, und das Taxi davonbraust.
„Sei mal spontan, wir suchen uns
selbst
eines aus“, sagt Stephano euphorisch, „Ich wollte keines aus dem Katalog nehmen, sondern hier, vor Ort, das Schönste für uns finden.“
Mein Freund, der Volltrottel.
„Oookay“, sagt er zwei Stunden später, „Es war eine Scheißidee.“
Wir haben die gesamte erste und zweite Reihe den ganzen Strand entlang abgesucht. Nada. Nichts. Kein Zimmer frei. Meine Arme schmerzen, da ich die ganze Zeit meinen Koffer schleppen muss. Ich schwitze, bin durstig und habe Hunger.
„Und nun?“ Missmutig gucke ich Stephano an.
„Wir gehen jetzt schön essen, und danach sieht die Welt
ganz
anders aus“, sagt mein wahnsinniger Freund.
„Zweimal die Neptunplatte, bitte“, bestellt er kurz darauf bei dem genervt guckenden Kellner. „Und zwei Aqua con gas“, fügt er hinzu.
Wir sitzen in einem der vielen Lokale, die in dichtem Schulterschluss den Strand säumen. Plötzlich fühle ich eine Hand auf meinem Knie, die sich zielsicher nach oben schiebt und Stephano beugt sich zu mir
„Ich bin scharf auf dich“, raunt er.
„Wie kannst du
jetzt
an Sex denken?“, zische ich, wobei ich einen schnellen Blick nach links und rechts werfe.
Die anderen Gäste glotzen zu uns herüber, wahrscheinlich weil sie Stephano für eine Art Rockstar inkognito halten, mit seinem lächerlichen Hut und der riesigen Brille. Womöglich denken sie, er sei Hansi Hintergucker – oder wie auch immer dieser Volksmusik Barde heißt – jedenfalls stehen wir im Mittelpunkt des Interesses.
„Ich denke immer an – Sex – wenn ich dich anschaue“, sagt mein Freund im schönsten Bariton, der mir bis in den Schwanz vibriert.
„Neptune Platte, bitteschöne“, sagt in diesem Moment der Kellner und knallt zwei überladene Edelstahlplatten vor uns auf die karierte Tischdecke. „Aqua sin gas“, setzt er hinzu, stellt zwei Gläser und Flaschen auf eine frei Ecke des Tisches und verschwindet hurtig.
„Merde“, murmelt Stephano und guckt von der Platte zum Wasser. „Soll ich mit den Fingern essen? Was ist das überhaupt alles für Zeug?“
„Liebster,
du
hast bestellt“, flöte ich und schnappe mir eine
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