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Die Libelle

Die Libelle

Titel: Die Libelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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als Heranwachsender hatte, beunruhigt gewesen.
    Am beeindruckendsten empfanden hinterher alle die Lautlosigkeit, mit der sich alles abspielte. Selbst während er noch darauf wartete, dass die Droge wirkte, hörte Litvak trotz des vorüberrauschenden Verkehrs deutlich, wie eine Sonnenbrille zerbrach, und einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete er, es sei Yanukas Genick, was alles kaputtgemacht hätte. Zuerst dachten sie, Yanuka habe es fertiggebracht, die falschen Nummernschilder und Papiere für seine Weiterfahrt zu vergessen oder verschwinden zu lassen, doch dann fanden sie sie zu ihrer Freude säuberlich in sein elegantes Handköfferchen verstaut unter einer Reihe handgenähter Seidenhemden und grellfarbiger Krawatten, die sie sich samt und sonders ebenso für ihre eigenen Zwecke aneignen mussten wie seine schöne goldene Cellini-Uhr, das goldene Gliederarmband und das vergoldete Amulett, das Yanuka mit Vorliebe über dem Herzen trug und von dem man annahm, dass es ein Geschenk seiner geliebten Schwester Fatmeh war. Ein weiterer Glücksfall bei dem Unternehmen -nicht ihr Verdienst, sondern ganz allein Yanukas - war die Tatsache, dass der Zielwagen sehr dunkel getönte Fenster hatte, die das gewöhnliche Volk daran hindern sollten zu sehen, was sich im Wageninneren abspielte. Das war eine der vielen Einzelheiten, die bewiesen, dass Yanuka das Opfer seines eigenen üppigen Lebensstils wurde. Den Wagen danach wie durch Zauberhand nach Westen und hinterher nach Süden zu bringen, bereitete keinerlei Kopfzerbrechen; wahrscheinlich hätten sie ganz normal damit weiterfahren können, ohne dass irgendeinem Menschen etwas aufgefallen wäre. Doch um ganz sicherzugehen, hatten sie einen Laster gemietet, der angeblich Bienen an einen neuen Standort bringen sollte. In dieser Gegend gibt es einen recht ansehnlichen Bienenhandel, wie Litvak sinnvoll bedachte, und selbst der neugierigste Polizist überlegt es sich zweimal, ehe er seine Nase in so einen Wagen steckt. Das einzige, was nicht vorgesehen war, war der Hundebiss: was war, wenn der Köter Tollwut hatte? Irgendwo kauften sie ein Serum und gaben ihm für alle Fälle eine Spritze.
    Nun, da Yanuka vorübergehend aus dem Verkehr gezogen war, ging es vor allem darum sicherzustellen, dass kein Mensch - weder in Damaskus noch anderswo - die Lücke merkte. Sie wussten bereits, dass er von Natur aus unabhängig und sorglos war. Sie wussten, dass er sich viel darauf zugute tat, ja, geradezu einen Kult daraus gemacht hatte, das Unlogische zu tun, dass er berühmt dafür war, seine Pläne von einem Augenblick auf den anderen zu ändern, und zwar teils aus Laune und teils, weil er mit gutem Grund glaubte, das sei die beste Art, seine Spur zu verwischen. Sie wussten, dass er seit neuestem eine Vorliebe für griechische Dinge hatte und die bewiesene Angewohnheit, unterwegs kleine Abstecher zu machen, um Antiquitäten aufzustöbern. Auf seiner letzten Fahrt war er bis nach Epidaurus in den Süden hinuntergefahren, ohne zuvor auch nur irgendeine Erlaubnis dafür einzuholen -hatte also ohne jeden ersichtlichen Grund einen großen Bogen geschlagen, der ihn von seiner eigentlichen Route weit weg geführt hatte. Diese unberechenbaren Angewohnheiten hatten es in der Vergangenheit sehr schwer gemacht, ihn zu fangen. Konnte man sie jedoch gegen ihn verwenden, wie jetzt, war das nach Litvaks kühler Einschätzung unbezahlbar, denn die eigene Seite konnte ihn dadurch genauso wenig im Auge behalten wie die Gegner. Die Einsatzgruppe bekam ihn zu fassen und ließ ihn von der Bildfläche verschwinden. Das Team wartete. Und an keiner der Stellen, wo sie sich einschalten und abhören konnten, läutete eine Alarmglocke, gab es das geringste Anzeichen von Unruhe. Falls Yanukas Auftraggeber überhaupt eine Vorstellung von ihm hatten - zu diesem Schluss kam Shimon Litvak nach vorsichtiger Einschätzung -, dann sahen sie ihn als einen jungen Mann im Vollbesitz seiner geistigen wie körperlichen Kräfte, der eine kleine Spritztour machte, um etwas zu erleben und - wer weiß? - neue Soldaten für die große Sache zu gewinnen. Damit konnte die Fiktion, wie sie jetzt unter sich sagten, beginnen. Ob sie auch enden konnte -ob die Zeit nach Kurtz’ alter Stahluhr auch reichte, dass sie richtig in Gang kam -, stand auf einem ganz anderen Blatt. Auf Kurtz wurde zweifacher Druck ausgeübt: erstens - so simpel war das - musste er Fortschritte vorweisen können, oder Misha Gavron machte ihm den Laden dicht; und

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