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Die Liebe atmen lassen

Die Liebe atmen lassen

Titel: Die Liebe atmen lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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»bedingungslos zu eigen« zu geben, und untersagte ihr sogar das eigene Komponieren, um ihre Energien ganz und gar für sich beanspruchen zu können. Sie erhoffte sich von ihm, dass er sie zu einem »besseren Menschen« mache, und als sie dafür dann einen Anderen fand, überhäufte Mahler sie mit Geschenken und bewunderte aufrichtig ihre Kompositionen, nur um ihr seinen Anspruch, geliebt zu werden, noch nahezubringen, vergeblich (Françoise Giroud, Alma Mahler oder die Kunst, geliebt zu werden , 1988).
    Anders als das Recht, geliebt zu werden, das ein natürliches Recht bleiben muss, kann die Absage an das Geliebtwerden tatsächlich ein Anspruchsrecht mit Kodifizierung werden: Das Recht, nicht geliebt zu werden , schützt den Betroffenen vor einer Liebe, die er nicht erwidert, jedenfalls vor Übergriffen auf Menschenwürde und Menschenrechte durch den unglücklich Liebenden. Es zieht dem »Nachstellen« ( stalking ) eine äußere Grenze, sanktionsbewehrt, auch wenn es unmöglich ist, dem unglücklich Liebenden eine innere Grenze aufzuerlegen. Die Zuwendung und Zuneigung des Stalkers ist eine Liebe mitunverhohlenem Machtanspruch, oft ohne jede vorausgehende Beziehung, aber auch nach einer einseitig aufgelösten: Der unfreiwillig Geliebte soll sich fügen, aus diesem Grund wird er mit allen nur denkbaren Mitteln belagert, mit Liebesschwüren und Gewaltandrohungen, Telefonanrufen und elektronischen Zusendungen, die zum Psychoterror werden; darauf freundlich zu reagieren, kann schlimme Missverständnisse zur Folge haben, denn der Stalker sieht darin einen Liebesbeweis. Dass er womöglich an einer inneren Konstellation leidet, die mit dem äußeren Objekt wenig zu tun hat und zu deren Klärung und Veränderung er sich besser einer Therapie unterziehen sollte, interessiert ihn wenig; wirksamer ist eine drohende Geld- oder Freiheitsstrafe, wie etwa der Paragraph 238 des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB) sie demjenigen in Aussicht stellt, der »einen Menschen unbefugt belästigt, indem er beharrlich 1. seine räumliche Nähe aufsucht, 2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht […] und seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt«.
    Innerhalb einer Beziehung gibt es wiederum ein natürliches Recht, nicht auf diese Weise geliebt zu werden , das zuweilen im Laufe des Zusammenseins geltend gemacht wird, etwa nicht so lasch , sondern fühlbarer, damit sich nicht die Frage aufdrängt: Wozu überhaupt? Aber auch nicht so absolut , dass dies Befürchtungen wachrufen könnte, irgendwann werde die Liebe noch in ihr Gegenteil umschlagen. Auch nicht so einseitig , also nicht nur körperlich oder seelisch oder geistig, und auf der jeweiligen Ebene nicht so fordernd , beispielsweise mit körperlichen Zudringlichkeiten, seelischen Zumutungen, geistigen Ansprüchen. Kodifiziert und mit Sanktionen bewehrt werdenkann jedoch das Recht, nicht so gewaltsam geliebt zu werden, das Schutz vor Vergewaltigung bietet, auch innerhalb einer Beziehung, in der einer der beiden sich nach zärtlichen Anfängen womöglich völlig verändert zeigt und für den Anderen zum Fremden wird, der jede Ethik, jedes Recht mit Füßen tritt. Wenn aber alle Bemühungen, auf schöne, bejahenswerte Weise geliebt zu werden, nichts fruchten, wenn umgekehrt dem Anderen nicht nur vorübergehend, sondern anhaltend keine Liebe und keine Wertschätzung mehr entgegengebracht werden kann, dann ist das Ende absehbar.

Und wenn die Liebe endet?
    Dass alles, was wirklich wird, enden wird, gilt auch für die Liebe. Sie endet, wenn auf keiner Ebene mehr irgendwelche Zuwendung und Zuneigung möglich ist: Keine körperliche Nähe, keine Gefühle füreinander, kein geistiger Austausch mehr, von einer transzendenten Erfahrung ganz zu schweigen. Ganz so, wie die entstehende Sorge um den Anderen und die Fürsorge für ihn den Anfang der Liebe charakterisieren, kündigt die nachlassende Sorge , die Vernachlässigung des Anderen durch das Selbst, des Selbst durch den Anderen, nun das Ende an. Wenn die Liebe endet, ist das noch kein Trennungsgrund. Das Ende der Liebe muss nicht das Ende der Sinngebung für die Beziehung zwischen zweien sein. Nicht nur das Wohlwollen füreinander kann die Beziehung weiter bewahren, vielleicht aus Dankbarkeit dafür, so vieles miteinander erlebt zu haben und in den Herausforderungen des gemeinsamen Lebens gewachsen und gereift zu sein. Auch auf der

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