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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Sie lächelte scheu.
    Langsam dämmerte ihm, warum Catfield so umständlich vorgegangen war: Er hatte Nina die Aufregung eines plötzlichen Wiedersehens ersparen wollen und ihren Ehemann zunächst nur angekündigt, bevor sie ihn leibhaftig zu Gesicht bekam. Braver Catfield!
    »Liebste, ich habe mir solche Sorgen gemacht, als ich dich nicht im Schlafgemach vorfand! Kannst du mir sagen, was passiert ist?«
    Nina vermied seinen Blick und schwieg. Nach einer Weile deutete sie auf ihr Gesicht.
    »Ja, ich sehe die Klappe. Ist dein Auge verletzt? Und dein Arm auch? Warte, ich werde dich sofort untersuchen. Du hast recht, es ist unwichtig, wie das alles geschehen konnte, die Behandlung ist wichtiger.« Er bat Catfield, der in diesem Augenblick dazukam, ihm seine Kiepe mit den Arzneien und Instrumenten aus dem Schloss zu holen, und schickte Anne mit einem kurzen Dank fort.
    »Nun sind wir allein, Liebste. Lass mal sehen.« Er wollte die Augenklappe abnehmen, aber Nina ließ es nicht zu. Sie flüsterte irgendetwas.
    »Was sagst du?« Er beugte sich vor, um sie besser verstehen zu können.
    »Ich … ich bin so hässlich.«
    »Es gibt nichts auf dieser Welt, was dich in meinen Augen hässlich machen könnte.« Behutsam löste er die Schnur der Klappe und musste an sich halten, um einen Ausruf des Entsetzens zu unterdrücken. Ninas Augenlider waren von entzündlicher violetter Farbe, nahezu geschlossen und angeschwollen wie ein Ball. Sie ließen sich kaum auseinanderziehen. Es war eine Verletzung, wie er sie schon häufiger gesehen hatte, doch bei Nina kam sie ihm viel schlimmer vor. Unsagbar schlimm. Bemüht, möglichst sachlich zu bleiben, sagte er: »Der Augapfel scheint intakt zu sein, allerdings dürfte die Hornhaut Schaden genommen haben.«
    »Eure Kiepe, Sir.« Catfield war zurück und übergab den Tragekorb.
    »Danke, Catfield, Ihr könnt gehen. Versucht, in dieser Nacht noch etwas Schlaf zu finden.«
    »Aye, aye, Sir.« Catfield entfernte sich, und Vitus entnahm seiner Kiepe ein irdenes Gefäß mit einem
unguentum,
dessen Trägerstoff überwiegend aus Wachs bestand. Es enthielt ein Bleipflaster und dazu Alaun und Arnika. Er hielt Nina die Salbe hin und lächelte. »Erinnerst du dich noch daran, als wir vor vielen Jahren über Augenarzneien sprachen? Es war der Tag, an dem wir uns zum ersten Mal küssten. Mir ist, als wäre es gestern gewesen.«
    Nina nickte. Ihre Lippen zuckten.
    »Weine nicht, bitte.« Er beugte sich zu ihr hinab und küsste sie auf den Mund, gerade so, wie er es damals während des Gewitters getan hatte: sacht und zärtlich und beschützend. Es war der Kuss, nach dem er sich die ganzen Wochen gesehnt hatte, der Kuss, der alles, was war, vergessen ließ – zumindest für eine Weile.
    Nina schwieg, als er seine Lippen von den ihren nahm.
    »Jetzt sind wir wieder vereint«, sagte er und begann, unendlich vorsichtig die Salbe zu applizieren. Nina hielt still, doch an ihrem raschen Atem erkannte er, dass er ihr Schmerzen zufügte. Um sie abzulenken, sagte er: »Willst du mir nicht sagen, wie das passiert ist?«
    »Nein.« Ihre Antwort kam schnell, fast zu schnell.
    Er beruhigte sie, während er ein Wundkissen auf das verletzte Auge legte. »Du brauchst nicht darüber zu reden, wenn du nicht magst.«
    »Ich … ritt aus und bin gestürzt.«
    »Wann war das?«
    »Es liegt Wochen zurück. Ein Zweig bohrte sich in mein Auge, und den Arm habe ich mir auch gebrochen.«
    »Ein Unfall also«, stellte er fest und beschloss, nicht weiter zu fragen. »Zu dem Arm komme ich gleich noch. Wer hat ihn dir in die Schlinge gelegt?«
    »Der alte Doktor Burns.«
    »Burns, so, so. Was hat er dir für das Auge verschrieben?«
    »Waschungen mit Kamillenwasser.«
    »So, so«, wiederholte er. Und verschwieg, dass Waschungen mit Kamille bei einer derartigen Verletzung bei weitem nicht ausreichten. Er fixierte das Wundkissen und band die Augenklappe wieder darüber. »Nun zu deinem Arm.«
    Er nahm die Schlinge ab und untersuchte Verband und Schiene. Drückte hier und prüfte da, stellte fest, dass es gottlob ein einfacher Bruch oberhalb des Handgelenks zu sein schien, und sagte schließlich: »Das hat der Arzt mit dem Gärtner gemein – er muss sich in Geduld fassen und auf die Wachstumskräfte der Natur bauen. Du bist noch jung, Liebste. Deine Knochen werden wieder zusammenwachsen, und du wirst den Arm und die Hand wieder wie vorher gebrauchen können.«
    »Ja, Vitus.« Ninas gesundes Auge blickte traurig.
    Er bemerkte es,

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