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Die Liebe einer Frau

Die Liebe einer Frau

Titel: Die Liebe einer Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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River hergekommen, einer einspurigen Brücke, die auf zwei Bögen ruhte und in der Gegend als Höllentor oder Todesfalle verschrien war – obwohl die Gefahr mehr mit der scharfen Kurve zu tun hatte, die die Straße an ihrem südlichen Ende nahm, als mit der Brücke selbst.
    Es gab auch einen Gehweg für Fußgänger, aber den benutzten sie nicht. Sie konnten sich nicht daran erinnern, ihn jemals benutzt zu haben. Vielleicht vor vielen Jahren, als sie so klein waren, dass sie bei der Hand genommen wurden. Aber diese Zeit gab es für sie nicht mehr; sie weigerten sich, sie wiederzuerkennen, selbst wenn ihnen Beweise in Form von Schnappschüssen gezeigt wurden oder sie gezwungen waren, sich in Familiengesprächen etwas darüber anzuhören.
    Sie gingen jetzt auf dem eisernen Sims entlang, der nicht neben dem Gehweg, sondern auf der anderen Seite der Brücke verlief. Er war ungefähr zwanzig Zentimeter breit und etwa dreißig Zentimeter über dem Brückenboden. Der Peregrine River trug die inzwischen geschmolzene Winterlast aus Eis und Schnee hastig hinaus in den Lake Huron. Er kehrte gerade erst in seine Ufer zurück, nach der alljährlichen Flut, die die Auen in einen See verwandelte, die jungen Bäume ausriss und alle Boote und Hütten innerhalb ihrer Reichweite zerschlug. Gesättigt mit Erdreich, das aus den ablaufenden Wiesen in den Fluss geschwemmt wurde, und beschienen vom bleichen Sonnenlicht, sah das Wasser aus wie kochender Karamellpudding. Aber wehe, du fielst hinein, dann verwandelte es dich in Eis und schleuderte dich hinaus in den See, wenn es dir nicht vorher an den Brückenpfeilern den Schädel zertrümmerte.
    Autos hupten sie an – eine Warnung oder ein Tadel, aber sie kümmerten sich nicht darum. Sie gingen im Gänsemarsch, selbstvergessen wie Schlafwandler. Am Nordende der Brücke krabbelten sie hinunter zu den Auen und suchten die Pfade, die sie vom Vorjahr kannten. Die Flut lag so kurz zurück, dass es noch gar nicht leicht war, diesen Pfaden zu folgen. Sie mussten sich durch niedergeschlagenes Gestrüpp kämpfen und von einem schlammverkrusteten Grasbüschel zum anderen springen. Manchmal sprangen sie achtlos und landeten im Schlamm oder in Tümpeln, die das Flutwasser zurückgelassen hatte, und als ihre Füße erst einmal nass waren, passten sie nicht mehr auf, wo sie landeten. Sie stapften in den Schlamm und planschten durch die Tümpel, sodass ihnen das Wasser in die Gummistiefel floss. Der Wind war warm, er zerrte die Wolken auseinander zu aufgeräufelten Wollfäden, und über dem Fluss tummelten und stritten sich Möwen und Krähen. Bussarde kreisten in der Höhe und hielten Ausschau. Die Rotkehlchen waren gerade zurückgekehrt, und die Kuhvögel mit den orangegelben Flügeln schossen zu zweit umher und leuchteten in die Augen, als wären sie eben in Farbe getunkt worden.
    »Hätt ’ne Zweiundzwanziger mitnehm’ solln.«
    »Hätt ’ne Kaliber zwölf mitnehm’ solln.«
    Sie waren zu alt, um mit Stöcken zu zielen und Schussgeräusche zu machen. Sie sprachen mit beiläufigem Bedauern, als wären ihnen Schusswaffen ohne weiteres zugänglich.
    Am Nordufer kletterten sie hinauf zu einer Stelle mit kahlem Sand. Schildkröten legten hier angeblich ihre Eier ab. Es war noch nicht an der Zeit für dieses Ereignis, außerdem wurde die Geschichte von den Schildkröteneiern schon seit vielen Jahren erzählt – keiner der Jungen hatte je welche gesehen. Aber sicherheitshalber durchstöberten sie den Sand. Dann sahen sie sich nach der Stelle um, an der im vorigen Jahr einer von ihnen zusammen mit einem anderen Jungen das Hüftbein einer Kuh gefunden hatte, aus einem Haufen Schlachtknochen von der Flut davongetragen. Man konnte sich darauf verlassen, dass der Fluss jedes Jahr eine beträchtliche Anzahl erstaunlicher oder klobiger oder bizarrer oder vertrauter Gegenstände davonschwemmte und anderswo absetzte. Drahtrollen, eine unbeschädigte Trittleiter, eine verbogene Schaufel, einen Malzkessel. Das Hüftbein hatte sich auf dem Ast eines Essigbaums verfangen – was passend schien, denn dessen pelzige Zweige sahen aus wie Kuhhörner oder Hirschgeweihe, manche mit rostbraunen Zapfen am Ende.
    Sie platschten eine Weile umher – Cece Ferns zeigte ihnen genau den Ast –, aber sie fanden nichts.
    Cece Ferns und Ralph Diller hatten diesen Fund gemacht, und wenn er gefragt wurde, wo das Fundstück jetzt war, sagte Cece Ferns: »Ralph hat’s mitgenommen.« Die beiden anderen Jungen jetzt, Jimmy Box und Bud

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