Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)
erscheinen.
„Ich bin tatsächlich dabei, zu arbeiten“, widersprach ich und wischte den vergossenen Champagner auf. „Ich recherchiere über Natur kontra Erziehung und das menschliche Bedürfnis nach Liebe.“ Hastig klappte ich meinen Laptop zu und hoffte, dass Peter den anderen offenen Internet-Tab nicht gesehen hatte, den Tab, in dem ich Peters Horoskop gelesen hatte, was schon ein bisschen merkwürdig war, da ich normalerweise nichts mit Sternzeichen und Vorhersagen am Hut habe.
„Okay, Professor Winters, erzähl mir etwas über das menschliche Bedürfnis nach Liebe, dem ich übrigens ziemlich misstrauisch gegenüberstehe.“
„Stehst du den Menschen misstrauisch gegenüber oder der Liebe?“
„Ich stehe allen menschlichen Bedürfnissen misstrauisch gegenüber, abgesehen von dem Bedürfnis nach Wasser und grundlegenden Nährstoffen.“
„Du misstraust allen menschlichen Bedürfnissen? Durch die Bank weg?“
„Bedürfnisse sind ein soziales Konstrukt. Sie stellen eine Schwäche dar, und von daher stehe ich ihnen natürlich misstrauischgegenüber.“
„Was ist mit dem Bedürfnis zu urinieren? Macht dich das auch misstrauisch? Und meinst du, wir hätten das Wort ‚misstrauisch‘ in den letzten Minuten noch öfter benutzen können?“
„Du machst mich misstrauisch, KitKat. Und ja, wahrscheinlich wäre es möglich gewesen. Misstrauisch, misstrauisch, misstrauisch, misstrauisch, misstrauisch. Erzähl mir was von deiner Arbeit, die mich so misstrauisch macht.“
„Na ja, ich habe mich gefragt, warum so viele von uns sich von den Dingen abhalten lassen, die wir eigentlich lieben. Warum uns die Liebe anderer wichtiger ist als die Liebe zu uns selbst. Ich wollte wissen, ob es einen biologischen Grund dafür gibt, dass wir uns von unseren Träumen trennen.“ Peter runzelte die Stirn. „Ich habe eine Analogie, wenn dir das hilft?“
„Jetzt bin ich misstrauisch, was deine Analogie angeht.“
„Stell dir einfach mal vor, dass wir bei unserer Geburt alle eine Art Kompass mit auf den Weg bekommen. Wir suchen uns einen Weg zu unserem gewählten Ziel. Aber früher oder später treffen wir jemanden, der zu uns an Bord kommen will, und dadurch, dass wir ihn aufnehmen, kommen wir ein kleines bisschen vom Kurs ab.“
„Ist das Schiff, von dem zu sprichst, das große Schiff der Liebe?“
„Das Traumschiff, richtig, du kannst es letztlich aber nennen, wie du willst, Peter. Das Prinzip ist immer das gleiche. Du triffst jemanden, der an Bord kommen will, einen Passagier, und der Passagier gefällt dir, und du gefällst dem Passagier. Der Passagier ist vermutlich gut aussehend und riecht wie die männliche Version eines Schokoriegels. Also nimmst du eine winzige Kurskorrektur vor, weniger als null Komma null, null, fünf eines Grades, damit der Passagier mit dir auf deine Reise kommen kann. Wer würde nicht eine Null-Komma-null-null-fünf-Grad-Kursänderung vornehmen für einen gut aussehenden Mann, der wie ein Schokoriegel duftet? Aber nach Wochen, Monaten, Jahren hat diese Null-Komma-null-null-fünf-Grad-Kursänderung dazu geführt, dass du meilenweit von deinem eigentlichen Kurs entfernt bist, wenndu dich überhaupt noch daran erinnern kannst, wohin du einmal wolltest. Und wenn du dich daran erinnerst, ist die Kehrtwendung, die du machen müsstest, um dich wieder auf Kurs zu bringen, so groß, dass die Beziehung zu deinem Passagier, der inzwischen Teil deiner Schiffsbesatzung ist, erheblichen Schaden nehmen könnte.“
Wie immer ließ Peter Parker mich munter weiterquasseln.
„Also habe ich mir überlegt, dass es vielleicht hilfreich sein könnte, eine Art von Drop-in-Zentrum oder eine Traumräuber-Akademie einzurichten, einen Ort, wo junge Frauen sich sozusagen ihren Kompass überprüfen lassen können, und zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten in ihrem Leben. Ich dachte so an das Alter sechzehn, achtzehn und fünfundzwanzig, um sicherzustellen, dass sie wirklich genau wissen, wer sie sind und was sie gerne tun möchten, um zu gewährleisten, dass das auch Eingang findet, wenn sie sich für Kurse am College, für einen Studiengang an der Universität oder für einen bestimmten Beruf entscheiden müssen. So etwas wie ein nationales Mentorenprogramm, denn wenn das Bedürfnis, sich zu paaren, also jemanden an Bord seines Schiffes zu nehmen, biologische Gründe hat, die stärker sind als der Wunsch nach Selbstverwirklichung, beides aber wichtig für unser Glück ist, dann könnte ein Mentorenprogramm
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