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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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hab nur so getan …«, sagt Julie.
    »Du kannst nichts dafür …«, sagt Damien.
    Sie sagt, dass sie Nuit rouge nie mehr spielen werde.
    Greg sagt nichts.
    Selbst Yann ist traurig.

D ie Nacht ist voller Geräusche. Der Mond scheint, ein perfektes Viertel. Nimmt er zu oder ab? Die Jogar steht am Ufer. Sie wartet auf Odons Rückkehr. Sie weiß nicht, wann er kommen wird.
    Sie geht unter den Platanen am Fluss entlang.
    Der Boden ringsum ist trocken. Staub vermischt sich mit welken Blättern, Rinde, Zweigen. Auf der anderen Seite die Stadt.
    Sie hat beim Frühstück von dem Brand erfahren. Der Kellner hat ihr von dem Feuer erzählt, das im Chien-Fou unter dem Dach ausgebrochen ist, und von einem jungen Mädchen, das auf dem Dachboden gefunden wurde. Sie hat sofort an Marie gedacht. Marie tot … Im ersten Augenblick hat sie sich erleichtert gefühlt. Ja, ein spontanes Gefühl der Befreiung. Wenn Marie tot ist, gibt es keinen Beweis mehr, ein schändlicher Gedanke, für den sie sich sofort schämte.
    Sie schämt sich noch immer, als sie sich auf die Matratze setzt.
    Sie denkt an das Leben, das sie nicht gehabt hat, an all jene, die sie hätte haben können. Weit weg, woanders, anders.
    Sind nicht die Leben, die man nicht hat, immer die schönsten?
    Sie zieht die Sandalen aus. Ihr Kleid ist bis zu den Schenkeln hochgerutscht. Nackt, entblößt. Fast schamlos.
    Sie schließt die Augen.
    Odon kommt spät nach Hause. Er betrachtet sie. Geht den Steg hinauf, will ein dünnes Laken holen, um sie zu bedecken.
    »Geh nicht …«
    »Ich gehe nicht.«
    Er kommt zurück, setzt sich auf die Matratze, legt die Hände auf sie, Hände, die wie Liebkosungen sind. Er sieht ihr Gesicht nicht, weiß aber, dass sie viel geweint hat.
    »Erzähl …«
    »Was soll ich dir erzählen?«
    »Wie es geschehen ist … Ich will es wissen.«
    Er legt sich neben sie, schmiegt sich an ihren Rücken und schlingt die Arme um ihre Schultern.
    Er ist zutiefst betrübt.
    »Wir haben uns gestritten. Sie ist auf den Dachboden hinaufgestiegen, kurz vor Beginn der Vorstellung. Sie ist einen Teil der Nacht dort oben geblieben … Und sie hat wohl die Glühbirnen anmachen wollen.«
    Sie sieht die Bilder, rekonstruiert alles.
    Odon fährt fort.
    »Es hat einen Kurzschluss gegeben. Das Feuer ist durch eine der Steckdosen neben der Tür ausgelöst worden.«
    »Und sie konnte sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen?«
    Er zögert.
    Was soll er ihr antworten? Er müsste die Digitalis erwähnen. Kann er ihr diese Wahrheit zumuten? Dass Marie gestorben ist, weil sie es gewollt hat?
    Hat sie es wirklich gewollt …
    Er streicht ihr übers Haar, atmet seinen Duft ein. Er will sie immer noch beschützen. Solange er kann.
    »Die Feuerwehrmänner haben gesagt, die Rauchentwicklung sei sehr stark gewesen. Sie habe wohl geschlafen. Sie sei weit weg vom Feuer gewesen.«
    Er schließt die Augen. Umarmt sie fest. Er belügt sie nicht, beschützt sie lediglich.
    »Man kann also annehmen, dass sie nicht gelitten hat?«, fragt die Jogar.
    »Das kann man annehmen.«
    Seine Augen füllen sich mit Tränen. Er spricht weiter von Marie, sehr leise.
    Die Digitalis erwähnt er nicht.
    »Erinnerst du dich an früher? Wenn die Stille des Schnees sich auf der Erde ausbreitete, setzten wir uns vor den Kamin des Schlosses und sprachen von Dingen, die nie geschehen würden.«
    Er flüstert es ihr ins Ohr.
    Es ist ein Satz von Fernando Pessoa, aus einem Text, den er in dem Jahr inszeniert hat, in dem sie sich begegnet sind.
    Moosgeruch. Die Jogar schweigt einen Augenblick. Ihre Finger gleiten über die Matratze.
    In der Erde um sie herum kratzen Insekten.
    »Ich würde unsere Geschichte gern wieder aufleben lassen … aber ich weiß, es ist unmöglich.«
    Er küsst ihr Haar.
    »Das Mögliche ist langweilig, mit dem Unmöglichen hat man eine Chance.«
    Sagt er.
    Sie atmet an seiner Hand. Das Gesicht in seiner Handfläche. In der gewölbten Hand findet sie den beruhigenden Geruch wieder.
    »Du hast Nuit rouge geschrieben, nicht wahr?«
    Er antwortet nicht.
    Sie braucht keine Antwort.
    Sie weiß es.
    Sie weiß es seit dem ersten Abend, an dem er davon gesprochen hat, dass man seine Sünden sühnen muss.
    Dann hat sie Nuit rouge gesehen. Sie hat sich an die Digitalis erinnert, die am Ufer wachsen. Wild, ohne dass sich jemand um sie kümmert. Odon liebte sie, die Erde, in der sie wuchsen, roch nach Schlamm. Eines Tages, sie waren zusammen auf dem Kahn, sagte Odon, er würde gern eine Geschichte

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