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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Königsstand noch viel ungerechter, mein Kind.
    Merk dir eins, wenn wir, die wir regieren, nicht irgendeine Krone trügen, würde man uns am nächsten Baum aufknüpfen. Soviel zu unserem christlichen Wert. Siehst du, stehlen kann jeder - dafür geliebt werden, das ist die Kunst.«
    Schließlich schlief Joanna wieder ein, doch Alienor verbrachte die Nacht hellwach. Der August stand bevor. Schon jetzt war es in Mirebeau stickig, und es gab kaum eine Möglichkeit, sich zu waschen.
    Ihre Gefühlsregung machte sich endlich in einem hysterischen Ge-lächter Luft, das sie mit ihrem Handrücken auf dem Mund erstickte, um Joanna nicht wieder aufzuwecken.
    Es war kurz vor Morgengrauen, als ein Pochen sie weckte. Alienor erhob sich rasch und eilte zur Tür. Sie war nicht im geringsten eitel, doch normalerweise hätte sie nie zugelassen, daß man sie in ihrem Alter in einem derartigen Zustand sah - mit offenen Haaren, nur in einem Nachtgewand. Indessen dachten diesmal weder sie noch der Mann, der sie weckte, an das Ungewöhnliche des Anblicks, den sie bot.
    »Euer Gnaden«, flüsterte er, »die Wächter glauben, sie können etwas erkennen - eine Armee kurz vor Mirebeau.«
    »Das ist doch nicht möglich«, sagte Alienor tonlos.
    Joanna war inzwischen ebenfalls wach. Sie gab dem Mädchen ein Zeichen, sich schnell anzukleiden, und tat dasselbe. Ihre durchscheinenden, zarten Hände zitterten, als sie mit Joannas Hilfe ihre Haube befestigte. Konnte es… konnte es…
    Leise, um die noch schlafenden Menschen nicht zu wecken, eilten sie beide den Gang entlang und auf den Südturm. Inzwischen war die Dämmerung angebrochen; im Morgendunst konnte man ein Banner erkennen - das Löwenbanner der Plantagenets. Joanna fiel ihrer Großmutter um den Hals. »Es ist Vater«, sagte sie jubelnd, »es ist Vater, er ist es!« Alienor nickte nur.

    Wie sich später herausstellte, hatte ihn einer der Boten in der Nacht zum dreißigsten Juli erreicht; er hatte weniger als zwei Tage gebraucht.
    Johns Ankunft kam für Arthur und die Lusignans völlig überraschend, mehr noch, sie war eine Katastrophe. Daß die Belagerer alle Tore bis auf eines hatten zumauern lassen, erwies sich jetzt als Falle, doch auch so wären sie der Übermacht von Johns Heer nicht gewachsen gewesen. Geoffrey de Lusignan wurde ohne Widerstand gefangengenommen.
    Als John, deutlich von seinem Gewaltmarsch gezeichnet und fast am Rande der völligen Erschöpfung, aber gehalten vom grimmigen Triumph in der Burg eintraf, wurde er von einer begeisterten Joanna begrüßt. Er drückte sie an sich und küßte sie, doch seine Augen suchten seine Mutter. Alienor trat auf ihn zu, und dann sprach sie aus, worauf er, das wußte sie, sein ganzes Leben lang gewartet hatte.
    »Du kannst mehr als stolz auf dich sein, John. Selbst Richard hätte es nicht besser machen können.«
    John schwieg einen Moment und schloß kurz die Augen, doch als er sie wieder öffnete, kam die Antwort schnell und verletzend: »Ich hätte es mir denken können, Euer Gnaden, daß dies das höchste Lob sein könnte, zu dem Ihr fähig seid - ein Vergleich mit meinem vollkommenen Bruder.«

    Bevor John Mirebeau wieder verließ, um in die Normandie zurückzukehren, ließ er noch seinen Neffen Arthur vor sich führen.
    Arthur ähnelte weniger Geoffrey als Hal; mit dem gleichen verstockten Trotz wie sein längst verstorbener Onkel rief er, kaum daß er vor dem englischen König stand: »Ich wollte mir nur nehmen, was mein war, und ich werde es noch tun! Ich habe ein Recht auf die Krone.
    Mein Vater war Euer älterer Bruder, und damit bin ich Richards Erbe und nicht Ihr, und…«
    »Du beweist deine königlichen Anlagen sehr gut«, unterbrach ihn John schneidend, »wenn du deinen Kampf damit beginnst, deine Großmutter gefangennehmen zu wollen.«

    Arthur hatte das gute Aussehen der Plantagenets, doch jetzt waren seine hübschen Züge von Haß und Verachtung verzerrt. »Ihr seid wahrhaftig der Richtige, um mir das vorzuhalten«, entgegnete er beißend, »Onkel! Ihr wart es doch, oder nicht, der erst seinen Vater und dann seinen eigenen Bruder verraten hat, und es in beiden Fällen nur tat, um zu dem Stärkeren überzulaufen? Und noch nicht einmal im Verrat wart Ihr erfolgreich - Ihr habt es ja in einem ganzen Jahr mit französischen Truppen im Rücken nicht fertiggebracht, diese alte Hexe da zu entmachten!«
    John war erstarrt. Völlige Stille herrschte. Als er sich jetzt erhob, umgab ihn etwas Erschreckendes wie ein sichtbarer

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