Die Logik des Verruecktseins
geschieht, warum hat das Bewusstsein, also Ihr Ich, trotzdem den Eindruck, entschieden zu haben, obwohl doch ganz offensichtlich »tiefer« entschieden wurde?)
Fahrer, Fahrzeug und Navigationssystem in einem
Und nun kommt ein Zaubertrick. Denken Sie sich das Auto mit seinen automatischen Fähigkeiten, das Navigationssystem und den Fahrer als eine Komplexeinheit. Verschmelzen Sie in Ihrem inneren Bild diese Substrukturen zu einer Struktur. Verkabeln Sie alle Ereignisträger und Ereignisempfänger des Systems miteinander in alle Richtungen und aus allen Richtungen. Die Untereinheiten sind jetzt nicht getrennt voneinander entstanden, nicht der eine im Schoß der Mutter, nicht der andere in der Autofertigungshalle und nicht der Dritte in einer Technikfabrik. Sondern alle zusammen und in Wechselwirkung aufeinander abgestimmt und evolutionär miteinander. Die automatischen Strukturen des Autos sind über die bewusstseinsferneren Strukturen des Autofahrers miteinander verbunden und bilden die Grundlage, auf der das Bewusstsein aufbaut. Das Navigationssystem ist Teil des Ganzen, kein nachträglicher, evolutionärer Einbau, sondern der Hauptrichtungsgeber, der die Fahrstrecke lenkt. Das Bewusstsein hat aber über weite Streckenabschnitte das Privileg, dies nicht verstehen zu müssen und sich für den allein entscheidenden Fahrer zu halten. Manches auf dieser Fahrt geschieht automatisch, anderes geschieht halbautomatisch und wieder anderes geschieht bewusst unautomatisch.
Das Bewusstsein ist die Kooperationsschnittstelle jedes »Autowesens«, durch das hindurch hauptsächlich mit anderen »Autowesen« kommuniziert wird. Die automatischen Traktionskontrollen nehmen von sich aus keinen Kontakt zu den automatischen Traktionskontrollen anderer Autowesen auf, sie benötigen dazu das Bewusstsein des Fahrers. Ebenso plaudert das Navigationsgerät nicht mit einem Navigationsgerät in einem anderen Auto. Das Bewusstsein ist aber
bahnungsfähig durch die außerhalb von ihm erzeugten Informationen und Informationsverarbeitungen. Sie als »Fahrer« folgen den Anweisungen des Navigationsgerätes, dem Sie vertrauen, beinahe blind. Das Bahnungsmedium unseres Bewusstseins sind unsere Emotionen. Das heißt: Unser Bewusstsein ist in seiner Selbständigkeit und Entscheidungsfähigkeit durch Emotionen erreichbar, es wird von ihnen beeinflusst und in eine bestimmte Entscheidungsrichtung gebahnt. Emotionen haben den Vorzug, dass sie ein Rechenendergebnisdestillat des Gehirns darstellen, das das Bewusstsein komprimiert darüber informiert, »in diese Richtung geht es, das ist wichtig, nimm das in Augenschein«. Je wichtiger die Botschaft bewusstseinsferner Strukturen des Gehirns an das Bewusstsein ist, desto dringlicher ist der emotionale Beiwert dieser Information aus der Tiefe und desto stärker wird das Bewusstsein gebahnt. Wir haben diesen Mechanismus bereits kennengelernt, als Sie im Aufzug stecken geblieben sind und in zweiter Stufe, als Sie dort auch noch mit dem Messer bedroht wurden. Ist ein schwer bestimmbarer Schwellenwert überschritten, wird der emotionale Aspekt durch das Bewusstsein hindurch - und unter Umständen gegen dessen »Willen« - für die anderen »Autofahrer« sichtbar und an diese hupend ausgeteilt. Die soziale Maske fällt. Hierdurch erleben die anderen Autofahrer, dass es da einer ernst meint.
Altruismus aus Eigennutz
Im allerengsten Sinne, fast schon überspitzt reduktionistisch gedacht, gibt es keine altruistische Umgangsweise zwischen den Autowesen. Was wie altruistische Rücksichtnahme im Straßenverkehr des Lebens aussieht, ist kein Altruismus, sondern Kooperation, und was wie Kooperation aussieht, ist letztlich Eigennutz, da nicht vorsichtig gefahren wird, um andere nicht zu gefährden, sondern eigentlich deshalb nichts riskiert wird, weil die Kosten eines Unfalls für einen selbst zu hoch sind. Das Bewusstsein als Vermittler nach außen darf davon aber nichts wissen. Es muss abgeschirmt bleiben von den eigennützlichen Interessen, um mitunter für andere überzeugend altruistisch zu
erscheinen. Das Bewusstsein glaubt an die Wertschätzungsgeschichten, die es sich mit anderen Bewusstseinseinheiten erzählt. Um möglichst effizient die eigene Ehrlichkeit erscheinen und aufscheinen zu lassen, wurden durch die Evolution »Ehrlichkeitssignale« in uns installiert, die nur deshalb ehrlich erscheinen, weil sie nicht vortäuschbar sind. Ein Beispiel ist die Gesichtsrötung, die sich bei Beschämung, Peinlichkeit,
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