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Die Luna-Chroniken: Das mechanische Mädchen (German Edition)

Die Luna-Chroniken: Das mechanische Mädchen (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken: Das mechanische Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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schrie Adri. »Jedes Mal, wenn ich aus dem Haus gehe, habe ich Angst, dass ich bei der Rückkehr vor verschlossener Haustür stehe und unsere Habseligkeiten gerade versteigert werden. Wir können doch nicht auf ihre Kosten hier wohnen.«
    »Hab Geduld, Liebling. Unser Blatt wendet sich gerade.«
    »Dass ich nicht lache!«, brüllte Adri. Ihre Stimme war jetzt so schrill geworden, dass sich Cinder inständig wünschte, die Lautstärke würde herunterreguliert. Ihr Wunsch wurde augenblicklich befolgt – es schien alles nur eine Frage ihres Willens zu sein. Sie fragte sich beklommen, welche Geheimnisse ihr Gehirn wohl noch vor ihr verbarg.
    »Unser Blatt soll sich gewendet haben? Nur weil du diese alberne Schleife auf der Messe in Sydney gewonnen hast? Von den blöden Preisen können wir kein Essen kaufen, und zu allem Überfluss haben wir jetzt deinetwegen auch noch ein Maul mehr zu stopfen – und dann auch noch einen Cyborg! «
    »Darüber haben wir doch schon oft genug gesprochen …«
    »Nein, du hast darüber gesprochen. Ich stehe ja hinter dir, Garan, aber deine Pläne treiben uns in den Ruin. Wir müssen an unsere eigenen Mädchen denken. Ich kann keine neuen Schuhe für Pearl kaufen und du schleppst so eine Kreatur ins Haus, die alles Mögliche braucht. Für die darf es wahrscheinlich alle sechs Monate ein neuer Fuß sein!«
    Cinder presste sich erschrocken an die Wand, warf einen Blick auf ihren Metallfuß, dessen Zehen anormal und riesig neben denen aus Fleisch und Blut aussahen.
    »Natürlich nicht. Der passt ihr noch ein, zwei Jahre«, sagte Garan.
    Adri unterdrückte ein hysterisches Lachen.
    »Das Bein und die Finger wachsen mit. Die müssen erst ausgetauscht werden, wenn sie erwachsen ist.«
    Cinder sah sich die Metallhand im schwachen Licht des Flurs genauer an. Ihr war bisher nicht aufgefallen, dass die Finger so locker in den Gelenken saßen, dass die Hand genau wie ihre menschliche wachsen konnte.
    Schließlich würde sie diese Gliedmaßen immer brauchen. Sie würde ihr Leben lang ein Cyborg sein.
    »Na, da bin ich aber beruhigt«, sagte Adri. »Toll, dass du dir darüber schon Gedanken gemacht hast.«
    »Hab Vertrauen, Liebling.«
    Stuhlrücken. Cinder wich zurück, aber es schenkte sich nur einer der beiden ein Glas Wasser ein. Sie hielt sich die Hände vor den Mund und tat, als trinke sie, aber selbst ihr Gehirn schien ihren Durst nicht mit Hilfe von Telekinese stillen zu können.
    »Im März präsentiere ich eine Erfindung auf der Messe in Tokio«, sagte Garan. »Und dann wird alles anders. Bis dahin musst du noch etwas Geduld mit dem Kind haben. Sie braucht nur ein wenig Geborgenheit. Vielleicht kann sie dir bei der Hausarbeit zur Hand gehen, bis wir die Androidin ersetzt haben?«
    Adri schnaubte. »Mir helfen? Wie soll das gehen, wo sie doch diesen monströsen Fuß hinter sich herschleift?«
    Das versetzte Cinder einen Stich. Eine Tasse klapperte, sie hörte, wie sie sich küssten. »Gib ihr eine Chance. Lass dich von ihr überraschen.«
    Cinder huschte fort, verkroch sich in ihrem Zimmer und schloss die Tür. Sie hatte so großen Durst, dass sie gerne geweint hätte, aber ihre Augen waren so trocken wie ihr Mund.
     
    »Hier, zieh das Grüne an«, sagte Peony und warf Cinder ein grüngoldenes Seidenbündel zu. Der dünne Stoff fühlte sich glatt an. »Wir haben zwar keine richtigen Ballroben, aber diese Gewänder sind fast genauso schön. Dieses gefällt mir am besten.« Peony hielt einen Kimono mit Kranichen auf rotem und lilafarbenem Grund in die Höhe, steckte die mageren Arme in die weiten Ärmel, raffte den Stoff und wühlte in dem Kleiderhaufen nach einer mit silbernen Fäden durchwirkten Schärpe, die sie sich um die Taille wickelte. »Sind sie nicht schön?«
    Cinder nickte unsicher. Die Seidenkimonos waren wahrscheinlich die feinsten Gewänder, die sie je in der Hand gehabt hatte, aber das änderte nichts daran, dass Peony in ihrem lächerlich aussah. Der Saum schleifte einen halben Meter über den Boden, die Ärmel baumelten ihr bis zu den Knien und trotzdem lugten die Straßenklamotten am Hals hervor und zerstörten jede Illusion. Es machte eher den Eindruck, als würde der Kimono sie verschlingen.
    »Komm, zieh deinen an!«, rief Peony. »Hier ist die Schärpe, die ich immer dafür nehme.« Sie reichte Cinder einen violett-schwarzen Stoffgürtel.
    Vorsichtig streifte Cinder die Ärmel über die Hände, damit der feine Stoff nicht an den Schrauben oder Gelenken hängenblieb.

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