Die Luna-Chroniken: Das mechanische Mädchen (German Edition)
ihr im Augenblick nicht nach Lachen zumute war. Was sollte denn an ihrer Verkabelung normal sein?
»Cinder«, fuhr der Mann fort und schob sie vorwärts, »dies ist meine ältere Tochter, Pearl, und das ist die jüngere, Peony. Und dies ist ihre reizende Mutter, Adri. Deine Stiefmutter.«
Sie sah die beiden Mädchen durch ihren braunen Vorhang aus Haaren an.
Sie gafften auf ihre Metallhand. Cinder versuchte sie irgendwie zu verdecken, aber dann fragte die Jüngere: »Hat es wehgetan, als sie die Hand an dir festgemacht haben?«
Cinder stand jetzt mit beiden Beinen auf dem Boden und löste ihre Hand aus der des Mannes. »Ich kann mich nicht daran erinnern.«
»Sie wurde unter Vollnarkose operiert, Peony«, erklärte der Mann.
»Darf ich sie mal anfassen?«, fragte das Mädchen.
»Das reicht, Garan. Die Leute gucken schon.«
Cinder erschrak über die schrille Stimme ihrer »Stiefmutter«, die aber nicht sie, sondern die Häuser auf der anderen Straßenseite im Auge hatte.
Garan. So hieß der Mann. Cinder prägte sich den Namen ein, als sie Adris Blick folgte, die einen auf sie herunterglotzenden Nachbarn fixierte.
»Hier draußen ist es eiskalt«, sagte Adri. »Pearl, bitte den Androiden, das Gepäck deines Vaters hereinzubringen. Peony, du kannst Cinder ihr Zimmer zeigen.«
»Mein Zimmer, meinst du wohl«, schmollte Pearl und schlurfte ins Haus. »Ich bin die Älteste. Warum muss ich mir ein Zimmer mit Pearl teilen?«
Cinder war überrascht, dass sich das jüngere Mädchen umdrehte, sie unterhakte und mit ihr auf das Haus zuging. Um ein Haar wäre Cinder noch einmal auf dem Eis ausgerutscht, aber als sie merkte, dass Peony auch schlitterte, war es ihr nicht mehr so unangenehm. »Pearl kann ihr Zimmer ruhig behalten«, sagte das Mädchen. »Ich teile meins mit Cinder.«
Adri sah mit verkniffener Miene auf ihre untergehakten Arme. »Macht, was ich euch gesagt habe!«
Sowie sie aus der eisigen Kälte ins warme Haus kamen, bildete sich Kondenswasser auf Cinders Stahlhand. Peony schien das nichts auszumachen.
»Ich verstehe nicht, warum Pearl sich so ärgert«, sagte sie und stieß mit der Schulter eine Tür im rückwärtigen Teil des Hauses auf. »Dies ist unser kleinstes Zimmer. Unseres ist viel schöner.« Sie ließ Cinder los und zog die Vorhänge zur Seite. »Aber von hier kannst du den Kirschbaum der Nachbarn sehen. Es sieht toll aus, wenn er blüht.«
Cinder blieb an der Schwelle stehen und sah sich in dem Zimmer um. Es kam ihr klein vor, aber es war immerhin größer als das Schlafabteil der Schwebebahn – und andere Schlafzimmer kannte sie nicht. In einer Ecke lag eine Matratze mit einer ordentlich glatt gestrichenen Bettdecke und an der Wand stand eine Kommode.
»Pearl hatte einen Netscreen, aber den hat Mama in die Küche gestellt. Du kannst zu mir kommen, wenn du was gucken willst. Magst du Insel der Albträume? Das ist meine Lieblingsserie.«
»Insel der Albträume?« Cinder hatte den Namen noch nicht ausgesprochen, da liefen schon Informationen über ihr Sichtfeld.
Beliebte Seifenoper für junge Mädchen. Amouröse Verwicklungen von sechsunddreißig jungen Stars, die sich belügen und betrügen. Sie ahnen nicht, dass der wahnsinnige Wissenschaftler …
»Was? Die kennst du nicht?«
Cinder zuckte mit den Schultern. »Doch«, sagte sie und zwinkerte die Informationen weg. Gab es denn keine Möglichkeit, ihr Gehirn davon abzuhalten, sie mit Informationen zu versorgen, sowie sie etwas Unbekanntes hörte? Das ging schon so, seit sie aus der Narkose aufgewacht war. »Das ist die Serie mit dem durchgedrehten Wissenschaftler, stimmt’s? Die habe ich aber noch nie gesehen.«
Peony wirkte erleichtert. »Super. Ich habe die Staffel abonniert. Wir gucken sie zusammen, ja?« Sie sprang vor Aufregung in die Luft. Cinder wandte sich ab und sah in der Zimmerecke eine Schachtel, aus der eine kleine Hand hervorsah.
»Was ist das?«, fragte sie Peony.
»Oh, das ist Iko.« Peony zerrte die Kiste aus der Ecke und Cinder warf einen Blick auf die wild durcheinandergeworfenen Androidenteile. Das größte Teil war ein kugelförmiger Körper mit einem schimmernden weißen Kopf und einer Sensorlinse. In einer durchsichtigen Tüte lagen Schrauben und Computerchips. »Ihr Persönlichkeitschip hatte irgendeinen Programmierfehler und Mama hat irgendwo aufgeschnappt, sie könnte mehr Geld für sie bekommen, wenn sie sie in Einzelteilen verkauft, aber niemand will sie haben. Seitdem liegt sie hier in der
Weitere Kostenlose Bücher