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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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die Wirtin hatte von ihr gesprochen. Bevor er etwas sagen konnte, fragte sie ihn schon, wer er sei und was er wolle. Er stellte sich als Peter Zainer vor, Pilger und Kunstliebhaber; er wolle ein Bild in Auftrag geben. Sie wies ihm die Tür zur Werkstatt.
    Wulf betrat einen Raum, der ihn ein wenig an den Kapitelsaal in einem Kloster erinnert hätte – wenn nicht überall Staffeleien gestanden hätten, einige mit Bildern darauf, Paletten, Farbtöpfe und Dosen mit Pulver, Pinsel, Kohlestifte und Federn. Fertige und halb fertige Werke an die Mauern gelehnt, ein buntes Sammelsurium. Er zählte fünf Gesellen und sah den Meister selbst, dem eine nackte Frau in seltsamer Pose Modell stand.
    Die Gesellen schauten auf, als Wulf hereinkam. Cranach bemerkte ihn gar nicht, zu sehr war er in seine Arbeit vertieft. Während Wulf näher trat, betrachtete er das Gemälde: Vor seinen Augen entstand eine Venus. Das Modell hielt den rechten Arm graziös nach oben, der linke Arm jedoch war leicht nach hinten gebogen. Sie hielt einen Schleier, der so fein und durchsichtig war, dass Wulf sich fragte, welchem Zweck er eigentlich diente. Die Frau war zierlich, sie hatte blondes Haar und leuchtend blaue Augen. Wulf starrte wie gebannt in ihre Richtung. Als sie ihn bemerkte, verfinsterte sich ihr Blick.
    Nun sah auch Cranach den ungebetenen Gast. Die Hand mit dem Pinsel, die sich vorher schnell bewegt hatte, schien einzufrieren.
    Â»Wer seid Ihr? Wie könnt Ihr hier hereinkommen?«
    Wulf erklärte, es sei vermutlich die Hausherrin persönlich gewesen, die ihn hereingeschickt habe.
    Barbara? Lucas runzelte die Stirn. Seine Frau wusste doch ganz genau, dass er um diese Zeit nicht gestört werden durfte. Dies war seine wichtigste Arbeitsphase.
    Wulf bat um Verzeihung. Eigentlich sei es seine Absicht gewesen, ein Bild in Auftrag zu geben. Aber er wolle nicht stören und gehe jetzt wieder.
    Â»Wartet«, sagte Cranach. Er ließ die Hand mit der Palette sinken und legte den Pinsel zur Seite. »Wie heißt Ihr und wo kommt Ihr her?«
    Ob sie sich anziehen solle, fragte die blonde Frau. Da sie von Cranach keine Antwort bekam, warf sie sich einen grünen Mantel über die Schultern.
    Â»Mein Name ist Peter Zainer«, erklärte Wulf. »Ich pilgere nach Santiago und werde einige Zeit in Wittenberg bleiben. Ich bitte Euch darum, ein Porträt von mir anzufertigen. Selbstverständlich zahle ich im Voraus.«
    Eilig legte Cranach die Palette auf den Tisch. »In Öl?«
    Wulf nickte.
    Â»Wie groß soll das Bild sein?«, fragte Cranach. Sie besprachen Details. Die Frau und die Gesellen folgten dem Gespräch. Wulf akzeptierte den Preis, den Cranach schließlich vorschlug, ohne einen Moment zu zögern. In Cranachs Blick lag nun großes Wohlwollen. Wulf jedoch war voller Zweifel: Folgte er dem richtigen Weg? Wenn er mit dem Porträt zufrieden sei, sagte er, könne er sich weitere Aufträge vorstellen – vorausgesetzt, der Meister sei daran interessiert.
    Â»Wann soll ich zur ersten Sitzung kommen?«
    Â»Morgen Nachmittag, wenn es Euch passt.«
    Â»Sehr gern.«
    Als Wulf die Werkstatt verließ, sah er die Venus wieder, aber diesmal war sie vollständig bekleidet und half einem Gesellen dabei, Farben anzurühren. Ein Kind stand neben ihr, ebenfalls blond, das ihr sehr ähnlich sah. Die Kleine starrte Wulf mit großen Augen an.
    Das muss ihre Tochter sein, dachte er. Cranach hatte beiläufig erwähnt, dass die beiden zu seinem Haushalt gehörten. Wulf spürte instinktiv, dass Mutter und Tochter ihm bei der Lösung seines Problems nützlich sein würden. Sie könnten das fehlende Glied in seinem Plan darstellen.

K APITEL 6
    Ein junger Mönch führte Jost durch mehrere Räume des Augustiner-Eremiten-Klosters, in denen noch der Winter zu regieren schien. Sie gingen kahle, graue Gänge entlang; an den Mauern waren Eisenhalterungen befestigt, in die man Fackeln stecken konnte. Dann bogen sie nach links ab und kamen durch ein offenes Tor schlagartig eine andere Welt.
    Ein großer Garten befand sich hier im Klosterhof; die Sonne schien, und es war vorfrühlingshaft mild und angenehm. Es roch ein wenig süßlich, vermischt mit dem Geruch von Dung, den der Wind herantrieb. Einige Sträucher, die Jost nicht kannte, blühten schon, und aus dem blassen Grün eines bescheidenen, abgegrenzten Wiesenstücks leuchteten gelbe Flecken.

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