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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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mögen.«
    Sie nickte und verließ die Werkstatt. Im Innenhof begegnete ihr Lydia, eine der Mägde, die gerade Küchenabfälle in eine Grube leerte. Anna betrat ein Gebäude auf der anderen Seite des Hofes und ging eine Treppe hinauf in ihre Kammer. Martha war nicht da; sie hatte ihre Tochter zu einer Nachbarsfamilie geschickt.
    Anna setzte sich auf das Bett, das ihr nun groß und leer vorkam. Fast augenblicklich begann wieder das Hadern mit Gott. Sie zweifelte nicht an seiner Existenz, aber sie zweifelte an seiner Güte. Wie hatte er Bertholds Tod zulassen können? Sie und Martha hatten es nicht verdient, schutzlos zurückgelassen zu werden. War sie nicht zuvor ein Glückskind gewesen? Sie dachte an ihre Kindheit im Elsass, an die Stadt Hagenau, wo ihr Vater als Stadtschreiber arbeitete; wie glücklich war sie gewesen, als sie mit sechzehn Berthold kennenlernte – und bald darauf heiratete. Dann der Umzug nach Wittenberg und Marthas Geburt. Sicher, sie waren nicht reich, aber sie hatten, was sie zum Leben brauchten. Sie waren, das wurde Anna erst im Nachhinein bewusst, glücklich gewesen. Glück ist etwas so einfaches, dachte sie, das ist ein Kuss, eine Umarmung, das Lächeln eines Kindes. Aber es ist auch leicht und flüchtig, und von einem Moment auf den andern kann es dir genommen werden. Das alles hatte sie immer gewusst, aber erst in den letzten Tagen wirklich verstanden, was es bedeutete.
    Und nun hatte Gott ihr alles genommen. Wer sonst? Gott war schuld an ihrem Leid! Hatte er Freude daran, sie zu quälen? Er war ein rächender, bösartiger Gott – der Gott des Alten Testaments, der ohne ersichtlichen Grund Hiob gequält und gedemütigt hatte. Angeblich, um ihn zu prüfen. Aber was für eine verdammte Prüfung war das, einem Menschen, der gerecht lebte, alles zu rauben – den Besitz, die Familie, die Gesundheit –, nur um zu sehen, ob er standhaft blieb in seinem Glauben?! Auf so eine Prüfung, ja auf so einen Gott konnte sie verzichten!
    Ihre Mutter hatte sie gelehrt, zu beten und zu glauben, und der Vater hatte ihr Geschichten aus der Bibel vorgelesen. Sicher war es kein Zufall, dass sie gerade jetzt an die Vertreibung aus dem Paradies denken musste, an jenen drohenden Engel mit dem mächtigen Schwert, der Adam und Eva, die gesündigt hatten, aus dem Garten Eden wies. Auch sie und Martha waren nun aus dem Paradies vertrieben. Aber weshalb? Hatte sie eine besonders schlimme Sünde begangen? Ihr war nichts bewusst. Und ein Kind von sechs oder sieben Jahren … Das alles machte keinen Sinn.
    Diese Gedanken ängstigten sie. Sie entdeckte Abgründe in ihrer Seele, von denen sie bislang nichts ahnte. Aber jammern nutzte nichts und Bitterkeit auch nicht. Schließlich, so dachte sie, kann er mir eins nicht nehmen, nämlich die Erinnerung an die schönen Stunden. Die lebten in ihr weiter. Sie dachte an die letzte Nacht mit Berthold. Als ob sie vorausgeahnt hätten, was geschehen würde, hatten sie sich in dieser Nacht so zärtlich, so leidenschaftlich geliebt wie vielleicht nie zuvor.
    Schritte auf der Treppe rissen sie aus ihrem Wachtraum. Martha kam ins Zimmer.
    Â»Du bist früh zurück«, sagte Anna.
    Martha wollte wissen, worüber sie mit Onkel Lucas geredet habe. Sie wusste also von dem Gespräch, obwohl Anna ihr nichts gesagt hatte, um sie nicht zu ängstigen. Aber Martha spürte genau, was vor sich ging.
    Anna sagte, sie seien unterbrochen worden. Sie werde später noch einmal mit ihm reden. »Weißt du, Martha, es geht um unsere Zukunft. Vielleicht müssen wir weg von hier.«
    Â»Ich will aber nicht weg!«
    Â»Ich auch nicht.«
    Es musste doch einen Weg geben, Lucas zu überzeugen. Es gab immer einen Weg, wenn man wirklich danach suchte – oder nicht? Da kam ihr ein Gedanke. Was gab es schon zu verlieren? Sie musste es nur richtig anpacken …

K APITEL 2
    Man nannte die Einrichtung beschönigend »Badehaus«. Jost Gessner betrat das windschiefe Fachwerkgebäude wie ein alter Freund der Familie. In einem Raum mit einem mächtigen Kachelofen saßen fünf Frauen, die ihre Stühle um einen niedrigen Tisch geschoben hatten und Karten spielten.
    Â»Und das … und das … und das!«, rief eine der Frauen, die auffallend mager war, begeistert und warf mit jedem Ausruf eine Karte auf den Tisch.
    Â»Das gibt es doch nicht«, erwiderte eine gut genährte

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