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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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dich hier in der Stadt völlig ungeschützt, bist mit deinen theologischen Aufgaben überlastet und kannst dich nicht darum kümmern, was in deiner Umgebung passiert.«
    Â»Du redest von mir wie von einem kleinen Kind«, sagte Luther. »Als bräuchte ich eine Amme, die mich bei der Hand nimmt und über die Straße führt.«
    Â»Himmel, Herrgott, Martin …«
    Luther hob den Zeigefinger.
    Â»Verzeih!« Cranach senkte seine Stimme und sprach ruhiger. »Nun sei doch nicht gleich so bockig. Wir wollen dir helfen.«
    Â»Das höre ich ständig. Jeder überhäuft mich mit klugen Ratschlägen.«
    Â»Kurz und gut, Martin …« Cranach räusperte sich. »Du bekommst ein paar Leibwächter.«
    Â»Ich? Leibwächter?!« Luther fasste sich mit beiden Händen an die Brust. »Das ist wohl ein Scherz?«
    Â»Keineswegs!«
    Â»Das lehne ich kategorisch ab!« Luther ballte die rechte Hand zur Faust und schlug sie in die flache linke. »Mein Leben ist in Gottes Hand! Ich lasse mir nicht meine Freiheit rauben.«
    Cranach hob beschwichtigend beide Arme. »Du weißt, dass wir in Kursachsen keine richtige Armee haben, weil das zu kostspielig ist für unser kleines Land. Aber Friedrich hat eine Schutztruppe für besondere Aufgaben. Es gibt einen Mann, der sein besonderes Vertrauen genießt. Der Fürst möchte, dass ihr euch kennenlernt, ein paar Worte miteinander wechselt.«
    Â»Worte wechseln? – Das ist doch alles schon beschlossene Sache. Ich soll nur Ja dazu sagen!«
    Â»Der Mann, von dem ich spreche, heißt Jost Gessner. Ein exzellenter Soldat, vernünftig, umgänglich. Ich bin sicher, dass ihr euch gut versteht. Er kennt einige deiner Schriften und verehrt dich. Gessner ist normalerweise in Torgau stationiert, wird aber mit einigen Begleitern nach Wittenberg kommen.«
    Luther verschränkte die Arme vor der Brust und verzog den Mund. Seine dunklen Augen blickten starr und trotzig. Er schob sein breites Kinn ein wenig nach vorn. Anna betrachtete ihn mit den Augen einer Malerin, denn sie war geschickt darin, mit dem Kohlestift die Gesichtszüge eines Menschen mit wenigen, klaren Strichen einzufangen. Sie fand sein Gesicht grob und knochig, die Lippen zu fleischig – ein typischer Mönch eben.
    Â»Er kann gern nach Wittenberg kommen, dein Jost Kessler oder wie er heißt«, sagte Luther. »Aber empfangen werde ich ihn nicht.«
    Cranachs Stimme klang nun erstmals gereizt. »Und ich sage dir, dass du ihn doch empfangen wirst!«
    Luther hob überrascht den Kopf. »Ich werde ihn nicht empfangen!«
    Â»Doch, wirst du!«
    Â»Nein.«
    Anna fragte sich, ob sie zwei Kindern zuschaute, die sich um ein Spielzeug stritten. Cranach ging einen Schritt auf den Augustiner zu und packte ihn mit beiden Händen an seiner Kutte. »Ich weiß, dass du ein Dickkopf bist, Martin, und ich habe manches Mal darüber gestaunt, mit welcher Konsequenz du deinen Weg gehst. Deine Halsstarrigkeit ist sogar oft ein Segen gewesen, davon bin ich überzeugt. Aber jetzt muss ich dir als dein bester Freund ein paar deutliche Worte sagen.«
    Â»Lass mich los!«
    Cranach zog ihn, im Gegenteil, noch ein Stück näher zu sich heran. »Es geht um dein Leben, Martin. Ich bin mir nicht sicher, ob du das begriffen hast. Ich will jetzt gar nicht davon reden, dass du alles, wofür du gekämpft hast, leichtfertig aufs Spiel setzt … Ich rede als Freund.« Er ließ ihn los und sprach nun sehr leise. »Ich möchte nicht an deinem Grab stehen.«
    Luther rieb sich die Wangen. Schließlich blinzelte er einige Male, und als er antwortete, war auch seine Stimme leise. »Gut«, sagte er. »Ich werde mit diesem Söldner reden. Ich werde mir anhören, was er zu sagen hat und wie er sich das vorstellt. Danach treffe ich eine Entscheidung.«
    Â»Er wird heute oder morgen hier eintreffen. Ich gebe dir Bescheid.«
    Â»Einverstanden, Lucas.«
    Die beiden gaben sich die Hand, und Luther verließ den Raum. Anna bemerkte, dass Cranach in sich versunken dastand. Dies war bestimmt kein guter Zeitpunkt, mit ihm über ihre Zukunft zu reden. Sie musste versuchen, die Aussprache zu verschieben.
    Aber das war gar nicht nötig, denn Cranach selbst schaute auf und sagte: »Anna, lass uns später weiterreden. Ich bin zu abgelenkt. – Dieser Bursche macht es einem wahrlich nicht leicht, ihn zu

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