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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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nickte zustimmend.
    »Nun brauche ich noch einen Pfeil, um es Euch richtig zu demonstrieren«, fuhr Wulf fort. Bärenreiter ging zur Wand und holte einen Pfeil. Wulf spannte die Armbrust, der Bolzen ruhte auf der Mittelsäule, Bärenreiter stand direkt neben ihm. Es ist wie im Märchen , dachte Wulf. Er ist größer als ein Baum, bärenstark – und strohdumm .
    »Und wo liegt nun der besondere Kniff?«, fragte Bärenreiter.
    »Das will ich Euch sofort zeigen«, sagte Wulf, »aber ich habe noch etwas vergessen.« Er ging vier Schritte auf die Werkbank zu, ehe er sich umdrehte.
    Erst jetzt schien Bärenreiter zu verstehen, was in seinem Haus, in seiner Werkstatt vor sich ging. Seine Augen wuchsen und die Lippen formten einen Kreis. Wulf hob die Armbrust, Bärenreiter abwehrend beide Hände.
    »Denkt an meine Frau, meine Kinder!«
    »Dummkopf!«, sagte Wulf. Der Pfeil schoss los und durchschlug Bärenreiter die Brust. Er taumelte, fiel auf die Knie. Der letzte Blick, den er Wulf zuwarf, brannte sich diesem ins Gedächtnis; es war kein Hass darin, nicht einmal Wut, sondern Unglaube, Verständnislosigkeit, die Frage: Weshalb?
    Wulf stand eine Weile reglos da und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Es fiel ihm schwer. Plötzlich verspürte er brennenden Durst. Beim Ofen hing eine Fackel. Wulf löste sie aus ihrer Halterung und suchte die Küche, die ebenerdig lag und von der eine Treppe in den Keller führte. Wulf nahm einen Krug und stieg hinab. Auf den Stufen merkte er, dass ihm die Knie zitterten. Wie erwartet, fand er ein Fass Bier, füllte den Krug, hob ihn an seine Lippen und trank gierig; das Bier lief ihm über das Kinn und tropfte auf sein Hemd. Gestärkt ging er wieder nach oben.
    Als Erstes musste die Leiche aus dem Weg, er packte Bärenreiter am Kragen und wollte ihn wegziehen, aber der schwere Körper bewegte sich nicht vom Platz. Wulf zerrte stärker an der Jacke, bis der Stoff riss und seine Hände von der Anstrengung zitterten. »Das darf nicht wahr sein«, sagte er laut. Er richtete sich auf, sein Kopf schwindelte; von draußen, von der Gasse her kommend, hörte er Stimmen, die so nah klangen, als befänden sie sich im Raum. Wulf holte einen langen Schürhaken vom Ofen, klemmte ihn in Bärenreiters safrangelbe Jacke und zog mit allen Kräften. Die Leiche bewegte sich ein wenig, dann riss der Stoff erneut. Wulf klemmte die Metallstange unter den schweren Körper und benutzte sie als Hebel. Es gelang ihm, Bärenreiter auf den Rücken zu rollen. Das Blut hatte die Jacke an der Brust rot gefärbt und auch aus der Nase floss Blut. Wulf wiederholte die Prozedur, bis er den Mann schließlich unter die Werkbank gerollt hatte. Wie viel Zeit blieb ihm? Er musste sofort mit der Arbeit beginnen!

KAPITEL 31
    Anna und Hanna liefen durch die Gassen von Worms. Sie kannten sich schon lange und mochten sich gern, aber Anna spürte, dass Hanna heute leicht reizbar war, obwohl sie sich Mühe gab, es nicht zu zeigen. Beim Stadttor, das zum Rhein hinunterführte, blieben sie stehen. Es war ein typischer Apriltag, vor einer Stunde hatte es noch geschneit, nun schien wieder die Sonne, aber die nächste Ladung dunkler Wolken ballte sich schon zusammen. Ein Metzger hatte beim Tor aus Steinen einen kleinen Ofen errichtet. Über dem Feuer briet er in einer schweren Eisenpfanne Fleisch mit Zwiebeln in einer bräunlichen Soße, auf einem Holzbrett lagen Brote und Brötchen. Aus der Pfanne dampfte es und der Wind wehte den Geruch zu den beiden Frauen.
    In diesem Moment hörten Hanna und Anna vom Rhein her Schreie, sie schauten sich fragend an, dann eilten sie gemeinsam zum Fluss und erreichten den Rheinhafen, wo sich viele Menschen versammelt hatten, größtenteils Söldner; sie sahen allerdings weder Jost noch einen seiner Männer. Schiffsmasten ragten empor. Ein Mann lag auf dem Boden, von Neugierigen umringt. Zwei Söldner fesselten ihn, sie banden die Hand-und Fußgelenke hinter seinem Rücken über Kreuz zusammen, sodass sein Körper einen Kreis bildete. Dann befestigten sie an Händen und Füßen ein weiteres langes Seil, hoben den Mann in die Höhe, gingen zur Kaimauer und warfen ihn ins Wasser, wobei sie das Seil in der Hand behielten.
    »Aha, eine Wasserprobe!«, sagte Hanna. »Sie machen mit ihm die Wasserprobe.«
    Als der Körper des Gebundenen in den Rhein fiel, spritzte Wasser in die Höhe und Wellen bewegten sich kreisförmig nach außen; danach sank er nach unten. Die Zuschauermenge stand direkt an der Kaimauer und

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