Die Macht der Angst (German Edition)
verrückt vor Angst. In der Hölle.
Ronnie
. Sie durfte nicht davondriften. Ronnie brauchte sie. Kev würde warten müssen. Wieder schlug die Trauer mit voller Wucht zu. Sie musste sich aus diesem friedvollen Zustand lösen und sich ihren Weg zurückkämpfen, hinunter in dieses Höllenloch aus Gewalt und Entsetzen.
Klatsch. Klatsch
. Der Schmerz rückte wieder in den Vordergrund. Ein Schlag mit der Handfläche, einer mit dem Handrücken. Harte, dröhnende Ohrfeigen, dass ihr fast der Kopf wegflog. »Hol dich der Teufel!«, kreischte Ava. »Wage es nicht zu sterben, du Drecksluder!«
Ach, könnte ich doch nur,
dachte Edie beinahe wehmütig, als unter ihnen eine donnernde Salve von Schüssen durchs Haus schallte.
Niemand hatte sie am Tor aufgehalten, was Kevs Magen zu einem festen Knoten der Angst zusammenzurrte. Seine Brüder und Miles riefen ihm zu, zu warten, stehen zu bleiben, auf sie zu warten. Aber da war Kev schon auf das Dach des Mercedes gekrabbelt und hatte sich auf die Mauer geschwungen. Er nahm sich einen kurzen Moment Zeit, um mit dem Blick das unheilvoll dunkle, stille Haus zu scannen, dann sprang er auf das weiche Gras und zwängte sich zwischen mehreren Rosensträuchern hindurch. Hinter ihm waren leise Schritte zu hören. Die anderen schlossen wachsam und geräuschlos wie Katzen zu ihm auf.
Die Eingangstür war nicht verschlossen. Als Kev leicht dagegendrückte, schwang sie lautlos auf. Sie starrten auf den ausgestreckten Körper eines Mannes, der mit dem Gesicht nach unten in einer Blutlache auf dem glänzenden Marmorboden lag.
Kev glitt durch die Tür und schlich an der Wand entlang weiter. Miles und Sean huschten wie Phantome auf den Flügel zu, der sich zur Rechten hin öffnete. Bruno gestikulierte stumm in Richtung Treppe. Kev schlüpfte durch den Türbogen links von ihm, gefolgt von Davy.
Ihnen bot sich ein bizarrer Anblick: drei Personen, geknebelt und an Stühle gefesselt, die alle in einer Reihe standen. Ihre violett angelaufenen Gesichter waren vor panischer Angst verzerrt, aber sie waren noch am Leben.
Kev erkannte die ältere Frau, als er sich näher heranpirschte. Es war die Tante aus dem Krankenhaus. Daneben die Cousine und der Idiot von einem Arzt. Er nahm der alten Frau den Knebel ab, bei dem es sich um einen zarten Spitzenbüstenhalter zu handeln schien, dann zog er ihr ein Stoffknäuel aus dem Mund, das sich als ein dazu passender Stringtanga entpuppte. »Wo ist Edie?«, fragte er barsch.
Die Frau keuchte und hustete und begann zu schreien.
»Oh Scheiße«, murmelte Kev und schob ihr den Slip wieder in den Mund. »Nicht jetzt, Lady.«
Davy kauerte sich hinter Evelyns Stuhl und sägte die Fesseln um ihre Handgelenke durch. Die rollenden Augen und der Angstschweiß der jüngeren Frau verhießen ebenso wenig Gutes in Bezug auf das Sammeln von Informationen unter Zeitdruck, darum überließ er sie ebenfalls Davys barmherziger Fürsorge und versuchte es bei dem Mann. Er nahm ihm den Knebel ab. Pinkfarbene French Knickers samt passendem Satin- BH . »Wo ist Edie?«, wiederholte er seine Frage.
Der Mann hustete schluchzend. »Sie … sie … Des Marr …«
»Ich weiß von Des Marr. Sagen Sie mir, wo Edie ist!«, stieß Kev hervor.
»Lass die Waffe fallen, Kev«, sagte hinter ihm eine vertraute, ölige, verhasste Stimme. »Und du ebenfalls, wer zum Henker du auch bist. Ich konnte euch McCloud-Arschlöcher noch nie auseinanderhalten. Für mich seht ihr alle gleich aus.«
Kev wirbelte herum. Brunos gerötete Augen starrten ihm voller Bedauern aus dem brutalen Schwitzkasten, in dem Marr ihn festhielt, entgegen. Sein Brustkorb zuckte vor Anstrengung, Luft zu holen. Marr hatte ihm seine Pistole unters Kinn gerammt.
»Lasst die Knarren fallen«, befahl Marr. »Sofort. Sonst explodiert sein Kopf.«
Kev warf die Pistole auf den Boden. Davys folgte hinterdrein.
»Ihr Wichser müsstet eigentlich tot sein.« Marr klang pikiert.
»Nun ja«, murmelte Kev. »Was das betrifft, haben wir unsere Eigenheiten.«
»Wirf einen Blick auf meine Knarre, Kev«, forderte Des ihn auf. »Erkennst du sie?«
Kev musterte sie. Es war eine SIG 220, wie die, die er am Vortag mit zu Helix genommen hatte. »Ist das meine Waffe?«
»Sie ist auf dich registriert. Es sind deine Fingerabdrücke darauf. Innen und außen«, erklärte Marr selbstgefällig. »Ich trage natürlich einen Latexhandschuh. Edie wird sie halten, wenn sie sich das Hirn wegpustet, nachdem sie euch alle umgebracht hat. Und man wird es
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