Die Macht der Drei
trete, bin ich zwei Minuten später nicht mehr Minister.«
Der Amerikaner betrachtete seine Stiefelspitzen.
»Ich werde mich umgehend mit Washington in Verbindung setzen, den Tatbestand mitteilen, um neue Instruktionen bitten. Die Sache liegt klar. Der Parlamentsbeschluß ist jetzt vielleicht schon in allen Großstädten des Kontinents bekannt. Das Volk auf der Straße ist in einem Freudenrausch. Wir können nicht daran denken, diese Stimmung zu stören. Aber… Sie sind das ausführende Organ für die Beschlüsse. Wenden Sie Ihre ganze Kunst auf, um England hinzuhalten. Beachten Sie wohl, die Sache soll durchaus so vor sich gehen, wie sie verabredet wurde. Sie ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Bei dieser Sachlage wird es Ihnen möglich sein, einen Konflikt um vierzehn Tage hinauszuschieben… Ich hoffe, es wird Ihrer Kunst gelingen.«
Mr. Applebee versprach, sein möglichstes zu tun. Während von draußen her der Jubel der begeisterten Menge dumpf in den Raum drang, empfahl sich der Amerikaner mit kräftigem Händedruck.
*
Unter den Passagieren des Flugzeuges Stockholm-Köln befand sich Dr. Glossin. Er hatte es sich in einer Fensterecke bequem gemacht und zog bei sich die Bilanz des Geschehenen.
Die Sache war nicht schlecht gegangen. Erik Truwor und die Seinen waren vernichtet. Der Rundfunk hatte eine kurze Meldung verbreitet, und es war bereits schwarz auf weiß gedruckt zu lesen. Haparandas Dagblad brachte in der Morgenausgabe einen kurzen Bericht über das Unglück in Linnais. Eine rätselhafte Brand- und Explosionskatastrophe, die mehrere schwedische Bürger das Leben gekostet haben sollte. Er hatte einige Exemplare der Zeitung gekauft, bevor er von Haparanda die Reise nach dem Süden antrat.
Dr. Glossin konnte zufrieden sein. Der heikle Auftrag seines Präsidenten war erledigt. Die drei Menschen, die er wirklich fürchtete, waren tot. So, wie er es geplant hatte, war es geschehen. Die Engländer hatten ihm die gefährliche Arbeit besorgt. Daß diese bei dieser Gelegenheit etwas angesengt worden waren, störte ihn wenig. Wenn er an den eingebildeten Trotter dachte, der schließlich seine Brandblasen im Tornea kühlen mußte, empfand er ein gewisses Vergnügen.
Er dachte daran, was geschehen wäre, wenn die Briten die drei und ihr mächtiges Geheimnis in ihre Hände bekommen hätten. Eine Rückkehr für ihn, Glossin, in die USA hätte es dann nicht mehr gegeben. Doch eigentlich – wäre das so schlimm gewesen? Wohl kaum. Die Welt war immer noch groß genug für einen einzelnen. Und schließlich waren ja letztlich noch andere Auftraggeber da. England hätte ihn dann vermutlich auch nicht außer Landes verwiesen, sondern im Gegenteil…
Erik Truwor war tot. Der Mann, der im Begriff stand, eine Macht zu gewinnen, an der Weltreiche zerschellen konnten. Der greuliche Inder war verbrannt. Der braune Satan, der ihn, den starken Hypnotiseur, selbst in den Bann der Hypnose gezwungen hatte. Und Silvester Bursfeld war gestorben. Silvester, dessen späte Rache er fürchten mußte. Silvester, der ihm Jane entrissen hatte.
Das Verhältnis des Arztes zu dem Mädchen war immer rätselhafter geworden. Er brauchte sie als Medium von unübertrefflicher Leistung. Als ein Medium, mit dessen Hilfe er räumlich und zeitlich ins Weite zu blicken, die Pläne und Taten seiner Gegner rechtzeitig zu erkennen, entfernte Zusammenhänge aufzudecken vermochte. Das war es, das ihm in den letzten Wochen gefehlt hatte. Alle seine Mißerfolge schrieb er diesem Fehler zu. Jane mußte wieder fest in seiner Hand sein.
Sein Medium, sein Talismann und seine Liebe!
Mit verzweifelter Kraft klammerte sich die vereinsamte Seele des alternden Mannes an den Gedanken, Jane ganz sein eigen zu nennen. Erfühlte unbewußt, daß diese Liebe für ihn die Entsühnung bedeute. Er träumte von einem neuen Leben in Reynolds-Farm an Janes Seite. Jetzt flog er nach Düsseldorf, um sie für sich zurückzuerobern.
Warum mußte auch Jane einen Brief an ihre Nachbarin in Trenton schreiben und sich erkundigen, ob das Grab ihrer Mutter gut gepflegt werde. Es lag auf der Hand, daß dieser Umstand von den Empfängern des Briefes nicht verheimlicht werden würde. So wußte Dr. Glossin, daß Jane im Hause Termölen in Düsseldorf lebte. Es war einfach, beinahe zu einfach gewesen, ihren Aufenthaltsort zu erfahren. Viel schwieriger würde es sein, mit ihr in Verbindung zu treten.
Während das Flugzeug die westfälische Ebene überflog, versuchte der Arzt, sich
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