Die Macht Der Könige
Nicht, daß ich sie nicht mag, aber sie kommt doch nicht an dieses bildschöne Geschöpf heran!«
»Sie sind trotzdem ein und dieselbe. Ich werde dir vertrauen, weil ich dich mag. Erinnerst du dich, was hier los war, als Jodeera hier bedient hat?« (9)
Der Leimsieder nickte und hörte aufmerksam zu.
»Es war nicht ihre Schuld, sie war eben zu hübsch, aber die Burschen begannen sich ihretwegen die Köpfe einzuschlagen. Doch wollte ich sie nicht wegschicken. Sie ist mir ans Herz gewachsen. Ich mußte was unternehmen. Ich habe sie mit einem Zauber belegen lassen, der ihre Schönheit vor aller Augen außer meinen verbirgt. Wie konntest du ihn durchschauen?«
»Vielleicht hat das was damit zu tun?« Cholly fischte das Medaillon aus seinem Kittel.
»Nimm's ab. Ich halte es einstweilen. Dann geh in die Gaststube und schau nach, ob du Cleya oder Jodeera siehst.«
Cholly kehrte einen Augenblick später zurück. »Cleya. Es war das Medaillon.«
Wieder erzählte Cholly seine Geschichte. Ahdio strich über sein Kinn und blickte von seinem Freund zum Medaillon, dann zur Gaststubentür. »Du steckst in Schwierigkeiten«, stellte er fest und gab das Medaillon zurück. »Bis zum Hals. Hör zu, ich habe da diesen alten Kriegskameraden Strick. Er ist ein Magier. Warte! Er ist nicht wie die, die du kennst. Er ist ein Weißer Magier - er kann seine Kräfte gar nicht für Böses einsetzen. (10) Mein Wort darauf, er ist guter Mensch. Sag ihm, daß ich dich geschickt habe.«
»Wo finde ich ihn?« »Soll das heißen, daß er dir schon wieder entwischt ist?!« brüllte Markmor. Sein Gesicht war nun fast so rot wie sein Gewand.
»In Landende hatte ich ihn schon fast. Wie sollte ich wissen, daß das Messer von seinem Wams abprallen würde?« Marype hätte sich am liebsten verkrochen.
»Was ist dann passiert?«
»Ich bin ihm bis zum Hafen gefolgt. Das war nicht leicht. Er muß jede Biegung, jede Ecke in jeder Gasse der Stadt kennen. Er begab sich zu einer Schenke. Weinfaß heißt sie. Heraus kam er dann in Begleitung von zwei Männern. Einer ein Fischgesicht, der andere einarmig. Sie stiegen in ein Boot und ruderten weg. Ich mußte vorsichtig sein. Es fällt auf, wenn man in aller Öffentlichkeit erscheint und verschwindet. Außerdem könnt nicht einmal Ihr ihn durch Magie aufspüren, solange er das Amulett trägt.«
»Du unverschämter Grünschnabel! Du hirnloser Haufen Dung! Wie kannst du es wagen, meine Kräfte in Frage zu stellen?« brüllte der Magier, der gern der Größte in Freistatt gewesen wäre.
Marype duckte sich erschrocken. »Ich zweifle nicht an Eurer Macht, Meister, aber habt nicht Ihr selbst mir gesagt, daß nicht einmal die Götter Macht über den haben, der den Talisman führt?«
»Genau, Schwachkopf. Und so werden wir ihn finden.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Das hatte ich auch nicht erwartet. Bei Argash, wenn ich etwas richtig getan haben möchte, muß ich es selbst tun. Paß gut auf, damit du wenigstens etwas lernst. Zuerst werfen wir in Vater Ils' Namen das Netz des Allsehens über die Stadt.«
»Was soll das nutzen, Meister. Wir können ihn trotzdem nicht sehen.«
»Manchmal frage ich mich, warum ich mir überhaupt die Mühe mit dir mache. Sag, benutzt du deinen Kopf je für irgend etwas anderes, als Haare darauf wachsen zu lassen?
Überlege! Mit diesem Zauber können wir die ganze Stadt sehen, von dem einen blinden Punkt abgesehen! Wo immer dieser blinde Punkt ist, werden wir den finden, der das Medaillon hat.«
Er war ein wenig größer als Ahdio. Er bewegte sich wie ein Schwertkämpfer, mit federndem Schritt und ruhigem Blick, der scheinbar auf nichts gerichtet war und doch alles wahrnahm. Es war eigenartig, daß er keine Waffen trug, nicht einmal einen Dolch. Er war von den Stiefeln bis zum Käppchen in Blau gekleidet.
»Meine Nichte sagt, daß Ihr Euer Problem nicht mitteilen wolltet. Ihr habt ihr nur gesagt, daß Ahdio Euch schickt. Ihr verwirrt mich. Ich sehe einen Zauber an Euch, der kein Zauber ist, etwas, das nicht Magie und doch sehr mächtig ist. Wollt Ihr mich deshalb konsultieren?«
Cholly nahm die Kette vom Hals und reichte Strick das Medaillon.
»Ich bin ein einfacher Leimsieder. Jeden Morgen fahren mein Geselle und ich mit einem Wagen durch die Stadt, um die Leichen zu holen, die von der Nacht übriggeblieben sind. Ich mache Leim aus ihnen. Es ist völlig legal, ich habe eine Konzession, sie aufzusammeln und für die Stadt zu beseitigen. Dieses Medaillon war an einem der Toten,
Weitere Kostenlose Bücher