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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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überhaupt etwas passiert ist«, sagte er und wies dabei auf die Zeitung, die neben ihm lag. »Das ließ sich vermutlich nicht vermeiden, nehme ich an, aber das Eingeständnis wird nicht gerade dazu beitragen, daß die Leute weniger Angst haben. Die Menschen fürchten sich, sie wissen nicht, was sie zu erwarten haben. Auf dem Weg hierher habe ich einen Mann beobachtet, der schreiend die Straße entlang lief und immer wieder verkündete, das Ende der Welt sei gekommen. Im Central Park sprechen alle möglichen Propheten aller möglichen Sekten. Vor einer Bar haben sich drei Betrunkene geprügelt, ohne daß ein Polizist erschienen wäre, um sie davon abzuhalten. Ich habe auch Feuerwehrsirenen gehört – irgendwo scheint ein Großbrand zu wüten.«
    Helga zündete sich eine Zigarette an. »John Rossman ist im Augenblick in Washington«, sagte sie. Dann wandte sie sich an die Mandelbaums und fügte hinzu: »Er ist vor einigen Tagen im Institut aufgetaucht, hat die Wissenschaftler aufgefordert, die ganze Angelegenheit zu untersuchen und die Ergebnisse vorläufig noch geheimzuhalten, und ist dann in die Hauptstadt geflogen. Mit seinem Einfluß bekommt er bestimmt heraus, was eigentlich zu erwarten ist – wenn es darüber überhaupt schon klare Vorstellungen gibt.«
    »Meiner Meinung nach ist das kaum zu erwarten«, antwortete Mandelbaum. »Vorläufig überblickt niemand die gesamte Entwicklung, sondern jeder kennt nur die Episoden, die er selbst beobachtet hat. Insgesamt ergibt sich daraus vielleicht eine große Katastrophe, aber bisher hat noch niemand den Überblick gewonnen.«
    »Warten Sie nur ab«, meinte Lewis fröhlich. Er nahm sich ein zweites Sandwich und schenkte sich Kaffee nach. »Innerhalb der kommenden Woche wird die ganze Sache erst wirklich kritisch.«
    »Wir müssen uns mit der Tatsache vertraut machen, daß die Veränderung keineswegs abgeschlossen ist.« Corinth stand auf, legte die Hände auf den Rücken und ging langsam auf und ab. »Die Veränderung findet noch immer statt. Sofern wir unseren besten Instrumenten vertrauen können – sie sind nicht mehr allzu genau, weil sie ebenfalls beeinflußt worden sind –, ist sogar eine deutliche Beschleunigung zu verzeichnen.«
    »Unter Berücksichtigung aller Fehlerquellen, die Pete eben erwähnt hat, ergibt sich in der graphischen Darstellung der Beschleunigung eine Hyperbel«, fügte Lewis hinzu. »Das Vergnügen hat eben erst begonnen, werte Anwesende. Wenn wir so weitermachen, haben wir alle innerhalb der nächsten Woche einen Intelligenzquotienten von vierhundert oder so ähnlich.«
    Die anderen starrten schweigend vor sich hin. Corinth blieb bewegungslos stehen, bis Sheila einen leisen Schrei ausstieß und auf ihn zueilte; dann legte er seinen Arm um ihre Schultern. Mandelbaum entlockte seiner Pfeife dichte Rauchwolken und runzelte nachdenklich die Stirn, während er diese Information verarbeitete; er streckte eine Hand zu Sarah aus, die sie dankbar drückte. Lewis grinste und aß weiter sein Sandwich. Helga saß ruhig in ihrem Sessel und hielt die Augen gesenkt. Durch das geöffnete Fenster drang undeutlich Straßenlärm in das Zimmer.
    »Was geschieht dann?« flüsterte Sheila schließlich. Sie zitterte. »Was steht uns allen noch bevor?«
    »Das weiß kein Mensch«, antwortete Lewis leise.
    »Geht es ewig so weiter?« fragte Sarah.
    »Ausgeschlossen«, antwortete Lewis. »Völlig unmöglich. Es handelt sich nur darum, daß die Nervenzellen rascher reagieren und stärkere Signale aussenden. Und dabei gibt es irgendwann eine Grenze, die von der Struktur, dem Aufbau und der Leistungsfähigkeit der Zellen abhängt. Wenn die Reizung zu stark wird – Wahnsinn, dann Verblödung, dann Tod.«
    »Wo liegt die Grenze?« wollte Mandelbaum wissen.
    »Keine Ahnung. Die Art der Veränderung und der ganze Aufbau menschlicher Nervenzellen ist noch nicht ausreichend erforscht. Jedenfalls ist unsere Bewertungsmethode ohnehin nur mit gewissen Einschränkungen brauchbar. Von einem I.Q. zu sprechen, der über vierhundert liegt, ist eigentlich unsinnig, denn Intelligenz jenseits dieser Grenze ist vielleicht gar keine Intelligenz im herkömmlichen Sinn mehr, sondern etwas ganz anderes.«
    Corinth war in den letzten Tagen zu sehr mit seinen Messungen beschäftigt gewesen, um zu verfolgen, wieviel Lewis und seine Assistenten bereits wußten und theoretisch erarbeitet hatten. Erst jetzt fiel ihm auf, daß Lewis ihm in dieser Beziehung weit voraus war – und welche

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