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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Wir haben festgestellt, daß der Grundumsatz sich erhöht hat – die Veränderung ist nicht bedeutend, aber immerhin meßbar. Auch die automatischen Nervenreaktionen sind beschleunigt worden, aber das ist weniger auffällig, weil das subjektive Zeitgefühl ebenfalls raschere Handlungsabläufe suggeriert. Das alles genügt, uns gründlich nervös zu machen; ich glaube allerdings, daß wir uns rasch daran gewöhnen werden – wenn wir Gelegenheit dazu haben.
    Andererseits sind die am meisten spezialisierten Zellen – die Nervenzellen im menschlichen Gehirn – auch am meisten betroffen. Die Aufnahmefähigkeit für optische und akustische Eindrücke ist beträchtlich gestiegen; das haben unsere Psychologen festgestellt. Ich bin davon überzeugt, daß Ihnen allen bereits aufgefallen ist, wieviel schneller Sie jetzt lesen. Die Reaktionszeit ist einfach geringer als früher.«
    »Das habe ich auch von Jones gehört«, stimmte Helga zu. »Er hat sich die Mühe gemacht, die Unfallstatistiken der letzten Wochen mit denen der vergangenen drei Tage zu vergleichen. Die Zahl der Unfälle ist bedeutend niedriger – reaktionsschnellere Fahrer sind natürlich verkehrssicherer.«
    »Hmmm«, meinte Lewis zweifelnd. »Aber was passiert, wenn sie es satt bekommen, nur mit hundert zu fahren, anstatt es mit hundertfünfzig zu versuchen? Dann gibt es folgenschwerere Unfälle.«
    »Aber wenn die Menschen intelligenter sind«, begann Sheila, »müssen sie doch einsehen, daß ...«
    »Leider nicht.« Mandelbaum schüttelte den Kopf. »Die Persönlichkeit bleibt unverändert, nicht wahr? Und selbst intelligente Menschen haben schon immer dumme oder sogar verbrecherische Dinge getan, die man eigentlich nicht von ihnen erwartet hätte. Ein Mann kann zum Beispiel ein hervorragender Wissenschaftler sein, aber das hindert ihn unter Umständen nicht daran, seine Gesundheit zu vernachlässigen oder rücksichtslos Auto zu fahren oder Spiritist zu sein oder ...«
    »... oder die Demokratische Partei zu wählen«, fügte Lewis grinsend hinzu. »Sie haben völlig recht, Felix. Selbstverständlich ist zu erwarten, daß die erhöhte Intelligenz im Lauf der Zeit auch die Persönlichkeit beeinflußt, aber vorläufig ist jeder noch mit seinen Schwächen, Untugenden, Vorurteilen und anderen Fehlern belastet. Jetzt verfügen wir alle über noch mehr Energie und Intelligenz, um wirklich darin zu schwelgen – und das ist einer der Gründe, weshalb es mit unserer Zivilisation so rasch bergab geht.«
    Lewis machte eine kurze Pause und fuhr dann gelassen fort: »Aber das alles gehört selbstverständlich nicht unmittelbar zu dem Thema, von dem ich vorher gesprochen habe. Das am höchsten spezialisierte Gewebe, das wir bisher kennen, ist begreiflicherweise das menschliche Gehirn – die ›kleinen grauen Zellen‹ oder der Sitz des Bewußtseins, wenn Ihnen das lieber ist. Es spürt den Stimulus – oder die fehlende Inhibition, falls Petes Theorie stimmt – mehr als alles andere auf der Welt. Seine Funktionen vervielfältigen sich in wesentlich größerem Ausmaß als die anderer Gewebe des menschlichen Körpers.
    Vielleicht sind Sie sich nicht ganz darüber im klaren, wie kompliziert das Gehirn eines Menschen in Wirklichkeit ist. Glauben Sie mir, im Vergleich zu ihm ist das bekannte Universum nur ein Kinderbaukasten. Die Zahl der möglichen Querverbindungen zwischen den Neuronen ist wesentlich größer als die der Atome im gesamten Kosmos – der Faktor beträgt etwa zehn hoch einige Millionen.
    Es ist keineswegs überraschend, daß eine geringe elektrochemische Veränderung, die sich auf den gesamten Körper kaum auswirkt, solchen Einfluß auf unseren Verstand haben soll. Überlegen Sie nur, was Alkohol oder Rauschgift selbst in geringen Dosen bewirken, und denken Sie daran, daß dieser neue Faktor die Existenzgrundlagen jeder Nervenzelle beeinflußt. Die wirklich interessante Frage besteht daraus, ob ein so delikater Mechanismus diese Veränderung ohne Schaden überstehen kann.«
    Seine Stimme klang unerschrocken, und die Augen hinter den dicken Brillengläsern blitzten vor Erregung, die nichts mit persönlichen Gefühlen zu tun hatte. Für ihn war das alles neuartig und wunderbar; Corinth stellte sich vor, wie Lewis auf dem Totenbett lag und klinische Beobachtungen niederschrieb, während es mit ihm zu Ende ging.
    »Nun«, meinte der Physiker bedrückt, »das werden wir vermutlich bald wissen.«
    »Wie kann man nur so seelenruhig darüber sprechen?« rief

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