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Die Macht des Lichts

Die Macht des Lichts

Titel: Die Macht des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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Zugangsschlüssel war sicher in ein weißes Tuch gewickelt und an seiner Seite am Gürtel befestigt. Niemand schenkte ihm Aufmerksamkeit. Er war nur ein Mann in der Menge, einer von vielen, die durch die Straßen von Ebou Dar gingen. Nichts Besonderes, und das trotz der Tatsache, dass er größer als die meisten war. Er hatte rötliches Haar, was vielleicht auf einen Anteil von Aielblut hindeutete. Aber kürzlich waren viele seltsame Leute in die Stadt geflohen, um den Schutz der Seanchaner zu suchen. Was bedeutete da schon einer mehr?
    Solange jemand die Macht nicht lenken konnte, konnte er hier Stabilität finden. Sicherheit.
    Das störte ihn. Sie waren seine Feinde. Sie waren Eroberer. Er vertrat die Ansicht, dass ihre Länder nicht friedlich hätten sein dürfen. Sie hätten schrecklich sein müssen, voller Leid wegen ihrer tyrannischen Herrschaft. Aber so war das überhaupt nicht.
    Es sei denn, man konnte die Macht lenken. Was die Seanchaner dieser Gruppe von Menschen antaten, war einfach nur entsetzlich. Unter dieser glücklichen Oberfläche war bei weitem nicht alles in Ordnung. Und doch war es schockierend zu sehen, wie gut sie die anderen behandelten.
    Draußen vor der Stadt lagerten große Gruppen Kesselflicker. Ihre Wagen waren seit Wochen nicht bewegt worden, und es hatte den Anschein, als würden sie Dörfer gründen. Rand hatte einige von ihnen davon sprechen hören, sich niederzulassen.
    Andere hatten sich natürlich dagegen ausgesprochen. Sie waren die Kesselflicker, das fahrende Volk. Wie wollten sie das Lied finden, wenn sie nicht danach suchten? Das war genauso sehr ein Teil von ihnen wie der Weg des Blattes.
    Letzte Nacht hatte Rand ihnen am Lagerfeuer zugehört. Sie hatten ihn willkommen geheißen, ihm zu essen gegeben und nicht ein einziges Mal gefragt, wer er eigentlich war. Er hatte den Drachen auf seiner Hand verborgen und den Zugangsschlüssel sorgfältig in der Manteltasche versteckt, hatte ins Feuer gesehen, bis es niederbrannte.
    Er war noch nie in Ebou Dar gewesen; er hatte nur die Höhen im Norden besucht, wo er die Seanchaner mit Callandor bekämpfte. Das war ein Ort der Niederlage gewesen. Jetzt war er nach Altara zurückgekehrt. Aber wozu?
    Als sich am Morgen die Stadttore geöffnet hatten, war er mit den anderen, die während der Nacht eingetroffen waren, eingetreten. Die Kesselflicker hatten sie alle aufgenommen; sie erhielten von den Seanchanern Lebensmittelrationen, um späte Reisende versorgen zu können. Das war nur eine ihrer vielen Tätigkeiten. Sie reparierten Töpfe, nähten Uniformen und erledigten alle möglichen anderen Arbeiten. Dafür erhielten sie zum ersten Mal in ihrer langen Geschichte den Schutz der Herrscher.
    Rand hatte genug Zeit mit den Aiel verbracht, um etwas von ihrer Verachtung für die Kesselflicker zu übernehmen. Aber diese Verachtung rang mit seinem Wissen, dass die Tuatha’an in vielerlei Hinsicht der echten, traditionelleren Lebensweise der Aiel folgten. Rand konnte sich daran erinnern, wie es war, so wie sie zu leben. In den Visionen von Rhuidean war er dem Weg des Blattes gefolgt. Er hatte auch das Zeitalter der Legenden gesehen. Für ein paar kurze Augenblicke hatte er diese Leben gelebt, die Leben von anderen.
    Er ging über die dicht bevölkerten Straßen der schwülen Stadt und fühlte sich noch immer irgendwie benommen. Vergangene Nacht hatte er seinen teuren schwarzen Mantel bei einem Kesselflicker gegen einen schlichten braunen Umhang eingetauscht, der an vielen Stellen geflickt und dessen Saum ausgefranst war. Keinen Kesselflickerumhang, einfach einen, den ein Kesselflicker für einen Mann genäht hatte, der ihn nie abgeholt hatte. Damit würde er weniger auffallen, selbst wenn er nun den Zugangsschlüssel an den Gürtel binden musste, statt ihn in seiner tiefen Tasche zu transportieren. Der Kesselflicker gab ihm auch einen Wanderstab, den Rand leicht gebückt beim Gehen benutzte. Größe würde ihn möglicherweise hervorheben. Bei diesen Menschen wollte er unsichtbar sein.
    Um ein Haar hätte er seinen Vater getötet. Dazu hatte ihn weder Semirhage noch Lews Therins Einfluss gezwungen. Keine Entschuldigungen. Keine Diskussionen. Er, Rand al’Thor, hatte versucht, seinen eigenen Vater zu töten. Er hatte sich mit der Macht gefüllt, die Gewebe hergestellt und sie beinahe benutzt.
    Rands Zorn war verschwunden. Abscheu hatte ihn ersetzt. Abhärten hatte er sich wollen. Er hatte hart sein müssen. Aber die Härte hatte ihn genau dorthin

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