Die Macht des Lichts
gebracht. Lews Therin hatte den Wahnsinn für seine Gräueltaten verantwortlich machen können. Rand hatte nichts dergleichen, kein Versteck, an dem er sich vor sich selbst verbergen konnte. Ebou Dar. Es war eine geschäftige Stadt, die aus allen Nähten platzte und von ihrem großen Fluss in der Mitte geteilt wurde. Rand war durch die Westseite gegangen, über Plätze mit großen Statuen und Straßen, die von Reihen weißer Häuser mit vielen Stockwerken gesäumt wurden. Oft kam er an Männern vorbei, die mit Fäusten oder Messern kämpften, und niemand machte sich die Mühe, sie voneinander zu trennen. Selbst die Frauen trugen Messer um den Hals, die in juwelengeschmückten Scheiden steckten, über tief ausgeschnittenen Kleidern mit bunten Unterröcken.
Er ignorierte sie alle. Stattdessen dachte er an die Kesselflicker. Die Kesselflicker waren hier sicher, aber in seinem Reich war nicht einmal sein eigener Vater sicher. Selbst seine Freunde fürchteten ihn; er hatte es Nynaeve von den Augen ablesen können.
Die Menschen hier hatten keine Angst. Seanchanische Offiziere mit diesen insektenartigen Helmen bewegten sich durch die Menge. Die Leute machten ihnen Platz, aber es geschah aus Respekt. Rand belauschte die Bürger; sie waren froh über die Stabilität. Sie priesen die Seanchaner sogar dafür, sie erobert zu haben!
Rand überquerte eine kleine Brücke über einen Kanal. Kleine Boote trieben über den Wasserweg, Bootsführer grüßten einander. Die Stadt schien völlig planlos gewachsen zu sein; wo Rand Häuser erwartete, fand er Geschäfte, aber statt dass sich ähnliche Läden zusammengruppierten, wie es in den meisten Städten üblich war, waren sie hier völlig zufällig verteilt. Auf der anderen Seite der Brücke passierte er ein großes weißes Haus, an das sich eine Schenke anschloss.
Ein Mann in einer bunten Seidenweste rempelte Rand an und setzte zu einer langwierigen, übermäßig höflichen Entschuldigung an. Rand eilte weiter, bevor der Mann noch ein Duell wollte.
Keineswegs erweckten die Menschen den Eindruck eines unterdrückten Volkes. Da war keine unterschwellige Feindseligkeit. Die Seanchaner hatten Ebou Dar viel besser im Griff, als Rand Bandar Eban unter Kontrolle gehabt hatte, und die Menschen hier waren glücklich - blühten sogar auf. Natürlich war Altara als Königreich nie besonders stark gewesen. Rand wusste von seinen Tutoren, dass sich die Autorität der Krone nie weit über die Stadtgrenzen hinaus erstreckt hatte. Das war bei den anderen von den Seanchanern eroberten Orten nicht viel anders gewesen. Tarabon, Amadicia, die Ebene von Almoth. Einige waren stabiler als Altara, andere weniger, aber sie alle hießen die Sicherheit willkommen.
Rand blieb stehen und lehnte sich an ein weiteres weißes Gebäude, in dem ein Hufschmied zugange war. Er hob den Stumpf an die Schläfe, versuchte einen klaren Kopf zu bekommen.
Er wollte sich nicht dem stellen, was er beinahe im Stein getan hatte. Er wollte sich nicht dem stellen, was er getan hatte:
Luft zu weben und Tarn zu Boden zu schleudern, ihn wie ein Verrückter tobend zu bedrohen.
Rand konnte sich nicht darauf konzentrieren. Er war nicht nach Ebou Dar gekommen, um sich staunend wie ein Junge vom Land umzuschauen. Er war gekommen, um seine Feinde zu vernichten! Sie hatten ihm getrotzt; sie mussten ausgemerzt werden. Zum Wohl aller Nationen.
Aber wenn er so viel Macht durch den Zugangsschlüssel zog, welchen Schaden würde er anrichten? Wie viele Leben würde er beenden? Und würde er dabei kein Leuchtfeuer für die Verlorenen entzünden, so wie er es bei der Reinigung von Saidin getan hatte?
Sollen sie doch kommen. Er hob den Kopf. Er konnte sie besiegen.
Die Zeit zum Angriff war gekommen. Die Zeit, die Seanchaner vom Land zu brennen. Er stellte den Stab ab und nahm den Schlüssel vom Gürtel, aber er konnte sich nicht dazu überwinden, ihn aus dem Leinentuch auszuwickeln. Er starrte ihn eine Weile an, dann ging er weiter und ließ den Stab einfach stehen. Es fühlte sich so seltsam an, nur ein weiterer Fremder zu sein. Der Wiedergeborene Drache bewegte sich mitten unter seinem Volk, und es erkannte ihn nicht. Für sie war Rand al’Thor weit weg. Die Letzte Schlacht kam erst an zweiter Stelle vor der Sorge, ob sie ihre Hühner rechtzeitig zum Markt bekamen oder ob sich ihr Sohn von dem Husten erholte oder ob sie sich die neue Seidenweste leisten konnten, die sie unbedingt haben wollten.
Sie würden Rand nicht erkennen, bis er
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