Die Macht des Lichts
ohne vorher zu wissen, was sie erwartete.
Mats Pavillon lag im Schatten des Kiefernwaldes, und der Tag war kühl. Gelegentlich wehte der Wind, und abgestorbene Kiefernadeln lösten sich von den Baumkronen und regneten zu Boden; einige prasselten dabei auch auf das Zeltdach. Draußen unterhielten sich Soldaten, und Geschirr schepperte, als das Mittagessen ausgeteilt wurde.
Mat studierte den Stadtplan. Es war Zeit aufzuhören, sich wie ein Narr zu verhalten. Die ganze Welt hatte sich entschieden, sich gegen ihn zu wenden - selbst Bergdörfer waren heutzutage Todesfallen. Soweit es ihn betraf, würden sich als Nächstes die Gänseblümchen am Straßenrand zusammenrotten und versuchen ihn zu fressen.
Der Gedanke ließ ihn innehalten, weil er an den armen Kesselflicker denken musste, der in der Phantomstadt in Shiota versunken war. Als der Geisterort verschwunden war, hatte er eine Wiese mit Schmetterlingen und Blumen hinterlassen. Einschließlich Gänseblümchen. Verflucht, dachte er.
Nun, Matrim Cauthon würde jedenfalls nicht sein Ende auf einer vergessenen Straße irgendwo im Nirgendwo finden. Dieses Mal würde er planen, und er würde bereit sein. Zufrieden mit sich nickte er.
»Dieses Gasthaus hier«, sagte er und zeigte auf den Plan, »das Zur drohenden Faust. Zwei verschiedene Reisende stimmten darin überein, dass es ein schönes Gasthaus ist, das schönste von den dreien in der Stadt. Die Frau, die nach mir sucht, hat sich keine Mühe gemacht, ihren Aufenthaltsort zu verbergen. Also bedeutet das, dass sie sich gut beschützt fühlt. Wir können mit Wächtern rechnen.«
Mat zog eine andere von Roidelles Karten hervor, auf der die Gegend um Trustair besser zu sehen war. Die von sanft ansteigenden Hügeln umgebene Stadt befand sich in einer Senke neben einem kleinen See, der von einer Quelle im Hochland gespeist wurde. Berichten zufolge wurde der See zur Aufzucht ausgezeichneter Forellen genutzt, die die Haupteinnahmequelle der Stadt darstellten.
»Ich will drei Kompanien leichter Kavallerie hier«, sagte Mat und zeigte auf einen Hang. »Die Bäume werden sie verbergen, aber sie werden einen guten Blick auf den Himmel haben. Wenn die rote Nachtblume hochgeht, werden sie direkt auf der Hauptstraße hier zur Rettung kommen. Als Verstärkung für die Kavallerie werden wir hundert Armbrustmänner zu beiden Seiten der Stadt stationieren. Ist die Nachtblume grün, soll die Kavallerie einmarschieren und die zur Stadt führenden Hauptstraßen sichern, hier, hier und hier.«
Mat schaute auf und zeigte auf Thom. »Thom, du nimmst Harnan, Fergin und Mandevwin als ›Lehrlinge‹ mit, und Noal kann dein Lakai sein.«
»Lakai?«, fragte Noal. Er war ein knorriger Mann mit fehlenden Zähnen und einer Hakennase. Aber er war so zäh wie ein altes, von Schlachten zerschrammtes Schwert, das vom Vater an den Sohn vererbt worden war. »Wozu braucht ein Gaukler einen Lakaien?«
»Also gut«, entgegnete Mat. »Dann seid Ihr eben sein Bruder, der als Diener arbeitet. Juilin, Ihr …«
»Wartet, Mat«, meldete sich Mandevwin zu Wort und kratzte sich neben der Augenklappe. »Ich soll Gauklerlehrling sein? Ich glaube kaum, dass ich mit meiner Stimme gut singen kann. Ich schätze, Ihr habt mich schon einmal gehört. Und mit nur einem Auge bezweifle ich, dass ich vernünftig jonglieren könnte.«
»Ihr seid ein neuer Lehrling«, sagte Mat. »Thom weiß, dass Ihr kein Talent habt, aber er hatte eben Mitleid mit Euch, weil Eure Großtante - bei der Ihr gelebt habt, seit Eure Eltern bei dieser tragischen Ochsenstampede gestorben sind - an den Kleepocken erkrankte und verrückt wurde. Sie fing an, Euch Essensreste aufzutischen und wie den Familienhund Marks zu behandeln, der weglief, als Ihr sieben Jahre alt wart.«
Mandevwin kratzte sich am Kopf. Sein Haar war mit grauen Strähnen durchzogen. »Aber bin ich nicht etwas zu alt für einen Lehrling?«
»Unsinn. Im Herzen seid Ihr jung geblieben, und da Ihr nie geheiratet habt - die einzige Frau, die Ihr je geliebt habt, brannte mit dem Sohn des Kürschners durch -, bot Euch Thoms Ankunft die Möglichkeit für einen neuen Anfang.«
»Aber ich will meine Großtante nicht verlassen!«, protestierte Mandevwin. » Sie hat sich um mich gekümmert, seit ich ein Kind war! Es gehört sich nicht für einen Mann, eine ältere Frau im Stich zu lassen, nur weil sie ein bisschen wirr im Kopf ist.«
»Es gibt doch gar keine Großtante«, sagte Mat verzweifelt. »Das ist doch nur eine Geschichte
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