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Die Macht des Schmetterlings

Die Macht des Schmetterlings

Titel: Die Macht des Schmetterlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Dickson
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Wasserhahn und ließ sich das kühle Wasser über die Augen rinnen. Er zwang sich, sie offen zu halten, um so die höllischen Schmerzen, die das Tränengas verursachte, zu lindern.
    »Wir müssen Sie in den Erste-Hilfe-Raum bringen«, sagte die Polizistin zu ihm. »Kommen Sie mit mir.«

90
    Terminal eins, Flughafen Heathrow
    Ren stürmte gerade noch rechtzeitig aus der Halle, um zu sehen, wie fünf oder sechs stämmige Polizeibeamte den Dieb auf dem Boden des Vorplatzes festhielten. Einer hatte dem Dieb den Arm auf den Rücken gebogen, während ein anderer ein Paar Plastikhandschellen hervorholte, um ihn zu fesseln. Ein beißender Geruch nach Gas lag in der Luft, und Hayashi spürte, wie seine Augen zu tränen begannen.
    Entsetzt sah Hayashi, dass seine Tasche sich im Verlauf des Dramas geöffnet hatte. Sein Laptop, sein Terminkalender und seine Brieftasche lagen über den Asphaltboden verstreut. Er ging in die Hocke, um die Gegenstände zusammenzusammeln. Dann sah er ein paar Sekunden lang zu, wie die Polizisten weiterkämpften. Er fragte sich, ob er zu ihnen gehen und eine Aussage machen sollte.
    Aber niemand schenkte ihm auch nur die geringste Aufmerksamkeit, und der Gedanke, dass seine Tochter womöglich noch immer am Telefon wartete, war Anlass zu größerer Sorge. Ren zog sich zurück und eilte wieder ins Terminal, zum Telefon, wo er wider alle Vernunft hoffte, dass seine Tochter noch in der Leitung sein möge. Als er bei den Telefonzellen ankam, war er froh, zu sehen, dass die Pilotin noch immer dort war und auf seinen Koffer aufpasste. Aber zu seiner Enttäuschung hing der Telefonhörer wieder auf der Gabel.
    »Haben sie ihn erwischt?«, fragte sie.
    »Ja, sie haben ihn, aber was ist mit dem Telefon? Ich war dabei, mit meiner Tochter zu sprechen. Haben Sie den Hörer aufgelegt?«
    »Ich habe mir erlaubt, mit der Person zu sprechen, die Sie angerufen hatten«, erklärte Tina, die plötzlich verlegen war. »Aber ich hatte einige Schwierigkeiten, sie zu hören.«
    »Das überrascht mich nicht. Sie ist auf dem Mount Everest.«
    »Auf dem Mount Everest? Nun, das würde erklären, was ich glaube, gehört zu haben.«
    »Was glauben Sie denn, gehört zu haben? Bitte   – sagen Sie es mir!«

91
    Die Felder über dem Dorf Chinchewe, Malawi, Ostafrika
    Nachdem der verletzte Kamuzu das Feld verlassen hatte, hatten die Paviane die Gelegenheit ergriffen, Pflanzen niedergeworfen und die Kolben mit ihren Zähnen abgerissen. Der Mais war zwar vertrocknet, aber er schmeckte noch immer süß, und er gab den ausgehungerten Tieren den Zucker, nach dem sie mehr verlangten als nach allem anderen, und weckte in ihren Mägen das Verlangen nach mehr.
    Um den Besitz der saftigsten Körner trugen sie unbeherrschte, brutale Kämpfe mit geknurrten Drohungen und weit aufgerissenen, starr blickenden Augen aus.
    Dann hatten sie sich in die Sicherheit des Waldes zurückgezogen, um sich während der heißesten Stunde des Tages ein wenig auszuruhen. Die Paviane hatten gut gegessen, besser als irgendwann in den vergangenen Wochen des Hungers   – aber die Mahlzeit hatte sie noch lange nicht befriedigt. Sie brauchten mehr, aber konnten sie es riskieren, zu einem weiteren Überfall in das Feld aufzubrechen? Den verletzten Jungen hatten sie verscheucht, aber jetzt mochten sie es vielleicht mit einem Hund zutun bekommen   – oder mit einem kräftigen Dorfbewohner mit einem Gewehr.
    Allerdings hatte das Gefecht mit dem Kind das Rudel in eine zuversichtliche Stimmung versetzt   – der Mensch schien nicht länger der Todfeind zu sein, der er einst gewesen war. Zu lange hatten die Paviane sich vor den menschlichen Wächtern mit ihren Stöcken und Peitschen gefürchtet. Nun waren sie bereit für einen weiteren Kampf und folgten der Führung ihres Alphatieres.
    Das Alphatier beobachtete das Feld genau. Auf einer kleinen Plattform war ein anderer Wächter aufgetaucht, und die Paviane konnten sofort erkennen, dass es sich um ein weiteres Kind handelte   – vielleicht sogar noch kleiner als das, das sie eben mit Bissen von seinem Land gejagt hatten.
    Der Gedanke an all das Getreide war das Risiko wert. Das Alphatier stieß eine Reihe markerschütternder Schreie aus, und das Rudel gab ihm mit seinem eigenen ermutigenden Bellen Antwort. Dann schwiegen sie wieder, folgten ihrem Anführer durch die struppige Vegetation in dem ausgetrockneten Wasserlauf und schlugen vorsichtig wieder den Weg zu dem Feld ein.

92
    Terminal eins, Flughafen

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