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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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kleine Vorwarnung, daß Sie das Schlußplädoyer halten möchten, nett gefunden hätte.«
    Â»Ich weiß.« Ich blicke ihn forschend an. »Meinen Sie, daß die Geschworenen deshalb noch nicht zu einem Freispruch gelangt sind?«
    Fisher zuckt die Achseln. »Vielleicht sind sie deshalb noch nicht zu einem Schuldspruch gelangt.«
    Â»Na ja. Schlußplädoyers konnte ich schon immer am besten.«
    Er lächelt mich an. »Ich bin eher der Spezialist für Kreuzverhöre.«
    Einen Moment lang betrachten wir einander, friedlich. »Welchen Teil finden Sie bei einem Prozeß am schrecklichsten?«
    Â»Den hier. Die Warterei, bis die Geschworenen zurückkommen.« Fisher atmet tief aus. »Und Sie?«
    Â»Den Augenblick, bevor die Anklage die Beweisführung abschließt«, weil das meine letzte Gelegenheit ist, mich zu vergewissern, daß ich auch wirklich alle Beweise berücksichtigt habe und mir auch keine Fehler unterlaufen sind.
    Fisher sieht mir in die Augen. »Nina«, sagt er sanft. »Die Anklage hat die Beweisführung abgeschlossen.«

    Ich liege auf einem bunten Teppich im Spielzimmer und ramme den Fuß eines Pinguins in die dafür vorgesehene Holzöffnung. »Wenn ich dieses Pinguinpuzzle noch ein einziges Mal mache«, sage ich, »können die Geschworenen nach Hause gehen, weil ich mich dann nämlich aufhängen werde.«
    Caleb blickt auf. Er sitzt mit Nathaniel zusammen, und die beiden sortieren Spielzeug. »Ich will nach draußen«, jammert Nathaniel.
    Â»Geht nicht, Sohnemann. Wir warten auf wichtige Neuigkeiten für Mommy.«
    Â»Ich will aber!« Nathaniel tritt mit voller Wucht gegen den Tisch.
    Â»Dauert bestimmt nicht mehr lange.« Caleb reicht ihm ein paar Plastikfiguren. »Hier, nimm die noch.«
    Â»Nein!« Mit einem Arm fegt Nathaniel die Spielzeugkisten vom Tisch. Das Scheppern dröhnt mir im Kopf, dringt bis in die Leere, in der ich so angestrengt versuche, an nichts zu denken.
    Ich springe auf, packe meinen Sohn an den Schultern und schüttele ihn. »Du sollst nicht mit Spielsachen um dich schmeißen! Du hebst jetzt sofort alles wieder auf!«
    Nathaniel plärrt los, und Caleb fährt mich an: »Nina, bloß weil du mit den Nerven am Ende bist, mußt du nicht gleich –«
    Â» Tschuldigung .«
    Die Stimme kommt von der Tür her, und wir drehen uns alle drei um. Ein Gerichtsdiener hat den Kopf hereingesteckt und nickt uns zu. »Die Geschworenen kommen heraus«, sagt er.

    Â»Es gibt kein Urteil«, flüstert Fisher mir Augenblicke später zu.
    Â»Woher wissen Sie das?«
    Â»Weil der Gerichtsdiener das gesagt hat … nicht bloß, daß die Geschworenen rauskommen.«
    Ich mustere ihn skeptisch. » Mir sagen Gerichtsdiener nie was.«
    Â»Glauben Sie mir.«
    Â»Und warum sind wir dann hier?«
    Â»Ich weiß nicht«, gesteht Fisher, und wir richten beide unsere Blicke auf den Richter.
    Er thront auf seinem Platz und scheint überglücklich, daß das Ende dieses ganzen Debakels endlich in Sicht ist. »Ich frage den Sprecher der Geschworenen«, sagt Richter Neal, »sind die Geschworenen zu einem Ergebnis gekommen?«
    Ein Mann in der vorderen Reihe der Geschworenenbank steht auf. Er nimmt seine Baseballmütze ab, klemmt sie sich unter den Arm und räuspert sich. »Euer Ehren, wir konnten leider zu keiner Einigung gelangen. Einige von uns meinen, daß –«
    Â»Halt, sagen Sie kein Wort mehr. Haben Sie den Fall erörtert und abgestimmt, wer von Ihnen die Angeklagte für schuldig oder unschuldig hält?«
    Â»Darüber haben wir etliche Male abgestimmt, aber einige von uns sind bei ihrer Meinung geblieben.«
    Der Richter blickt Fisher an, dann Quentin Brown. »Ich bitte die Vertreter von Anklage und Verteidigung zu mir.«
    Auch ich stehe auf, und der Richter seufzt. »Na schön, meinetwegen auch Sie, Mrs. Frost.« Als wir vor ihm stehen, murmelt er: »Ich werde die Geschworenen auffordern, erneut zu beraten. Irgendwelche Einwände?«
    Â»Keine Einwände«, sagen Brown und Fisher einmütig. Als wir zurück zum Tisch der Verteidigung gehen, suche ich Calebs Blick und forme lautlos mit den Lippen: »Kein Ergebnis.«
    Der Richter wendet sich an die Geschworenen. »Ladys und Gentlemen, mir ist klar, daß die Entscheidungsfindung in diesem Fall alles andere als leicht ist.

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