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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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verstehe ich nichts, ich bin bloß Soldat. Ich weiß nicht, warum wir Krieg führen. Ich wollte nicht in den Krieg; ich habe in England gearbeitet, und da hat man uns einfach in die Armee geholt.«
    351
    Ich gab irgendwelchen Schwachsinn von mir, um
    ihnen zu zeigen, daß ich verstört war und eigentlich gar nicht wußte, was ablief oder weshalb ich hier war. Ich hoffte, sie würden etwas Mitleid mit mir haben und Verständnis zeigen, aber dem war offenbar nicht so.
    »Mitterrand ist ein Schwein. Bush ist ein Schwein.
    Thatcher ist ein Schwein. Sie ist schuld, daß unsere Kinder verhungern.«
    »Davon verstehe ich nichts, ich bin bloß Soldat.«
    Ich erhielt wieder einen Schlag gegen den Kopf und ging zu Boden.
    Die beiden kamen näher und wollten auch ihren Spaß haben. Einer ging auf und ab, kam dann ganz dicht mit seinem Gesicht an mich heran, brüllte irgendwas, ging dann wieder auf und ab, kam erneut zu mir und schlug mir gegen den Kopf.
    Der Stabsfeldwebel sagte: »Dieser Mann will dich
    töten. Ich glaube, ich werde ihn jetzt machen lassen.«
    Ich war sicher, daß sie nur ihren Frust abreagierten.
    Mit etwas Glück würden sie sich bald langweilen. Das war nicht sonderlich ernst zu nehmen.
    Ich sah, daß unsere Gürteltaschen verschwunden
    waren. Sie mußten sie mitgenommen haben, als sie
    Dinger abführten. Ich war beunruhigt. Waren wir jetzt für immer getrennt? Würde ich ihn nie wiedersehen? Der Gedanke machte mich mutlos. Es wäre so schön
    gewesen, wenn ich ihn noch einmal hätte sehen können, bevor ich starb.
    Sie wurden allmählich mutiger. Sie hatten ihren Spaß mit mir gehabt und spulten jetzt die ganze Propaganda 352
    ab, die man ihnen eingetrichtert hatte – all die
    wunderbaren Sachen, die passieren würden, wenn sie schließlich die imperialistischen Westmächte aus dem Nahen Osten verjagt hätten.
    »Die Amerikaner und die Europäer nehmen uns unser
    ganzes Öl weg. Es ist unser Land. Die Europäer haben unser Land geteilt. Der Nahe Osten gehört den Arabern, das ist unser Land, es ist unser Öl. Ihr bringt eure Kultur hierher, ihr macht alles kaputt.«
    Ich sagte, ich hätte keine Ahnung davon. Ich war bloß Soldat und wurde gegen meinen Willen hierhergeschickt.
    Sie schlugen mir gegen den Kopf. Einer kam von
    hinten und trat mir in den Rücken und in die Seiten. Ich ging zu Boden und rollte mich zusammen, die Knie bis zum Kinn hochgezogen. Ich schloß die Augen, biß die Zähne zusammen und wartete, daß sie mir den Rest
    gaben, doch sie hievten mich hoch und stellten mich hin.
    »Warum seid ihr hier und tötet unsere Kinder?«
    fragten sie wieder, und sie meinten es ernst. Offenbar waren Kinder bei den Bombardierungen getötet worden, und das machte sie fertig. Es war anders als sonst. Ich wurde nicht beschimpft und mißhandelt, wie ich es
    gewohnt war; die Burschen hier waren wirklich
    aufgebracht. Bei den Schlägen spürte man die
    persönliche Beteiligung.
    »Warum tötet ihr unsere Kinder?«
    »Man hat mich hierhergeschickt, um Leben zu retten«, sagte ich und überging dabei die Tatsache, daß dieser Satz nicht ganz unsere Handlungen der letzten Tage widerspiegelte. »Ich bin nicht hier, um zu töten.«
    353
    Blut floß mir aus der Nase, und mein ganzer Mund
    schwoll erneut an. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, daß die Situation nicht vollends außer Kontrolle war.
    Einer von den Burschen hatte wohl gesagt: »Das reicht fürs erste«, denn sie hörten auf. Sie hatten offenbar Anweisung, nicht zu weit zu gehen. Es schien ihnen wichtig zu sein, daß wir noch in der Lage waren zu reden. Und das konnte nur bedeuten, daß uns noch sehr viel Schlimmeres bevorstand.
    »Wir führen seit vielen Jahren Krieg, weißt du das?«
    »Nein. Ich habe von so was überhaupt keine Ahnung.
    Ich bin ganz durcheinander.«
    »Ja, mein Freund, wir führen seit vielen Jahren Krieg, und wir wissen, wie wir an Informationen kommen. Wir wissen, wie wir Leute zum Reden bringen können. Und du, Andy, wirst bald reden …«
    Sie schafften mich in eine Ecke des Raumes und
    plazierten mich mit dem Gesicht zur Wand, den Blick gesenkt. Ich hatte die Beine gekreuzt, die Hände noch immer mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Sie verbanden mir wieder die Augen.
    In dieser Position blieb ich etwa 45 Minuten sitzen, ohne daß jemand irgendein Wort zu mir sagte. Ich hörte hinter mir leise Stimmen und Bewegung. Eine Gaslampe zischte auf der anderen Seite des Raumes. Es war sehr kalt, und ich fing an zu zittern. Ich

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